Ich habe mittlerweile eine stattliche Sammlung von guten bis sehr guten Instrumenten. Eine Jazzmaster war für mich allerdings jahrelang kein Thema. Die sah für mich früher mit ihren Schiebeschaltern irgendwie altmodisch und uncool nach Kaufhaus Gitarre aus. (wahrscheinlich war sie deshalb später bei den Grungern beliebt :-) ) Rockmusik wurde für mich auf Les Paul, SG, Stratocaster, Telecaster oder ES 335 gemacht. Später dann auf diversen Flitzefinger Metal Äxten. Inspiriert durch ein Live Video (Keine Ahnung, wer das war) bei dem der Gitarrist eine wunderschöne alte, rote Jazzmaster mit wirklich beeindruckendem Sound spielte, wollte ich es wissen. Ein Vintage Modell oder original Fender USA kam dafür finanziell nicht infrage, allerdings gab es ja zwei Squier Modelle. Einmal die Fender Squier DLX Jazzmaster TREM CAR und die 150,- Euro teurere Fender SQ J.Mascis Jazzmaster 2018. Beide habe ich zum Vergleich bestellt.
Was sie verbindet: Beide sind in China gefertigt, vermutlich sogar im gleichen Werk. Die technische Ausstattung, Maße, Pickups, Hardware und das verwendete Holz sind nominell nahezu gleich. Schaut euch die Spezifikationen auf der Produktseite an. Die Unterschiede erwähne ich weiter unten. Die Qualität der Verarbeitung ist bei beiden Modellen beeindruckend gut. Dieses Niveau hatte ich für den Preis nicht unbedingt erwartet. Die werksseitige Voreinstellung war sehr gut. Lediglich die Oktavreinheit G und H Seiten auf der J. Masics musste ich minimal korrigieren. Tolle Lackierung, geiler samtiger Hals. Dieser hat am Sattel eine für mich ungewöhnliche Breite von 42,5 bis 43 mm. Der verwöhnte Rock Gitarrist wird sich erst mal etwas verhaken und das Instrument etwas höher um den Hals hängen. Das gibt sich allerdings sehr schnell, denn der Hals lässt sich mit seinem flachem C Profil wirklich sehr gut spielen. Ausserdem kann man bei dem etwas breiten Hals deutlich sauberer intonieren. Die Hardware ist auch soweit OK. Tremolo und der seit neuerem verwendete Adjustomatic Steg arbeiten tadellos. Die Schwächen des alten Steges sind damit vom Tisch. Die Mechaniken sind NoName aber auch ganz OK. Bei vielen günstigeren Gitarren wird gerne mal am Sattel geschlampt. Meistens klemmen die Seiten in viel zu engen Schlitzen. Hier ist alles bestens. Das Jazzmaster Tremolo arbeitet daher sehr weich und verstimmungsarm, macht 2HT runter und 1HT rauf. Es fühlt sich ein bisschen mehr nach Duesenberg an als nach Strat. Das Duese Teil ist allerdings einfach noch mal 'ne Klasse besser. Die Jazzmaster Pickups sind original Fender und klingen wirklich klasse. Die Schalter sind allerdings zu bemängeln. Hier hört man beim Schalten ein vernehmliches Knacken, vor allem, wenn man mal ein paar Tage nicht gespielt hat. Ich werde die wohl irgendwann mal tauschen. Achtung: Die Jazzmaster ist fast 8 cm länger als eine Strato- oder Telecaster und passt daher in keinen gewöhnlichen Koffer. Selbst der original Fender Gigbag, der im übrigen hervorragend ist, ist zu klein.
Was unterscheidet also die beiden Modelle ausser Name und Preis?
1. Die Optik: Die TREM CAR in Candy Apple Red, weißgoldenem Schlagbrett, die J. Masics in Vintage White mit rotgoldenem Alu Schlagbrett. (Sieht echt geil aus).
2. Das Griffbrett der TRAM CAR (Baujahr 2017) ist noch aus Rosewood gefertigt, das der J. Masics aus dem relativ unbekanntem Indian Laurel, dessen Optik etwas gewöhnungsbedürftig in Richtung Olivenholz tendiert. Es ist aber sehr dicht und spielt sich hervorragend.
3. Der Sound und das Spielgefühl.
Und, was macht jetzt den Preis aus? Das kann man nur erfahren, wenn man sie beide spielt. Die J.Masics fühlt sich einfach besser an, fragt mich nicht warum. Die nimmt man in die Hand und man ist happy. Die TREM CAR ist auch klasse und ich hätte sie wahrscheinlich sogar gekauft, wenn ich die J. Masics nicht gespielt hätte. Deren Sound ist verglichen mit ihrer kleinen Schwester, die irgendwie noch etwas sperrig klingt, einfach runder, voller, knackig, präzise oder aber auch samtig und schön. Die beiden P 94 ähnelnden Jazzmaster Pickups mit 7,7 und 8,0 kOhm klingen großartig. Der Bridge Pickup hat fast soviel Dampf wie ein Humbucker und rockt ohne zu klirren, die Mittelstellung erinnert ein wenig an eine Tele, der Halspickup zeigt eine samtige Fülle, die nicht ansatzweise dumpf oder matschig klingt, was wohl auch ein gutem Holz und der Bauform geschuldet sein dürfte. Mein kleines Highlight ist dann noch die Jazzschaltung. Im Clean Kanal klingt die Gitarre damit noch etwas wärmer und erinnert tatsächlich etwas an eine alte Les Paul. Das war ja wohl auch das ansinnen Leo Fenders bei deren Entwicklung.
Also: Klare Kaufempfehlung für beide Gitarren, wem die Preisdifferenz nichts ausmacht, der sollte allerdings, so wie ich, die J.Masics in den Warenkorb legen. Bei mir hat diese meine Strats in die zweite Reihe verdrängt.