Klanglich ist der Neve 8803 ganz weit vorne!
Die vier Bänder plus Low-Pass und High-Pass erlauben sehr gezielte und präzise Eingriffe in das anliegende Signal. High- und Low-Pass lassen sich einzeln zuschalten und sind auch verfügbar, wenn der Bypass aktiviert ist. Die beiden Mittenbänder sind jeweils voll-parametrisch ausgelegt, Hoch- und Tiefband lassen sich wahlweise als Peak oder Shelf betreiben und bieten zwei festgelegte Q-Werte zur Auswahl.
Der 8803 kann sehr lush klingen, es ist aber auch genug Gain vorhanden um aggressive Sounds zu verwirklichen. Die Einsatzmöglichkeiten sind Dank großer Reichweite der Frequenzbänder und extrem variabler Flankensteilheit der Mittenbänder sehr weitreichend.
Haptisch wirkt der EQ hochwertig. Die Potis haben einen angenehmen Drehwiderstand. Gain- und Q-Regler haben eine Mittenrasterung. Die Klick-Potis (zur Aktivierung von LP und HP, Umschaltung zwischen Peak/Shelf und dem Q-Wert des Tief- und Hochbands) wirken ebenfalls zuverlässig und stabil. Seltsamerweise sind auch die beiden Frequenzwahl-Potis der Mittenbänder als Klick-Potis ausgelegt, obwohl der Klick hier keine Funktion hat...
Was nicht optimal gelöst ist, ist der Einsatz als Stereo-EQ, also das Nutzen beider Kanäle mit identischen Einstellungen - Es gibt nämlich leider KEINEN Stereo-Link-Knopf!
Stattdessen verfügt der 8803 über einen USB-Anschluss und eine zugehörige Software, über die die Kanäle abgeglichen werden können. Hierfür stellt man zunächst Kanal 1 am EQ ein, speichert die Einstellung in der Software, kopiert softwareseitig die Einstellungen von Kanal 1 auf Kanal 2, speichert die Einstellungen wieder und führt dann einen Recall durch, bei dem die Software einen durch die Einstellungen am EQ führt. Das ist nicht so kompliziert wie es klingt, der Stereo-Abgleich der beiden Kanäle über die Software fühlt sich jedoch eher wie ein Work-Around an. Ein echter Stereo-Link am Gerät würde die Sache deutlich vereinfachen!
Andrerseits sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich die beiden Kanäle auch ohne Hilfe der Software relativ zuverlässig nahezu identisch einstellen lassen. Bei unkritischen Anwendungen ist also der Umweg über die Software nicht zwingend erforderlich. Bei M/S-Anwendungen erübrigt sich die Problematik ohnehin.
Hauptanwendungsgebiet der Software ist allerdings die Möglichkeit, sämtliche Einstellungen des EQs zu speichern und mit Hilfe einer grafischen Oberfläche, die die Einstellungen des 8803 in Echtzeit repräsentiert, später wieder aufzurufen.
Leider entspricht die Repräsentation der Poti-Stellungen in der Software nicht zu 100% den Poti-Stellungen am Gerät. Das fällt besonders auf, wenn Potis am Gerät in der (gerasterten!) Mittelstellung stehen, die Software aber leichte Abweichungen von der Mittelstellung anzeigt. Das könnte und sollte in dieser Preisklasse alles genauer abgeglichen sein!
Dennoch ist die Software gut geeignet, um einfach und zuverlässig Einstellungen am EQ wiederherzustellen, die sonst mühsam auf Recall-Sheets notiert werden müssten.
Trotz der erwähnten Mängel im Stereo-Konzept und der technischen Umsetzung (die zu den Abzügen bei Bedienung, Features und Verarbeitung führen), erfüllt der 8803 seine Hauptaufgabe, nämlich die Frequenzbearbeitung von Signalen, hervorragend!
Klanglich ist er über jeden Zweifel erhaben und ich würde den 8803 wieder kaufen!