Ich war lange auf der Suche nach einem guten Sequencer a la Yamaha QY 700 oder eben Atari Notator/Creator (kennen die Meisten bestimmt gar nicht mehr). Auf keinen Fall wollte ich eine DAW (habe ich auch, mag ich aber nicht, da sie mich nicht künstlerisch inspiriert). Derzeit gibt es zwar immer mehr Sequencer, aber keiner gefiel mir wirklich. Pyramid kam schon dicht ran. Aber da kam mir die MPC-Live II mit der ab Version 2.8 stark Verbesserten MIDI-Umsetzung gut zu pass.
Ausgeliefert wurde sie Ende November 2020 von Thomann allerdings mit 2.7.1 (war dennoch alles neu und stank wie Iltis nach Lösungsmittel/Weichmacher - vielleicht die Softtouch-Oberfläche oder Pads, meine Nase konnte das nicht auseinander halten). Also gleich 2.9 aufgespielt (nicht gegen den Geruch). Alles ohne Probleme. Dazu muss ich sagen, dass für mich Standalone auch Standalone heißt. D.h. ich verwende sie nicht im Controller-Mode am Mac/PC, sondern tausche alles über eine SD-Karte aus. Ich WILL auch die MPC-SW auf dem Rechner nicht installieren. Es muss also auch ohne gehen. Tut es auch (bis auf eine Ausnahme, dazu später). Darüber lief auch das Firmware-Update. Super.
Der Klang ist der Hammer, da rauscht nichts, die mitgelieferten Expansions etwas dürftig in Bezug auf die Genre-Abdeckung (The Vault 2.0, Clip Launch Pack, Essential Instruments 2, F9 Expansion (Download erforderlich sowie AKAI-Account), Sonic Boom (Download erforderlich sowie AKAI-Account). Der Hip-Hopper ohne Notenkenntnis oder sonstigem musikalischem Wissen wird hier glücklich (Loops ohne Ende). Der Allround-Genere-Musiker nicht ganz so. Und bei Latin Grooves hört es gan auf (Reggaeton, Salsa, Zouk, Bachata usw.).
Die Plug-Ins finde ich sehr gelungen (noch wenige, aber Akai liefert Stück für Stück nach. Ich beobachte das bereits seit 2 Jahren), wie eben auch der Drum-Synthesizer (ab Version 2.9). Und ja, es gibt sogar Klänge abseits der TR 808! Ja, wirklich! Ich wiederhole es, es gibt neben der 3-Millionsten TR 808 Simulation tatsächlich auch akustische oder fiese Reggaeton-Drums und CR 78, Das tut gut. Nichts gegen die TR 808 (ich bin mit der aufgewachsen, aber irgendwann reicht es, wie viele Klones brauchen wir noch?!). Das Modelling ist, finde ich, sehr gelungen. Fertige Patterns gibt es leider nicht. Man muss immer selber etwas programmieren. Gut, dass ich noch eine BOSS DR-880 habe. Die Pads finde ich ok. Jetzt erschlagen mich alle MPC-Fanboys (und Girls). Glücklicherweise benötige ich die Pads selten (und ja, ich habe Threshold, Sensitivity in den Einstellungen ausprobiert). Übrigens können die Pads auch Aftertouch. Lecker.
Zurück zu meiner Anwendung. Steuerung von diversen HW-Syntesizern per DIN-MIDI und USB. Alles läuft. Hammer. Ich habe meine Ablösung der alten Sequencer gefunden.
Nun zur Bedienung. ich habe soooo viel schlechtes darüber gelesen. Ich war echt skeptisch, ob das etwas für mich ist. Und ich weiß auch warum, glaube ich, dass das so wahrgenommen wird. Die Anwender-Zielgruppe sind zu jung! Ich bin alt genug dafür. 80er sage ich nur und eben besagter C-LAB Notator, QY700. Der Workflow entspricht exakt der mir gewohnten Arbeitsweise aller alten Sequencer. Geil! Es heißt etwas anders bei AKAI, sind aber Pattern (Sequences), Tracks und Songs. Also der Workflow bezüglich der Spuren (sei es MIDI oder Audio) ist für mich passend und vertraut. Zugeben muss ich, dass einige Funktionen einiges an Menü-Tauchen bedarf. Das ist in der Tat teilweise unglücklich gelöst. Nicht wirklich schlimm, aber das kann noch verbessert werden.
