Ich war für mein Pedal Board Numero 2 auf der Suche nach einem zweiten Delay-Pedal, welches neben digitalen Delaytypen auch ordentliche Deluxe Memory Man Sounds kann.
Bereits on board sind ein (grandioses und programmierbares) Analog-Delay mit Tap (-> Vapor Trail Deluxe), so dass die wärmeren Sounds bereits gut bedient werden. Als Ergänzung dazu sollte es etwas sein, dass eine gute Palette an Digital-Delays beherrscht (2290, Mod-Delay, etc.) aber eben auch gerade den Sound des DMM von Electro Harmonix, da sich dieser wie kein anderes Delay akustisch / frequenzseitig wunderbar „aus dem Weg nimmt“.
Am Start waren zum Testen des Canyon mein (immer noch geliebtes) TC Alter Ego - eine Variante des Flashback Delay aber mit viel cooleren analogähnlichen Algorithmen - und das zum Testen ebenfalls gekommene UAFX Del-Verb. Beide haben jeweils ein explizites „DMM-Programm“ an Bord, dabei klingen sie allerdings völlig unterschiedlich.
Das Del-Verb hatte ich kommen lassen, da es potentiell neben dem Delay-Einsatz auch noch mein Reverb-Pedal (ein altes HoF) ersetzen könnte.
Beim ersten Durchtesten zeigt sich das EHX Canyon als überraschend sauber klingend (kein Rauschen, keine Störgeräusch, keine Veränderung des eingehenden Signals) mit einer gewissen Portion „Wärme“ in allen Programmen, ohne jedoch stark zu färben. Hier ist nichts klinisch kalt.
Das ist beim Alter Ego schon etwas anders, dort gibt es kühler klingende Programme und auch die verwendeten Modulationseffekte klingen nicht sonderlich analog (aber trotzdem gut).
A propos „Monulation“: beim Canyon fällt direkt auf, dass es allen mit Modulation bereicherten Delays an eben dieser ab Werk erst einmal ziemlich fehlt. Hier kommen nun die „Secondary Functions“ ins Spiel: über das längere Drücken der Tap Divide-Taste werden zwei der Regler zu „Rate“ und „Depth“, wodurch dich beispielsweise beim Mod-Delay und beim DMM-Programm die im Auslieferungszustand leichte Modulation steuern und erhöhen lässt. Von leicht bis krass ist hier nun alles dabei, wobei man etwas Herumprobieren muss, um die richtigen Kombinationen zu finden. Sweet Spots gibt es jedoch einige.
Hat man diese Funktion aktiviert, so werden die DMM Sounds plötzlich sehr originalgetreu und stark, das Ausklingen in den oberen Mittenbereich ist (wie vom Original bekannt) extrem schön und hilfreich beim Spielen.
Auch die anderen Programme sind allesamt solide bis sehr gut. Auf den Oktavierungskrempel könnte ich verzichten, mir fällt dazu nicht eine einzige wirklich sinnvolle Anwendung ein. Immerhin lassen hier die Sekundärfunktionen eine gute Dosierbarkeit zu. Die Synthpads klingen ziemlich gut, das Swell-Programm brauche ich eher nicht, lässt sich aber gut in den ansteigenden Pegeln einstellen.
Toll gelöst - und das hatte ich erst nicht kapiert - ist die always-on Tap-Funktion über den Fußschalter. Diese muss (wie ich zunächst dachte) überhaupt nicht erst aktiviert werden, sondern ist permanent verfügbar. Ja, das Tappen über den Fußschalter schaltet das Pedal dabei aus und an, mit aktivierten Trails ist das jedoch völlig egal. Jederzeit tappen zu können, um das Tempo zu korrigieren / ändern ist live eine wahnsinnig hilfreiche Sache!
Gut, kommen wir zum Vergleich mit den Kontrahenten, dem (zu ersetzenden) Alter Ego und dem (möglicherweise alternativen) Del-Verb.
Nur kurz zum TC-Pedal : das Teil hat wirklich gut klingende Programme an Bord, or allem das DMM ist sehr gut einsetzbar (auch wenn es nicht wirklich so wie der DMM klingt), insgesamt klingt das Alter Ego aber trotz Retro-Analog-Ausrichtung nur wenig analog und warm. Nicht das richtige für das neue Pedal Board, ab auf‘s große „Zuhause-Board“.
Das UAFX Del-Verb ist dagegen ein ganz anderes Tierchen; die Delay-Programme (derer gibt es vorerst nur drei) sowie die Reverb-Programme (ebenfalls drei per Mini-Schalter wählbar) klingen genau so, wie meine UAD-Plugins im Apollo, sprich: absolut grandios und für jeden Studio- und Recording-Zweck geeignet.
Leider hat das Del-Verb ein großes Live-Problem. Die Steuerung mit der wackligen Handy-App ist ein schlechter Witz und über die Oberfläche kann man teils nur wenig konfigurieren. Beim Hall zum Beispiel nicht einmal die Ausklingzeit, nur den Anteil (=Mix). Beim Delay ist das besser, allerdings muss man sich bei den zwei Fußtastern zwischen mehreren (nicht Live-tauglichen) Funktionen entscheiden. Wie blöd ist das denn?
Auch die Beschränkung auf (vor Registrierung) nur drei Algorithmen ist bei einem teuren Pedal ärgerlich.
Im direkten Vergleich am Amp zeigt sich überdies, dass man den Unterschied in der Hallplatte des Del-Verb (EMT140) zu der des alten Hall of Fame quasi nicht hört. Auf den Studiomonitoren hört man es sofort, keine Frage, aber live am Gitarren-Amp eben nicht. Schon gar nicht im Bandkontext.
Am Ende ist für mich das fantastisch klingende, aber eben sehr eingeschränkte UAFX-Pedal live nicht geeignet. Alleine die Entscheidung „Tap oder Preset“ ist dumm, fehlendes Midi für viele auch (brauche ich nicht).
Behalten habe ich tatsächlich das EHX Canyon, weil es gerade für den Live-Einsatz bestens geeignet ist. Änderungen werden übrigens je Programm gespeichert, auch über das Ausschalten hinaus.
Das Pedal ist recht kompakt, ich hätte mir allerdings stirnseitige Buchsen gewünscht. Gut, alles haben kann man bekanntlich nicht.
Alle Programme klingen sehr gut, sind gut parametrisierbar. Die Tap-Funktion ist Gold wert, der Preis insgesamt angemessen.
Klare Kaufempfehlung für das extrem vielseitige Canyon!