Ich möchte hier nicht auf den Sound eingehen sondern meine allgemeinen Gedanken zum Produkt äußern, für Leute die sich künstlerische, ästhetische, politische und nachhaltige Gedanken zum Produkt machen.
Ich bin prinzipiell nicht für "geiz ist geil" und bin der Ansicht, dass mal immer und in allen Lebensbereichen bekommt wofür man bezahlt. In Sachen Behringer ist das halt ein zweischneidiges und vor allem ein scheinheiliges Schwert, sei es weil die Behringer Billigproduktion genau so absurd ist wie Höhe der Preise auf dem Vintage Markt, sei es dass es immer einen Sündenbock braucht und diese Bürde halt jene Firma tragen muss, die genau die Marktchance ergreift die alle anderen verpennen oder keiner „zu billig“ sein will aber trotzdem alles in China produziert, sei es dass wir in anderen Zeiten leben und heute sehr günstig alles so geklont werden kann, dass nur noch die „Cork Sniffer“ den Unterschied hören was aber eigentlich egal ist weil der einzige Unterschied ist nur das sogenannte „Mojo“ worauf die einen schwören, die anderen es ignorieren und die dritten (wie ich) finden: es kommt nicht darauf an was man spielt sondern mit welcher Haltung man es spielt. Sei es dass man eine „Made in Mexico“- oder No-Name-Gitarre besitzt und die Klon-Industrie ohnehin bereits seit Dekaden unterstützt und eigentlich bemerkt, dass es lediglich die Musikwelt bereichert, außer man kauft aus ökologischen Gründen nur Instrumente, die aus nachhaltigen Materialen und fair produziert wurden. Wir gesagt: zweischneidig.
Für mich ist vor allem eine Frage wichtig: Fühlt man eine Verbindung mit dem Instrument? Ist man glücklich während man es spielt oder ist man tief im Herzen darüber beschämt, dass es kein SCI sondern ein Behringer ist? Ich selber glaube nicht daran, dass man nur mit teuren Instrumenten bedeutungsvolle Musik produzieren kann, aber ich glaube, dass eine gewisse Inspiration vom Instrument her kommen muss. Das Problem fängt meines Erachtens dort an wo man „klingen will wie…“ - weil diejenigen, wie die man klingen will, hatten damals auch keinen Vergleich und schauten einfach nur auf ihr neues Instrument und was man damit machen kann, was noch keiner gehört hat. Mit dieser Einstellung ist der Pro-1 auch nur ein Tool, das etwas kreieren kann und meine Frage ist hier nicht wie nahe er es ans Original rankommt, sondern was ich damit machen kann und ob mich das Instrument in irgendeiner Form inspiriert. Und diese Frage kann ich schon mit einem Ja beantworten, denn ich habe mit dem Pro-1 bereits einige Sachen produziert, die mich überzeugen. Dennoch setzte ich ihn bevorzugt eher für spezielle Dinge ein, z.B. den klassischen fetten Bass, als externes Filter- oder VCO-Modul, weniger als Instrument, mit dem ich eine direkte Synergie aufbauen kann.
Auch wenn das Behringer Konzept mit den Desktop Modulen auf jeden Klon anwendbar ist, so gibt es für mich doch Unterschiede. Zm Beispiel, auf der Suche nach einem Sound als Alternative zu den Geräten die ich bereits habe, und der zu meinem Budget passt, habe ich mich damals lange entscheiden müssen zwischen dem Model D und dem Pro-1, und letzterer gewählt weil mich trotz allen Verlockungen bezüglich der oben angesprochenen Kriterien der Model D nicht überzeugt hat - und auch weil ich bereits einen Moog besitze der so klingen kann. Der Pro-1 funktioniert für mich sehr gut als das was er ist. Vielleicht hat es doch auch mit seiner Größe zu tun, da er etwas breiter ist als seine Kollegen, aber dies ist ja Geschmacksache. Ich mag halt klobige Instrumente.
Die Frage „ist es ein Instrument?“ würde ich beim D (auch wenn ich noch keinen in den Händen hielt) mit nein, beim Pro-1 aber eher mit ja beantworten. Ob und wie man mit Desktopsynths umgehen kann ist eine individuelle Geschichte. Für mich funktioniert es prinzipiell nicht so gut. Vielleicht habe ich aber einfach deren noch nicht genügend gespielt und würde auch den D irgendwann kaufen (und ohnehin warte ich auf den einen oder anderen Klon von Behringer). Die Zeiten sind vorbei wo deren Name ein Synonym für „Schrott“ war.
Hier noch ein paar Worte zur Verarbeitung:
Mich stören zwei Dinge: dass er etwas wacklig steht, also wohl ganz leicht verbogen ist, und die etwas wackligen Knöpfe, was auf board-mounted Plastikpotis zurückzuführen ist. Wie auch immer, das ist bei vielen günstigen Geräten der Fall (z.B. MS-20 Mini) und ist heute halt Standard und bei dem Preis ist nicht anders zu erwarten. Für mich geht das allerdings nicht und ich ändere das jeweils wenn möglich mit zusätzlichen Muttern (dies ist allerdings nicht empfehlenswert, habe ich des Öfteren schon gelesen).
Was die Patchpoints betrifft könnte er noch ein-zwei mehr haben anstelle des 5-pin-Midi-Eingangs auf der Frontseite. Abermals: bei dem Preis ist dies auf hohem Niveau gemeckert.
Alles in allem bin ich sehr zufrieden mit dem Kauf und habe mich inzwischen sehr mit dem Synth angefreundet. ich möchte den Sound nicht missen und habe irgendwie, allen geäußerten Gedanken zum Trotz, nicht das Bedürfnis einen originalen Pro-1 zu erwerben.