Vorab:
Ich habe mich schweren Herzens doch gegen das Brett entschieden. Ob wohl ich mich innerhalb eines Abends bereits voll verliebt hatte!
Aber dafür dann im Gegenzug für die Baritone 6-Saiter Variante! Mehr dazu unten.
+(positive Punkte)
- (negative Punkte)
Erster Eindruck:
Der erste Eindruck zählt? Ohhh ja, ich war hin und weg. Tolle Farbe, schönes Finish. Doch dann: Erste Kleinigkeiten gefunden - ein paar Unebenheiten im Lack. Naja, gut für mich persönlich kein absoluter Abturner. Der Rest war sehr solide. Vor allem der Hals ist super, im Vergleich zu allem was ich bisher in der Hand hatte! Dann das erste Mal in den AMP. Kurz nachgestimmt - hut ab, war nicht wirklich viel zu tun. Brachialer Sound in Verzerrung - solide Clean Sounds. Oh ja, genau das was ich von einem Metal-Brett erwarte!!
Verarbeitung:
+ schönes und solides Instrument, dass auf dem ersten Blick definitiv nicht nach nur 600€ sondern weitaus mehr wirkt!
+ Hals und Bünde sind sehr solide verarbeitet gewesen, keine Schafen kanten, überhaupt alles sehr smooth
++ Locking Tuner und Brigde sind Wahnsinn, vor allem für den Preis - wahr sehr überrascht, wie Präzise die Mechaniken sind. (so war ich das von meiner Hauptklampfe nicht gewohnt, vlt. Sollte ich dort mal upgraden? :D)
- Das typische bereits häufig angesprochene Verarbeitungs-Poker. Ich hatte persönlich hier und da ein paar Unschönheiten im Lack, diverse kleinere Unebenheiten, aber nichts was ich sonderlich gestört hätte oder von der Schönheit abgetan hat.
-- Außer ein paar größere "Kratzer" zwischen den Tonabnehmern. Die man aber nur sieht, wenn das Licht seitlich draufscheint. Also quasi nie, außer man legt es drauf an.
Allgemein: Man muss genau hinschauen, um die unsauberen Stellen zu sehen. Im allgemeinen würde es mich sogar überhaupt nicht stören. Es sind Mängel, die man sich sowieso selbst reinhaut nach so 6-10 Monaten Nutzung. Vor allem, wenn man wie ich etwas grobmotorisch angeschlagen ist :D Es bleibt halt "only the Looks" und tut der super Funktion nichts ab, dazu jetzt mehr.
Sound:
+++Ich habe mich direkt in die EMGs verliebt. Habe erst kürzlich in meine recht günstige ESP ein Set 81/85 gehauen. Und das war schon eine super Entscheidung. Aber die Retro Active Hot 70 sind nochmal was ganz anderes. Die Cleans waren echt solide und wirkten sehr klar. Ausreichend für unverzerrte Intros oder Bridges. Ja die Tonabnehmer sind definitiv für Metal / harten Rock gedacht. Das merkt man spätestens beim Umschalten auf Verzerrung. Hier ganz klarer Gewinner für das, was ich mit dem Brett vor hatte.
Bespielbarkeit:
++ Die Werkeinstellung von Thomann war in meinem Fall perfekt. Direkt zuhause gefühlt, obwohl die extra Saite und das breite Griffbrett echt ungewohnt sind. War zuerst etwas unbeholfen, wie ich das Ganze nutzen kann.
+ Bünde sind mMn nicht scharfkantig gewesen und ich habe auch nach längerem Spielen keine unwohlen Stellen gefunden oder gespürt. Butter weich kann man über diesen Hals gleiten!
