Es gibt zum EQ-200 bereits einige Bewertungen und auch diverse Testberichte, die das Gerät weitgehend positiv einschätzen. Dem kann ich mich grundsätzlich anschließen. Diverse Nachteile sind mir allerdings erst nach einem halben Jahr Benutzung klar geworden. Deshalb warte ich jetzt gespannt auf den neuen EQ von Source Audio.
Der Boss EQ-200 ist ein digitaler Grafik-Stereo EQ mit 10 Frequenzbändern, die man übers Menü in 3 Varianten verändern kann. Außerdem kann man ihn auch als Dual-Mono EQ einsetzen, wenn man sich die Mühe der komplizierteren Einstellung machen will. Mit dem letzten Firmware-Update kann man (zB. per Midi) 128 Presets abrufen. Meistens reichen aber schon die 4 Presets, die man über Tasten abrufen kann. Leider ist das Arbeiten mit den winzigen Schiebern ein Geduldsspiel. Es gibt bisher noch keine Editor-Software, wie bei Source Audio. Das gibt einen Punkt Abzug bei der Bedienung.
Für Gitarristen sind Grafik-EQs eher ungewöhnlich. Man findet sie häufig vor der Endstufe von Beschallungsanlagen, aber selten zwischen Gitarre und Amp oder im Insert eines Verstärkers oder Mischpults. Dort arbeitet man lieber mit parametrischen EQs, die man feinfühlig auf einige wenige kritische Frequenzbereiche abstimmen kann. Man muss aber zur Ehrenrettung des EQ-200 sagen, dass er mit dem Signal von Gitarren und anderen Instrumenten (zB eine Ukulele mit passivem Piezo-Pickups) ziemlich gut umgehen kann und auch gut klingt, aber nur wenn man ihn nicht übersteuert:
Denn was BOSS eingespart hat, ist etwas so Wichtiges wie eine Aussteuerungsanzeige. Dafür gibt es zwei Punkte Abzug bei den Features, weil man nicht vor Übersteuerung gewarnt wird. Die Anleitung verschweigt auch eine Angabe über die Ein- und Ausgangspegel. Auf der Boss-Webseite findet man dann, dass der EQ-200 auf -10dBu ausgelegt ist und bei +7 dBu übersteuert. Das gilt für Eingang und Ausgang und heißt, wenn man ihn mit mehr als -10 dBu anfährt und ein Frequenzband maximal (+15 dB) hochzieht, darf man nicht auch noch den Volume-Fader Nr. 11 hochziehen, sonst verzerrt’s. Ich habe ihn hinter einen BOSS RC-10R Looper geschaltet, um das eingebaute Schlagzeug im Klang zu optimieren. Dabei stellte sich heraus, dass der EQ-200 auch das maximale Ausgangssignal seines Stallgenossen RC-10R nicht verzerrungsfrei verarbeiten kann. Nicht anders sieht es aus, wenn man den EQ-200 hinter einen Synthesizer mit Stereo-Line-Ausgang schaltet. Auch da kommt er leicht an seine Grenzen, wenn man einzelne Frequenzbänder zu weit hochzieht.
Der EQ-200 ist ein Digital-EQ, deshalb hört man so gut wie kein Rauschen. Dafür besitzt er zwangsläufig eine Latenz, die zwar unhörbar gering ist ist (< 0,5ms), aber bei Mischungen für Klangverschlechterung sorgen kann. Ich habe mir den Spaß gemacht, das Signal meiner Gitarre auf zwei Mischpultkanäle zu legen, und zwar einmal direkt und einmal über den EQ-200 als Insert. Mit dem EQ-200 im Bypass-Betrieb klingen beide Kanäle exakt gleich, sodass die Summe der beiden Kanäle lediglich um 3dB lauter wurde. Schaltet man aber den EQ-200 ein (mit allen 11 Fadern in Mittelstellung), klingt das Summensignal plötzlich dumpf und mulmig. Das ist eine Folge davon, dass sich das Direktsignal und das latenzbehaftete EQ-Signal teilweise auslöschen. Beim Vergleich mit einem rein analogen Grafik-EQ (von Dynacord, über 30 Jahre alt) tritt dieser Effekt nicht auf. Das gibt einen Punkt Abzug beim Sound.
Fazit:
Der EQ-200 ist ein recht guter Grafik-EQ, allerdings nur für Instrumente mit niedrigem Pegel wie z.B. Gitarre geeignet. Wegen seiner Latenz und seines niedrigen Arbeitspegels von -10 dBu ist er definitiv KEINE Empfehlung für’s Studio. Schade, dass er keine Aussteuerungsanzeige hat. Eine mehrfarbige LED hätte man gut noch unterbringen können. Ich habe Roland vorgeschlagen, per Firmware-Update das Display als Aussteuerungsanzeige umschaltbar zu machen. Mal sehen, ob Roland die Idee umsetzt. Roland sollte auch darauf achten, dass bei der Fertigung weniger Chemikalienrückstände im Gerät verbleiben. Meines riecht nämlich sehr unangenehm, wenn es warm wird.