Kein Quantizer. Null Speichermöglichkeit. Random-Generator? Vergiß es! Ja noch nicht mal ein Ratchet ist dabei. Selbst eine Notenpause fehlt. Hey, ganz sicher, dass das komische Ding mit Strom betrieben wird und nicht etwa per Federaufzug mit Handkurbel?
Und dennoch! Was hätte ich in den 1980er im damaligen Osten Europas für das Vorbild gegeben. Mit diesem Roland-Sequenzer entstanden ja nicht nur Pop-(s)Hits, sondern jede Menge an experimentellem Zeugs der goldenen Elektronik-Epoche. Bei diesem Instrument (!) ist die Reduktion die Tugend, die Ohren sind Quantizer, die Finger Generatoren – und ja, für die Pausen gibt es auch Tricks.
Nun ist dieser Behringer-Nachbau da und das Einzige, was mich daran ärgert, ist, dass ich es mir nicht sofort nach der Markteinführung gekauft habe; dafür kann das Modul, das sei mal klar gesagt, natürlich nichts. Habe es mir ganz klassisch zum Anheizen der VCO/VCA/VCF-Stimme aus derselben Reihe ins Case geschraubt, gleich daneben der 2xEnvelope-Generator desselben Herstellers. Mehr Eighties braucht erst mal kein Mensch.
Das Vorbild von Roland hatte ich nie persönlich unter den Fingern, wohl aber die damit gemachte Musik in den Ohren. Schließlich wuchs ich in den 1980er musikalisch auf. Nun also der Traum von damals für wirklich kleines Geld auf meinem Tisch. Neben den ganzen, manches Mal um ein Vielfaches teureren Sequenzern im Rack.
Was soll ich sagen: das Ding hat Stil! Und zwar im Sinne von Jean Cocteau: „Stil ist, Kompliziertes einfach zu formulieren – nicht umgekehrt“. Hier ist alles WYSIWYH (What You Screw-up Is What You Hear). Was natürlich angesichts der wirklich kleinen Stummelpotis für die Notenwerte schon mal brutale Formen annehmen kann: hier die gewünschten Töne zu treffen ist zwar etwas einfacher als auf einem Theremin, aber eben nur etwas. Ich gebe zu, in dem Punkt aufgegeben und mit mit einem kleinen, feinen Quantizer von Dnipro (leider nicht bei Thomann im Programm) abgeholfen zu haben. So stimmt auch der gute Ton.
Ansonsten braucht man kaum RTFM, denn einfacher geht ein Sequenzer wohl kaum. Entweder jede 8er Reihe von Potis für sich ablaufen lassen oder beide zu einer 16er Kette verbinden. Wobei dann doch kleine „Abers“ zu beachten sind, die jedoch eher inspirieren als stören. Alle Funktionen liegen an der Oberfläche, es gibt kein Menü-Tauchen, keine Mehrfachbelegungen, kein okkultes Wissen. Die Aussage lautet: Komm spielen! Ob im Loop oder als einmaliges Abfeuern, ob 1, 2, 3 oder ganz-ganz viele Schritte: hier kannst du nichts falsch (oder richtig) machen. Ab dafür, Homo ludens!
Als bekennender Sequenzer-Afficionado genieße ich dieses fast schon monistische Gegenteil eines hyperintellektuellen René, neostrukturalistischen Metropolix oder pragmatisch-magischen Black Sequencers. Es ist kein Ersatz für all diese Maschinen, andererseits können diese der schlichten Gestalt von Roland/Begringer in gewissem Sinne auch nicht das Wasser reichen. Das ist ja überhaupt das Spannende an dem Modular-Krempel.
Die Verarbeitung des Moduls ist typisch Behringer, also nichts für die Ewigkeit, Potis nicht verschraubt und so weiter. Was mir angesichts des Kaufpreises, vorsichtig gesagt, absolut zu verkraften ist. Es stimmt sonst alles, es wackelt kein Kontakt, es rauscht kein Poti. Das gilt auch für die anderen erwähnten Modulen (die ich seit ca. 1 Jahr schon nutze). Das Grau sieht in einem hauptsächlich schwarz geprägten Rack erst mal deplatziert aus, solange nur ein oder zwei Module aus der Reihe drin stecken. Sind es mehre in der Reihe, stimmt auf einmal auch die Optik. Das Layout stimmt auch, folgt eiskalt der Funktion, ohne Schickschnack. Dieses gelungene Layout ist natürlich nicht Behringers, sondern Rolands Verdienst, doch immerhin bleibt Behringer dem Vorbild weitestgehend treu ohne sich zu unnötigen Anachronismen verleiten zu lassen.
Alles in allem ein wirklich cooles Stück Sequenzer, egal ob für die Module derselben Reihe oder für mehrfach teurere Edelklangerzeuger. 1V/Oktave, Steuererklärung und der Tod sind ja bekanntlich für alle gleich. Kaufen und freuen!