Angeboten wird das "Xenyx302USB" vom Hersteller Behringer als "Premium 5-Input Mixer". Nach meinen Erfahrungen ist das ein Anspruch, dem das Gerät nicht gerecht werden kann. Das Gerät ist weniger ein Mischpult als ein eigenwilliges Audio-Computerinterface über USB-Schnittstelle im Mischpult-Design.
Das Gerät kann einen Mikrofon-Monokanal mit zwei Stereokanälen mischen, wovon einer alternativ über Eingangsbuchsen oder dem vom Computer ausgespielten USB-Signal genutzt wird. Der zweite Stereokanal ist ein "2-Track"-Eingang, der ohne weitere Signalbeeinflussung auf den Mischbus geschaltet wird.
Positivpunkte:
- als Audiointerface: Nutzung eines Mikrofons sehr komfortabel
- Mikrofon-Preamp mit bis zu 60dB Verstärkung und akzeptablen Rauschabstand (SNR)
- rudimentärer EQ immerhin nützlich, um Mikrofonfrequenzgang ein wenig zu modifizieren
- zusätzliche 3,5mm-Buchse für Headset-Mikrofon vereinfacht Anschluß eines analogen Headsets
- Direkt-Monitoring ist einfach zu nutzen
- geringe Größe
- Energieversorgung über USB-Schnittstelle
- keine spezielle Software erforderlich; Nutzung über generischen USB-Treiber des Betriebssystems (USB Audio Class Compliant)
Intern gibt es zwei Mischbusse: "MAIN MIX" und "PHONES". Der "MAIN MIX"-Bus ist fest mit dem "PHONES"-Bus verschaltet. Der "MIC"-Kanal geht direkt auf den "MAIN MIX"-Bus, "LINE/USB" und "2-TRACK" können wahlweise dazugeschaltet werden. Daß bei diesen Kanälen die Schalter als Umschalter "MAIN MIX"/"PHONES" beschriftet sind, ist ein Etikettenschwindel, da alle auf den "MAIN MIX"-Bus geschalteten Signale automatisch auf den "PHONES"-Bus gegeben werden.
Die "HEADSET"-Mikrofonbuchse liegt signalmäßig parallel zum XLR-Eingang des "MIC IN" Kanals. "USB FROM" Computer wird alternativ zum "LINE-INPUT" eingespeist.
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Bewertung (April 2021) werden von Behringer keine eigenen Treiber angeboten, sondern nur die Freeware ASIO4ALL, die auf den windowsinternen APIs oberhalb des USB-Treibers aufsetzt. Man muß die generischen Betriebssystemtreiber für die USB-Schnittstelle verwenden. Unter LINUX funktioniert das problemlos und rauschfrei, bei derselben Hardware unter "Windows 10 Home" (Version 20H2) zeigt Audacity einen Rauschteppich von ca. -55dB an. Ein ständiges Ärgernis unter Windows ist dessen Verhalten, das Gerät bei erneutem Anstecken an die USB-Buchse als Mono-Mikrofon zu konfigurieren, sodaß man jedesmal erst mühsam (über "Sound-Systemsteuerung"-"Aufnahme"-"Eigenschaften"-"Erweitert") das passende Standardformat auswählen muß.
Leider gibt es drei für mich fragwürdige Produkteigenschaften, die man kennen sollte, bevor man sich für eine Anschaffung entscheidet:
1. Am Mikrofoneingang liegt eine Phantomspeisung von lediglich +15V dauerhaft, nicht abschaltbar, an. Dynamische Mikrofone benötigen keine Phantomspannung. Kondensatormikrofone dagegen sind, mit sehr seltenen Ausnahmen, für +48V Phantomspeisung konstruiert und spezifiziert. Selbst wenn sie mit +15V funktionieren, ist vollkommen unvorhersehbar, ob wichtige Eigenschaften wie Empfindlichkeit oder Rauschverhalten dem Datenblatt entsprechen. Da nützt dann auch ein noch so guter "Sonically Superior Mic Preamp" nichts.
2. Will man das Gerät als USB-Audiointerface einsetzen, muß man das spezielle interne Signalrouting berücksichtigen: Für Stereo-Line-Eingänge muß der "2-TRACK"-Input verwendet werden, da der "LINE"-Input bei Nutzung des "USB FROM" vom Computer nicht zur Verfügung steht. Zum Computer wird das Signal des "MAIN MIX" gesendet. Auf diesen ist der "MIC"-Kanal fest verschaltet und läßt sich nicht stummschalten. Man muß peinlichst darauf achten, daß "GAIN" und MIC-Fader auf Minimum gedreht sind, wenn man den "2-TRACK INPUT" als Analog-In verwendet, und daß "USB FROM" auf den "PHONES"-Ausgang geroutet wird, damit es kein Feedback-Loop gibt.
3. Zwar verfügt das Gerät über je eine "SIG/CLIP"-LED pro Stereokanal. Diese messen allerdings den Pegel direkt am "MAIN MIX OUTPUT", also hinter dem "MAIN MIX" Fader. Es gibt keine Möglichkeit, den Pegel des internen "MAIN MIX"-Busses zu überwachen, obwohl dies sinnvoll wäre, um ein Clipping am AD-Wandler des USB-Interface zu erkennen.
Ich besitze das Xenyx302USB mittlerweile fast ein Jahr und nutze es inzwischen lediglich als externe Soundkarte am Computer. Dort tut es zuverlässig täglich seinen Dienst bei Videokonferenzen. Es ist kein schlechtes Gerät und mag seine Anwendungsnischen haben, aber ich persönlich würde es kein zweites Mal kaufen. Für etwa den gleichen Preis bekommt man ein vernünftiges Audiointerface mit Mikrofonvorverstärker und 48V-Phantomspeisung wie z.B. das Behringer "U-Phoria UMC22" (um beim gleichen Hersteller zu bleiben). Für ein Mischpult ist es definitiv zu sparsam ausgestattet.