Was macht den Wert dieses Bodentreters aus, der immerhin fast doppelt so teuer ist wie sein äußerlich baugleicher Vorgänger? Zum einen der Sound: Der im Waza 2 anwählbare Custom-Mode klingt tatsächlich um einiges lebendiger, druckvoller und wärmer als der Standardmodus (der dem alten Gerät entsprechen, aber zusätzlich noch einmal verbessert worden sein soll: was ich nicht beurteilen kann). Zum anderen aber auch die Abwesenheit jeglichen störenden Drumherums! Während meine anderen Verzerrer (Ibanez Tubescreamer und TC Electronic Fangs Metal Distortion) definitiv durch Noise Gates gebändigt werden müssen, arbeitet das Boss MT-2W völlig nebengeräuschfrei und hält in den Spielpausen gewissermaßen die Klappe: kein Rauschen, kein Spratzeln oder Knacksen, Brummen oder sonstwelche Dreingaben. Ideal für den mobilen Einsatz (wo ich nicht mehr Equipment mit mir herumschleppen mag und kann als unbedingt notwendig)!
Das Gerät verlangt jedoch eine gewisse Einarbeitung - oder zumindest genaue Soundvorstellungen. Blindes Herumfummeln an den acht Drehknöpfchen (davon zwei nur fummelig ergreifbar via Doppelachse) führt ganz leicht zu beschissenen oder sonstwie unbrauchbaren Resultaten. Man könnte auch sagen, die Bandbreite des Einstellbaren - insbesondere bei den parametrisch regelbaren Mitten (ein Poti für die Frequenz, eins für Absenkung oder Anhebung) - ist um einiges zu weiträumig geraten. Definitiv ein Drittel des Regelwegs hätte gereicht, um reichhaltige Soundvariationen zu ermöglichen, die sich noch innerhalb eines gewissen Sweet Spots befinden. Die nach meinem Empfinden besten Sounds bringt das Gerät bei zurückhaltenden Mitten-Schraubereien zwischen maximal 10- und 2-Uhr-Positionen, eher noch zwischen 11 und 1, also nahe um die neutrale Mittelstellung der 12-Uhr-Position herum! Auch Bässe und Höhen haben mehr Regelweg als sie brauchen, wobei das auf Anhieb etwas leichter in den Griff zu kriegen ist als die parametrischen Mitten. Was aber alles gut klingt, wenn du weißt, was du willst und was du tust!
Apropos Griff und Griffigkeit: Aufgrund der winzigen Doppelknöpfchen artet das genaue Einstellen zuweilen in gefühlt mikrokosmisches Gefummel aus. Bereits minimales Drehen an den Potis führt zu mitunter drastischer Klangveränderung. Für einen reinen Bodentreter wäre mir das zu nervig, zumal ich aus meinen zwei Metern Sichthöhe (und meinen alten Augen) die Reglerstellungen auch nicht mehr deutlich genug erkennen kann. Aber ich brauche das Gerät ja hauptsächlich für mobile Studioaufnahmen - hier erfreut die stabile Verarbeitung ebenso wie der angenehme Drehwiderstand der Regler, die ihre Einstellung behalten, solange du nicht gezielt daran herumdrehst. (Es gibt ja Regler, die sich schon verstellen, wenn du sie mal versehentlich streifst, zum Beispiel, während du einen benachbarten Regler einstellst. Das Boss MT-2W ist da von definitiv höherer Qualität!)
Das Gerät bietet nebengeräuschfreie Zerre bis in höchste Hi Gain Gefilde, beschränkt sich aber nicht auf solche: Mit weniger Distortion geht noch viel satter Rock, nur sanfterer Crunch will dann nicht mehr gelingen (wofür es aber definitiv genug andere Pedale gibt).
Selbst bei leiser Einstellung klingt es dicht und druckvoll - und immer präzise. Halt nichts zum wild daran Herumschrauben - umso besser als Spezialwerkzeug für ganz gezielte Klangformung im Rock- und Schwermetallbetrieb, vom Sägezahnsolo übers Shreddergewitter bis zur Dröhnwand - immer volles Brett: genau so, wie du es jeweils haben willst.
Nicht nachgeschmissen billig - aber für das, was es bietet, seinen Preis wert.