Meine erste Les Paul. nach über 30 Jahren Strato- und Telecastern (anfangs von ESP und Fernandes, gar nicht mal schlecht) eine Gibson. E-Gitarren mit 628 Mensur habe ich zwar in Form einer Epiphone Casino und Dot, aber sonst haben fast alles E-Gitarren Fender-Mensur.
Wie kommt man auf Gibson und dann noch auf die etwas andere Les Paul Variante? Zu Gibson über Gibson Acoustics, die ich mir in den letzten Jahren zugelegt habe und die mich immer mehr begeistert haben - Martins oder Taylors sind auch super Intrumente, aber eine J45, Dove, Hummingbird oder SJ200 haben was. Ich habe auch den Eindruck, das Gibson seit 2019 wieder interessantere Instrumente baut und verkauft.
Die LP Special war der Grund, wieder einmal in das nicht allzu weit von meinem Wohnort liegende Treppendorf zu fahren, Gitarren probiere ich gerne aus, bevor ich sie kaufe. Auf meiner Test-Liste standen auch noch drei weitere Les Pauls: eine Epiphone aus der "inspired by Gibson" Serie, eine Classic (tolle rote Farbe) und eine 60s Standard. Vielen Dank an den Thomann Mitarbeiter, der mir die 4 Gitarren "von der Wand" gegeben oder eine sogar aus dem Lager geholt hat. Das Ergebnis der längeren Test-Session (Fender 68 Deluxe Reverb, habe ich selbst auch) war sehr interessant. Die Epiphone ist super und spielt sich gut, man hört aber trotzdem einen Unterschied zu den Gibsons. Die "Classic" ist auch interessant, wenngleich mich die 4 Push-Pull Potis mit ihren vielen Soundmöglichkeiten eher verwirren, "the real thing" ist die LP Standard - schwer, ohne Bohrungen, super Klang. Alles Humbucker-Gitarren, die ich bis dahin gespielt oder getestet haben, hatten immer den Mumpf-Sound, der mich zu Fender Instrumenten greifen lies. Die beiden Gibsons und auch die Epiphone klingen viel transparenter und speziell die Standard klingt schon clean gut, bei leichter Zerre bekommt man die Sounds, die man als älterer Musiker von den Platten kennt und liebt.
Zur "Special" - ich bin zufällig darauf gestoßen und fand die Kombination P90-Pickups mit dünnerem Korpus interessant, die hat keine Ahorn-Decke oder wie immer man bei einer LP sagen kann. Die Special wird mit einem Koffer, Gurt, Multi-Tool und Putztuch ausgeliefert, feine Sache.
Sie ist deutlich leichter als die normalen Les Pauls, Klangregelung und Pickup-Wahlschalter sind analog zu allen Les Pauls. Der Hals ist richtig voluminös, ein halber Baumstamm, aber gut spielbar. Die LP Special liefert schöne Clean-Sounds und alles was ab da in die Zerre für Rock-Musik der 50er bis 70er Jahre geht, aber auch für Blues und Blues-Rock klingt super. Die Wrap-Around Bridge in Verbindung mit den P90 und der Konstruktion der Gitarre lässt sie extrem schnell ansprechen, die erreichbare Dynamik ist phantastisch. Intro von "My Generation" oder "The Seeker" klingen "wie echt". Begleitung mit "Lagerfeuerakkorden" aber auch mit Power Chords - alles prima, Solo-Spiel geht auch und ich bin nicht gewohnt, dass sich die Saiten so leicht ziehen lassen (010 auf 046 Werksbesaitung fühlt sich an wie Bindfäden, die Gibson Acoustics mit 628er Mensur haben alle 12er Saiten drauf) und auch, dass einzelne Töne so schön stehen bleiben und kräftig klingen. Ich konnte am Wochenende nach dem Kauf gar nicht mehr aufhören, die LP Special zu spielen. Man kann sogar die "Luther Perkins Boom-Chicka" Begleitung zu Johnny Cash Songs spielen und es klingt fast wie eine - allerdings fette - Tele - einfach toll!
Die Farbe - TV Yellow - ist ein Unikum, sieht man nicht so oft, höchsten "Butterscotch Blonde" von Fender geht in die Richtung. Daas TV Yellow passt gut zum Einsatzzweck in Coverband mit Musik der 60er und 70er Jahre und für Sessions von Jazz bis Blues.
Zur Verarbeitung:
- Lackierung ist einwandfrei
- Mechaniken laufen deutlich besser als ihr "Vintage" -Aussehen vermuten lässt, sehr schön
- Die Bundierung ist präzise, die Bundenden spürt man nicht (Binding sauber), die Ränder des Griffbretts sind angenehm, das Palisander Griffbrett ist schön, am Rande der hohen E-Saite sieht man am 1. und 2. Bund leichte Bearbeitungsspuren am Binding, die man aber nicht spürt und die nicht stören, wenngleich sie nicht sein müssten, die ähnlich aufgebauten Hälse der Gibson Acoustics - die allerdings in Bozeman gebaut wurden - haben das auch nicht.
Einige Punkte bei der Einstellung sind aber noch verbesserbar (eventuell sollte da auch der Thomann-Service mal drauf schauen).
Meine LP Special war komplett neu aus dem Karton, erste Sichtprüfung in Treppendorf in Ordnung, aber einige Punkte schon dort erkennbar:
- Das Griffbrett-Holz war trocken wie die Wüste Gobi. Ich habe die Werks-Saiten gleich abmontiert und das Griffbrett mit dem guten Gibson-Griffbrettöl getränkt, hat der Palisander gierig aufgesaugt, jetzt schaut es auch nicht mehr grau-braun aus, sondern satt dunkel
- Das kleine schwarze Schlagbrett war so montiert, dass die beiden P90 daran anlagen, was bei der Höhenverstellung Probleme macht, ich konnte die Schrauben lockern und das Schlagbrett etwas in Richtung Gitarre-Rand bewegen, jetzt geht es besser.
- Die Wraparound Bridge war meiner Meinung nach nicht justiert. Zu tief, nicht oktavrein. Ja, ich kenne die Probleme solcher Konstruktionen, aber durch Einstellen der Madenschrauben zur Längenveränderung der Saiten konnte ich die Oktavreinheit deutlich verbessern. Ich kann momentan damit leben und eine Tele mit paarweisen Saitenreitern lässt sich manchmal auch nicht besser einstellen. Die Höhenjustage ist bei der Bridge auf der Les Paul natürlich einfach, nur die Haltebolzen höher drehen.
Die Arbeiten mit Griffbrett ölen, Justieren usw. haben ca. 1 Stunde gedauert und ich mach das gerne, aber jemand, der sich nicht damit auskennt oder einfach sagt, dass eine neue Gitarre passen muss, sollte eventuell den Umweg über die Fachleute in Treppendorf machen, ob es Optimierungspotential gibt, die Gitarre hätte es verdient, weil die ist super.
Zusammenfassung:
Positiv:
-Lieferumfang und Preis
- Optik
- Klang - Klang - Klang - wunderbar
Nicht ganz so gut:
- Werkseinstellung und
- die letzten Prozente des Finish
Wie geht es weiter? Spielen und auf eine LP Standard sparen, damit die LP Special nicht so alleine rumsteht.