Musikalisch mit einer Strat aufgewachsen, fehlte mir das Vibrato später doch sehr bei meinen Les Pauls, insbesondere das Vibrato von Akkorden. Vor einem Umbau scheute ich aber lange Zeit zurück aus Sorge, dadurch die Kostbarkeiten zu beschädigen oder den Klang negativ zu beeinflussen. Das ist beim Duesenberg Les Trem völlig unbegründet.
Unbestreitbar nimmt das sagenhaft gute Sustain dieser Gitarren durch den Einbau geringfügig ab, weil mehr bewegte Teile mit Reibungsverlusten in der Saitenspannung stehen und Reibungsfreiheit Utopie ist. Durch die sehr solide Ausführung des Les Trem ist der Verlust aber so gering, daß er praktisch eigentlich nicht wahrnehmbar ist. „Singen“ können die umgerüsteten Paulas nach wie vor ausgezeichnet und der für mich größere Gewinn ist ein Musikalischer:
Bisher war nur ein minimales Aufwärtsbeben von Einzeltönen möglich, aber kein wirklich schönes Vibrato, das vor allem durch Abwärtsbewegung geprägt ist. Hört man sich die legendären Vibratokünstler Jimi Hendrix, Steve Ray Saughan oder Joe Satriani genauer an, so liegt die eigentliche Kraft deren Vibratos in der Abwärtsbewegung, welche mit normalen Paulas unmöglich ist, da kann man machen, was man will. Bei einer Tele oder einer ES 335 kann man wenigstens noch den Hals anpacken, nach vorne drücken und gleichzeitig den Korpus in Höhe des 16. Bundes mit dem Handballen nach hinten und so das Instrument verbiegen. Das bringt schon was, z.B. auch das Ausbrechen der Halses und das Publikum lacht sich krumm und buckelig über die gelungene Einlage mit abschließender Jimi Hendrix dive bomb. Dem Gitarristen dürfte sein Hit allerdings weniger Freude bereiten, mit der geschredderten ES 335 in der Hand. Bei dem reichlich dick verbauten Mahagoniholz der Paula muß allerdings schon ein Schraubstock her zum Verbiegen...
Stimmstabilität:
Das Les Trem ist von sich aus stimmstabil, weil die Konstruktion spielfrei ist, im Gegensatz zum Fender-Mechanismus. Ein zusätzlicher Austausch der Original rider bridge gegen eine roller bridge bringt gar nichts. Das hatte ich probiert. Da ist viel mehr das richtige Saitenaufziehen von Bedeutung, z.B. daß die Saite vor dem Einfädeln in die Mechanik ca. 6 bis 7 cm weiter von der fertigen Länge entfernt rechtwinklig abgebogen wird oder durch den sich selbst verriegelnden Nashville knot. Wenn aber die Gitarre trotzdem nicht stimmstabil ist, dann liegt der Knackpunkt im wahrsten Sinne des Wortes an den Sattelkerben. Sind bei einem Vibrato, aber auch beim Stimmen unangenehme, hohe, glockenartige Knackgeräusche aus Richtung Kopfplatte zu hören, haken die Saiten in den Kerben. Das gilt sogar für flatwound und plain strings. Dann sollten die Kerben entweder mit Wirbelseife (Pflegemittel für die Steckwirbel bei Geigen, Lauten und Flamenco-Gitarren) oder zur Not auch mit trockener Seife oder Bleistift-Graphit (weniger dauerhaft) behandelt werden und die metallenen Bridge-Auflager mit einem winzigen Tropfen Öl. Das ist bei jedem Saitenwechsel zu machen, generell bei allen Gitarren und natürlich vor einem Gig. Das bringt in den allermeisten Fällen Abhilfe. Wenn nicht, dann müssen die Kerben mit einem Satz passender Sattelfeilen vorsichtig seitlich und in der Rundung nachbearbeitet werden. Das sollten nur handwerklich Begabte mit Erfahrung oder der Gitarrenbauer erledigen! Sattelkerben-Probleme tauchen auch auf, wenn die Saitenstärke erhöht wird und die Saiten dann seitlich festklemmen.
Ich habe sowohl die Nickel-Ausführung als auch die vergoldete Ausführung montiert, alle waren zu 100% in Ordnung. Das Les Trem sieht klasse aus, ist sehr sauber verarbeitet und bei richtiger Einstellung absolut spielfrei. Es ist ferner einfach und beschädigungsfrei zu montieren. Metrische und Zoll-Schrauben und ev. notwendige Distanzscheiben mit ausführlicher, farblich bebilderter Anleitung liegen bei. Es ist allerdings ein sehr großer Schlitz-Schraubendreher erforderlich, um die Schrauben fest und sauber ohne häßliche Gratbildung anzuziehen. Selbstverständlich sollte vorher genau ausgemessen werden, ob es paßt. Das tut es bei allen Gibsons, Heritages, Harley Bentons und Epiphones mit Stop Tail Piece. Bei Ibanez-Stop Tail Pieces paßt es nach meiner Erfahrung nicht.
Auch der richtige Abstand des Hebelgriffs über die Saiten läßt sich elegant, schnell und präzise einstellen. Dieser sollte hoch genug sein, wenn tiefe Dives ausgeführt werden sollen, da das Schlagbrett ein Limit setzt. Bei LP-Gitarren ohne Schlagbrett sind extreme Dives à la Jimi Hendrixs Woodstock-Phantom-Krieg möglich, weil die Saiten hoch über dem Korpus liegen und ein großer Weg zur Verfügung steht. Der Hebelweg ist allerdings gegenüber einem Fender-Vibrato viel weiter, dafür aber auch mit weniger Kraft möglich, weil sich das Les Trem viel leichter bewegen läßt. Tiefe Dives sollten anschließend ein leichtes Ziehen nach oben erfahren, damit die stark verminderte Saitenspannung wieder erhöht wird. Dann paßt i.d.R. die Stimmung wieder.
Zu bedenken ist auch, daß das Les Trem in der Höhe deutlich aufträgt und die umgerüstete Gitarre in einem dünnen Koffer nicht mehr Platz finden könnte. Bei mir hatte geholfen, den V.-Hebel 90° nach links zu drehen, dann ging der Deckel gerade noch zu. Ansonsten ist eine Tasche oder ein größerer Koffer zu besorgen, was aber nicht gegen einen Umbau spricht.
Für mich ist das Les Trem ein großer musikalischer Gewinn und seitdem liebe ich meine Paulas noch viel mehr.