Schon lage hatte ich mit dem Gedanken gespielt, mir eine ES-335 anzuschaffen.
Einige Gibsons hatte ich zu diesem Zweck bereits angetestet, aber zu dem meist spürbaren Einschnitt ins Budget (die Blueberry Burst Variante von Gibson kostete teilweise jenseits der 4000 EUR) war ich mir auch schlicht nicht sicher, inwieweit ich mit der Bauform zurecht kommen würde.
Die Epiphone inspired by Gibson-Serie kam mir da jetzt gerade recht. Die Farbe, die ich wollte, plus ein vertretbarer Preis? Ein schlicht unwiderstehliches Angebot.
Beim Auspacken ist der erste Eindruck des Instruments durchweg positiv. Die GItarret sieht traumhaft aus. Die Bilder werden ihr meiner Meinung nach kaum gerecht.
Grobe handwerkliche Schnitzer sind nicht zu sehen. Bei näherer Betrachtung fallen allerdings kleine Defizite auf.
1.)DIe Action ist werksseitig sehr hoch. Diese ließ sich zwar recht gut einstellen, aber für Plug and Play nicht geeignet.
2.) Das Binding ist im unteren Cutway leicht rot verfärbt; ein Trend, der mir schon bei den 2020er Gibsons aufgefallen ist. Dort hatte ich allerdings auf das rötliche Innenfutter der Cases getippt.
3.) Die dunkle Farbe dringt an einigen Stellen minimal durch das Binding.
4.) Die Bünde sind nicht ausreichend poliert.
Alles in allem nichts, dass einen abschreckt, vor allem, wenn man bereits Kunde bei Gibson ist, die es tendenziell auch nicht besser können.
Insgesamt ist die Verarbeitung durchaus gut (und wer in 2015 mit den Gibson-Brands zu tun hatte, dem sei gesagt, dass man einen deutlichen Sprung getan hat), aber zumindest die Bünde sind doch ein kleines Ärgernis. Die kleinen optischen Mängel sind wirklich minimal und müssen proaktiv gesucht werden.
Es ist also nichts dabei, wofür ich die Gitarre zurückschicken würde. Und: Hat nicht jeder von uns kleine Makel? Das verleiht Charakter.
Num geht es ans Anspielen:
Das neue Rounded C-Halsprofil finde ich fast besser als das an meiner Gibson Standard 50s. Wer sich an die früheren Epiphones und deren D-Profil mit sehr deutlicher Schulter erinnert, wird hier auf jeden Fall glücklich.
Trocken finde ich den Klang sehr angenehm. Laut und rund.
Am Verstärker (65 Deluxe Reverb) sind mir die Epiphone-Tonabnehmer insgesamt etwas zu mumpfig, also entweder zu matschig oder zu dumpf.
Ich bin aber ausdrücklich nie ein Fan von den Alnico Classic Pro Humbuckern gewesen. Ich werde also, wie immer, entweder gegen Häussels oder Ambers tauschen. Die liegen mir mehr.
Der halbakustische Charakter kommt aber dennoch sehr gut zur Geltung. Eine ES-335 ist also doch wahrnehmbar anders als eine Les Paul.
Negativ beim Anspielen fällt mir übrignes der Pickup-Switch auf. Dieser hat an meiner Gitarre einen Wackelkontakt. Die Potis regeln dafür aber gut und füheln sich sehr wertig an.
Mein Fazit ist:
Hervorragendes Instrument mit kleinen Schwächen. Perfektionisten, die bedingungslose Makellosigkeit erwarten und Neulingen auf der Suche nach Plug and Play sei ein anderes Instrument empfohlen.
Hätte man bei Epiphone noch einmal die Bünde poliert und vielleicht noch einmal alle Teile geprüft (gerne auch zu Lasten des Preises) hätte das Instrument vorbehaltlos 5 Sterne erhalten.
Ich bin dennoch zufrieden. Mein Instrument hat keine Krankheiten, die mein Gitarrentech nicht schnell behoben kriegt. Und da ein Tonabnehmerwechsel eh fest verplant war, ärgert es mich auch nicht, dass der Switch zu tauschen und die Bünde zu polieren sind.
Von mir also trotzdem eine Kaufempfehlung.