Den E-Bow habe ich zum ersten Mal in einem Konzert von Fred Frith in der "Fabrik" erlebt, irgendwann Anfang 1990er. Ich war e) begeistert, b) davon ausgegangen, dass es sich um einen der berühmten abgefahrenen Eigenbauten von Frith handelt, mithin nicht käuflich zu erwerben. Friths E-Bow hatte übrigens keine blaue Beleuchtung: LEDs in Blau galten damals als technisch nicht machbar.
Bald darauf hab ich mich für andere Dinge interessiert. Jahrzehnte später schaue ich mich um und siehe da: das Zaubergerät gibt es wirklich, heute wie damals übrigens frei verkäuflich. Her damit.
Erster Eindruck: dass es eine alte Konstruktion ist, sieht und vor allem fühlt man dem Gerät sofort an. Billig-Hartplastik, allseits bruchverdächtige Batterieklappe, die Batterie selbst wird angeschlossen wie in einem sowjetischen Kofferradio aus den 1970er. Der Hauptschalter liefert so gut wie keinen Rastpunkt in der AUS-Stellung – der Hersteller geht wohl davon aus, dass Gitarristen eh sehr feinfühlige, präzise Finger besitzen. Jedenfalls mir ist es mehrmals passiert, dass ich, statt den Bow auszuschalten, einfach in den anderen Modus schaltete. Ok, so wird man auch Stammkunde bei Varta & Co.
Die Oberfläche ist, auch hier ganz 1970er, glatt, rutschig und bietet der Hand praktisch keinen Halt. Wohl in der Annahme, dass die Form des Gerätes griffig genug ist. Das ist sie auch in der Tat – trotzdem würde ich mich über ansatzweise zeitgemäßen Finishing in einem immerhin 100 Euro teuren Etwas freuen.
Was ich aber wirklich vermisse, ist irgendeine Möglichkeit, eine Handschlaufe, ein Lanyard, einen dünnen Faden einzufädeln, damit das Gerät im Falle eines Falles nicht final auf den Boden knallt, sondern sicher am Handgelenk baumelt.
Alles in allem ist die Verarbeitung den heutigen Ansprüchen nicht gewachsen. Ganz im Gegenteil zur Funktionalität. Da ist kaum was zu wünschen übrig, das ist wirklich gut gedacht und zeitlos. Wichtig: ohne Übung geht nicht besonders viel, jedenfalls nichts genießbares oder als solches Vermittelbares. Das Ding ist ein Musikinstrument! Die mal wieder sehr retro und nach Zines anmutende "Bedienungsanleitung" gibt ein paar wichtige Hinweise, wie am Anfang allzu viel Frustration zu vermeiden ist. Ein Blick in dieses gefaltete Blatt lohnt sich!
Ich mache mit dem E-Bow, was nahe liegt: Flächen, Ambiente, auch mal die eine oder andere Linie. Die Saiten daür liefert eine Steinberger Spirit und ein Ibanez SRC-6 Shortscale-6-Saiten-Bass. Die Steinberger ist, wie immer, einfach und spielerfreundlich, mit oder ohne E-Bow. An dem Bass, mit seinen Roundwound-Saiten von d'Addario, macht die Kunst doch etwas mehr Arbeit, außer man macht Industrial Noise oder musique concréte. Will man saubere Töne, unbedingt dran denken: "Fahrzeug schwenkt aus".
Das Gute dabei: erlernbar ist es. Irgendwann stellt sich das Gefühl für das System E-Bow vs. Saite(n) vs. Pickup(s) ein. Auf jeden Fall gilt auch hier: nicht aufgeben! Es ist kein Theremin, das Ding ist spielbar und selbst für Anfänger zu lernen. Die Mühe wird nicht umsonst gewesen sein! Mit oder ohne weitere FX öffnen sich kleine und große Klangwelten – mit ihnen die Augen der Zuhörer immer weiter: "Was ist DAS denn für ein Instrument?".