Ich bin gelernter Tontechniker und betreibe mein eigenes kleines Projektstudio, in dem ich hauptsächlich meine eigenen Songs produziere. Ab und zu mache ich auch Arbeiten für "die Industrie", insgesamt nun schon ca.15Jahre. Seit jeher verlasse ich mich bei meiner Arbeit auf Focusrite, aber da Firewire ja immer mehr die lange Nase gezeigt wird, habe ich schon vor geraumer Zeit mein Saffire Pro40 verkauft und habe mich einstweilen mit dem USB-6 und dem Scarlett 18i8 begnügt. Irgendwann kam aber der Bedarf nach mehr Outputs wieder auf, und so ging die Suche nach einem neuen USB-18/20-Interface los. Das Scarlett 18i20 wäre eine Möglichkeit, aber gibts nicht etwas anderes? Einfach der Abwechslung halber?
Tja, so bin ich bei diesem Produkt hier gelandet. Featuremäßig eindeutig eine Kampfansage an Focusrites großes Interface, aber was kann man sich um diesen unglaublichen Preis erwarten?
Zunächst: Es wartet tatsächlich mit den gleichen Funktionen wie Focusrite auf, nur ist die Softwarebegleitung dem Preis entsprechend mager. Dazu aber später. Hardwaretechnisch hat Behringer sogar etwas mehr zu bieten. Jeder Kanal bietet ein Pad und einen Hi-Z-Taster für Gitarren/Basssignale. Das ist wunderbar konsequent. Aber der Reihe nach...
Die Verarbeitung ist top! Ein stabiles Metallgehäuse und sämig laufende Potis, stabile Taster und ein kurzes Gehäuseformat, das sicherlich auch dadurch bedingt ist, dass das Netzteil extern ist. Die Kombibuchsen sind etwas streng zu bestöpseln, ich schätze, das schleift sich mit der Zeit noch ein. Besser so als zu locker.
Das Hauptinteresse vieler liegt sicher bei den Preamps und wie sie klingen. Darum komme ich hier gleich zur Sache: Wie in den wenigen Testberichten erwähnt, sind sie etwas höhenschwach. Das kann ich bestätigen, im direkten Vergleich zum Focusrite USB-6 klingen die Preamps hörbar nicht so luftig und offen. Das kann auch ein Laienohr heraushören. Außerdem bilden sie nicht ganz so plastisch ab, wie es die Focusrite-Preamps zu tun in der Lage sind. Ich möchte aber betonen, dass das nicht zwingend eine qualitative Wertung sein muss. Sie sind eben anders; Man kann sie klanglich als "kompakt" bezeichnen und das als eigenen Charakter schätzen. Ich meine, einen sehr leichten Sättigungskompressionseffekt zu hören, wenn man das Gainpoti weiter aufreißt, der ist aber so subtil, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich mir das einbilde. Das macht die Preamps nicht zu schlechten Preamps, aber für Klang-Puristen schränkt das die Anwendungsbereiche eher auf Pop/Rock ein. Hier unterstützt das Interface aber durch seinen eher kompakten Sound den Mixprozess. Mischungen werden bereits in der Balancing-Stufe recht "kohärent", also irgendwie bereits leicht vorge"glued" :-). Außerdem kann es durch seine untertriebenen Höhen so manchem harschen China-Mic Einhalt gebieten. Das alles ist dennoch eher subtil, bitte nicht als eine Art Tape-Ersatz verstehen! ;-)
Was mich verblüfft, ist, wieviel Stoff die Kopfhöreroutputs liefern. Damit kann man ernsthaft KH und Trommelfelle vernichten, Probleme mit zu leisen Monitorsignalen sollte es hier definitiv nicht geben. (Die Main-Outs für Monitorlautsprecher konnte ich noch nicht testen.) Was mir aber aufgefallen ist: Ich höre seit über einem Jahrzehnt den Focusrite-Sound im Kopfhörer, und der Kontrast zwischen den Kopfhörer-Amps war krass. Das UMC-1820 kann zwar "laut", aber nicht besonders "fein". Sie lösen nicht so sauber auf, der Sound wirkt etwas grob. Hier zeigt sich, wie gut Focusrite's Wandler sind.
Doch selbst, wenn das nach Kritik klingt: Fürs Recorden passt das vollauf. Ich will ja nur hören, was sich gerade so tut.
Für das Mixing kann es sich aber bezahlt machen, ein eigenes, feineres 2-Out-Interface/Wandler zu benutzen (wenn man in-the-box mischt).
Heißt das, das Interface ist schlecht? Nein, es bedeutet, dass es sich hier um ein Arbeitspferd handelt, dass gutmütig seinen Dienst verrichtet, aber eben kein Rennpferd ist.
Apropos Rennpferd: Die Geschwindigkeit ist etwas, dass eindeutig lobend erwähnt werden muss. Stellt man im Controlpanel den USB-Buffer auf minimum und die Samplegröße auf 128, komme ich mit einem i7-Laptop auf eine Latenz von 2.3/2.3ms bei 96KHz. Das ist so kurz, dass man getrost mit seinen Plugins im Signalweg aufnehmen kann und keine Verzögerung bemerkt (vorausgesetzt, die Plugins haben kein internes Oversampling). Wer aus Hardwaregründen dem Computer doch mehr Luft geben möchte, hat auch die Möglichkeit des Direct Monitorings über das Interface. Interessant beim Controlpanel ist allerdings, dass man die Samplingfrequenz nicht umstellen kann. (in Win10 hat's zumindest nicht funktioniert, ist nicht anklickbar) Je nach DAW muss man die gewünschte Samplingfrequenz dort regeln und das Interface gehorcht auf diesem Wege. (Zb. in Reaper: Request sampling rate-> Haken setzen)
Als Fazit bleibt für mich: Ein richtig gut verarbeitetes Interface mit tollen Features und eigenwilligen, aber nicht unbedingt schlechten Preamps. Es empfiehlt sich, einen höherwertigen externen Preamp auf der Ersatzbank zu haben, für den Fall der Fälle (optimalerweise mit Digital Out). Hat man den nicht, auch kein Beinbruch, dieses Interface ermöglicht auf jeden Fall professionelle Ergebnisse. Von "typisch Billigware" ist dieses Interface ein gutes Stück weit entfernt.
Und nicht vergessen: Nicht das Interface macht den Chart-Hit - sondern der Song. ;-)