Nachteile gibt es natürlich auch. Ich habe eine SSD eingebaut. Das geht ohne Probleme - äh fast. Frische SSD einbauen, MPC starten, in der MPC formatieren und los, geht nicht. Wenn man die frische SSD einbaut, dann wird diese von der MPC nicht erkannt. Ätzend. Also wie formatieren? Über die mitgelieferte MPC SW (oh nein, ich dachte es geht ohne), die einen Treiber installiert, sodass die Laufwerke (SD, SSD, interner Speicher der MPC) unter Windows oder macOS sichtbar werden und formatiert werden können. Die MPC SW will ich aber ums verrecken nicht installieren. Warum? Ich will nicht bei jedem OS Update bangen, ob das alles danach noch geht (bin da sehr gebrannt). Daher, volle Unabhängigkeit vom PC/Mac. Ich bin gerne frei und unabhängig ;-) Also habe ich mir für 10 € einen USB/SATA Adapter besorgt und die SSD (Samsung EVO 1TB, natürlich ohne Montage-Schrauben) daran angeschlossen. Das dann an den Mac (macOS 10.12.6) und dort mit dem Festplattendienstprogramm auf exFAT formatiert und wieder in die MPC eingebaut (Schrauben werden von AKAI mitgeliefert!). Läuft. Nun die MPC mit USB an den Mac. Kein Laufwerk. Ok, in den Controller-Mode geschaltet - kein Laufwerk wird gemountet. Grrrrrrr. Schade. Ok, brauche ich auch nicht. Dachte ich. Nun zu einem weiteren Nachteil. Die neue SSD ist eingebaut, aber ja noch leer. Wie bekomme ich da nun die Expansions oder Samples drauf? Von der SD Karte dorthin kopieren! Ha, ha, da hat man die Rechnung ohne AKAI gemacht. Es gibt auf der MPC keine Datei Verschieben- oder Kopier-Funktion. Echt jetzt? Jo. Tja, nun muss ich wohl in den sauren Apfel beißen. Da ich auf dem Mac Parallels habe, schnell Windows gestartet, Snapshot gemacht (so kann ich schnell zurück, wenn das alles nichts ist) und aus der MPC-SW nur den Treiber extrahiert (den Trick fand ich in einem Forum, MPC-SW Paket auspacken und Unterverzeichnis mit Treibern aufsuchen und dort die MPC-Live-II-Exe aufrufen). Treiber auf Win 7 installiert. MPC ran, Controller Mode - zack, alle Laufwerke werden angezeigt und können (bis auf das interne 16 GB MPC LW) beschrieben, gelöscht usw. werden. Das ist nicht optimal und ergibt an dieser Stelle eine Abhängigkeit, nun denn. Dateimanagementfunktionen werden hoffentlich noch von AKAI nachgeliefert.
Ableton Anbindung, Splice usw. kann sie auch, nutze ich aber nicht. Eine Standalone-MPC als dämlichen Controller zu missbrauchen ist nicht mein Ding (verstehe ich auch nicht, da es da andere Lösungen gibt). WLAN hat sie, aber nur für Ableton Link un d Splice (jo, kein FW-Update darüber und kein Zugriff auf das Dateisystem). Bluetooth ist auch da. Kann man die eingebauten Lautsprecher dann als BT-Box verwenden? Nein. BT ist nur für MIDI und Tastaturen. Wird hoffentlich mal nachgereicht.
Zusätzliche SSD/Festplatte kann man einbauen, muss man aber nicht. Mit einer schnellen SD Karte geht das auch (z.B. Sandisk Extreme Pro 64 GB 95 MB/s read and write). Und zwar richtig gut. Also erstmal ohne teure SD/Festplatte kalkulieren. Ich bereue fast, dass ich die SSD gekauft habe. Fakt ist nur, dass die eingebauten 16 GB auf keinen Fall ausreichen und verwendet werden sollten (eingeschränkter Zugriff zur Verwaltung von außen, z.B. für Backup). Also eine SD-Karte ist ein Muss. Die SD Karte steckt übrigens hinten in der Maschine und ist ungeschützt (keine Klappe oder ähnliches). Das ist sehr schlecht gelöst, da sie etwas herausragt. Also Obacht beim Transport.
So, damit das hier nicht zu lang wird - ich bin zufrieden und liebe den Akku und die Lautsprecher. Das hätte ich nie gedacht (wozu Lautsprecher? Unkompliziert mal schnell auf dem Schoß in der Stube, im Urlaub, als USV, ...). Eigentlich wollte ich die MPC X, bis ich die schiere Größe im Laden gesehen habe! Meine Herren ist das Ding riesig! Und dann kam Mitte diesen Jahres (2020) die Live II, die so verbessert war, dass die MPC X für mich obsolet wurde.