++ Intonation war auch on Point. Doch leider ist genau hier mein Hauptgegenargument entstanden…
Grund für Entscheidung gegen Gitarre:
1. Leider hat diese 7-Saiter nur eine Mensur von 25,5". Die meisten anderen 7-Saiter liegen eher bei 26,5" oder gleich 27". Aber das macht die Gitarre nicht schlechter. Leider, und das hatte ich vorab besser und gründlicher überdenken sollen, stört es bei tiefen Tunings -> Drop G# und tiefer. Und zwar nicht weil die Saiten zu wabbelig wären (dem kann man mit dickeren Saiten ja gut kontern). Nein, sondern wegen der Intonation der 7. Saite. Der dicksten. Ich habe das Prachtstück relativ schnell auf Drop A gestimmt und dann die Intonation nachgezogen. Und siehe da, ich komme langsam ans Limit des maximalen Verstellradius des Stegs? Und das schon bei einfachem Drop Tuning der Standard Stimmung? Habe also kurzweilen die tiefe Saite auf G gestimmt und geschaut - ja, Intonation wäre wieder zu flat gewesen. Ich denke mal wenn man die Feder entfernt, ginge noch ein bisschen was. Aber eine Garantie hatte ich nicht. Und nach meiner Erfahrung wird das mit dicken Saiten nur mehr nötig, die Saite zu "längen". Ich hätte also mit dickeren Saiten und tieferen Tunings schnell Intonations-Probleme bekommen. Und genau da ist nun der Punkt. Diese Gitarre war genau dafür gedacht. Ja Drop A und B Standard sind eine komplett neue Welt für mich - und ich mag sie, war direkt dabei Psychosocial von Slipknot zu lernen. Leider sind die Gernes Metalcore und Post-Hardcore auf einem Rennen, wer am tiefsten kommt. Und so muss ich eben für moderne und auch viele meiner aktuellen Lieblingscharts auch tiefer. Und damit komme ich wohl leider mit dieser Gitarre nicht hin.
Versteht mich bitte nicht falsch. Man kann sicher auch noch einen Halbton / Ganzton runter stimmen und bekommt gute Intonation - wenn man bisschen bastelt und mit Saitenstärken rumprobiert. Oder sich dann damit abfindet, dass es "wabbelig" wird. Nur matschigen Sound möchte ich nicht bei einem 600€ Instrument akzeptieren. Vor allem, weil ich evlt. damit auch eigene Tracks produzieren wöllte.
2. Die 7. Saite. Eine Erweiterung des Horizonts oder eine Plage? Naja in meinem Fall echt schwer. Find die extra Range ganz angenehm und mit Übung kann man die sicherlich gut umsetzen. Doch habe ich relativ kleine / kurze Wurstfinger. Erstaunlicherweise kann ich bei dieser Gitarre noch ganz gut alles erreichen, ohne mich zu verbiegen. Es ist trotzdem ein relativ großes Brett in meiner Hand. Und irgendwie störte mich das dann zusätzlich. Wenn ich bedenke, ich bekomme meine Tiefen Tunings mit einem Bariton 6-Saiter solider hin. Gut, dass hätte man im Vorfeld mit ein bisschen Recherche auch erfahren können. Ich wollte das Gefühl jedoch selbst erleben.
Und all das zusammen mit dem Fakt, dass ich die selbe Ausstattung in einer Baritone 6-Saiter haben kann, die für meine erstrebten tiefen Tunings besser geeignet ist?
Da kann ich auf die extra Range verzichten und hab Sicherheit was tiefe Tunings und Intonalität angeht, und hab mich für die Baritone Amarok entscheiden. Diese sollte dann die Tage kommen - hoffentlich auch so viel Glück in der Verarbeitungs-Lotterie :)
Overall:
Eine richtig solide und absurd erschwingliche Gitarre. Ich möchte echt sagen, es fühlte sich an wie eine Gitarre im 4-stelligen Bereich. Und dafür hätte ich die paar optischen Mängel ertragen. Die Bespielbarkeit und Sound sind einfach awesome gewesen. Leider war sie für meinen Einsatz doch nicht ganz oder nur mit Abstrichen geeignet. Und sie war meine erste nähere Erfahrung mit 7 Saiten. Ich bin nun sehr gespannt, ob mir die Baritone doch mehr zusagt. Doch 7-Saiter sind durch diese Erfahrung definitiv nicht aus meinem Sichtfeld. Im Gegenteil, ich habe bereits meine Augen auf diverse Fanfret (Multi-Scale) 7-Saiter gelegt. Hier gäbe es auch solide Harley Bentons, aber mein Auge fällt da doch eher auf das nächst höhere Preissegment 700-1000€. Aber das wird Zukunftsmusik.
Und um nicht komplett Off-Topic zu Enden: Wenn ihr nach einer Erweiterung eurer Range sucht oder einfach einer preiswerten 7-Saiter, ist das hier definitiv keine falsche Entscheidung. Es gehört ein kleines Quant Glück dazu, dass man nicht gerade ein Montagsmodell abbekommt. Aber ich denke Thomann ist da auch recht kulant, was Umtausch oder Reparatur und Nachbesserung angeht. Der Service war bisher immer Top of the Top.