Man hat ja ein latent schlechtes Gewissen, wenn man sich ein Effektpedal für knappe 200 Euro kauft. Jedoch muss ich sagen, dass sich letztlich die höhere Investition auszahlen wird. Denn selten war ich so zufrieden mit einem Produkt, wie mit dem Fulltone '69 MKII.
Gespielt an einem Vox AC4 Röhrencombo zu Hause und an einem Orange OTR 80 auf einer Matamp 4X12 mit V30 Celestions. Die Effektkette ist etwas länger: Korg Tuner, Cry Baby, 69 MKII, Bad Monkey, EH Octaver, EH Memory Man, Coron Phaser, Digitech Delay, Aria Chorus...
Der relativ einfache Aufbau ohne Kinkerlizchen gibt mit seinen 4 Reglern eigentlich keine Rätsel auf. Besonders "Level" und "Fuzz" verstehen sich in ihrer Funktion von selbst. Die kleinen Regler "input" und "Contour" brauchen schon etwas mehr Zeit, da sie jeweils den Sound und sich auch gegenseitig beeinflussen. Damit lässt sich ein realtiv milder Overdrive mit reduziertem Attack ebenso einstellen, wie ein brachialer und tragender Fuzz-Sound mit eben typischer Germaniumcharakteristik. Jedem sei hier angeraten, etwas Zeit in die unterschiedlichen Möglichkeiten zu investieren. Den internen Trimmpoti habe ich noch nicht genutzt. Ich war auch ohne zufrieden.
Besonders hervorzuheben ist neben tadelloser Verarbeitung und Qualitätsanmutung ein Merkmal, dass das Fulltone 69 MKII von jedem meiner bisherigen Zerrpedale (Boss Feedbacker, Boss MZ2, EH Big Muff und diverse mehr) angenehm unterscheidet:
Die Effektivität der Gitarrenpotis ist enorm und emöglicht einem neue Möglichkeiten, die allesamt brauchbar und teils sogar berauschend sind. Ich spiele gerade eine Chevy Les Paul Custom, die der Vorbesitzer mit klassischen Ölpapierkondesatoren und neuen Potis versehen hat. Bei verbauten günstigen Potis übernehm ich keine Gewähr, dass das Pedal ähnlich effektiv arbeitet.
Zwischen leicht angecrunchtem und perligen Cleansound bis hin zum fetten und cremigen Leadsound braucht es nur noch eine halbe Drehung und der Ton bleibt immer definiert. Das ist schon sehr gut gemacht. Ebenso empfinde ich es als angenehm, dass man die Potis aufreißen muss, bis sich so etwas wie Volldampf entwickelt. Viele Pedal haben ja den Sweetspot bereits um 12 Uhr und danach geht alles den Bach runter. Hier kann man über den ganzen Regelbereich, je nach gewünschter Verzerrung, gute Klänge eben bis zum gemäßigtem Volldampf erreichen. Für Metal ungeeignet, für alles andere (Stoner, Indie, Rock) wärmstens empfohlen.
Blind sollte man sich das Fulltone '69 MKII dennoch nicht kaufen. Das tut bei dem Preis wohl ohnehin keiner. Man sollte schon eine genaue Vorstellung des erwünschten Sounds haben und sich den Eigenschaften eines Germanium-Fuzz' bewusst sein. Mir sagt der runde, offene und dynamische Charakter genau zu. Wenig Kompression und ein begrenzter Zerrgrad sind aber nicht jedermanns Sache, würde ich meinen.
Ich bin auf jeden Fall auf der Suche nach "meinem" Fuzz fündig geworden.
Für's Erste...