Ich gebe zu, ich war hin und hergerissen, ob ich mir den 550 Progressive Bass von Harley Benton kommen lassen sollte. Zu Weihnachten gab es einen Gutschein, der in der Höhe gut passte und ich hatte Bock auf einen Zweitbass. Im Band-Alltag spiele ich einen Fender Preci (70s Sondermodell aus Mexico), ein echtes Arbeitstier mit tollem Sound.
Fürs abendliche Üben und gelegentliche Jam-Sessions im kleineren Kreis war mir nach einem etwas vielseitigeren Bass. Gerne mit Aktiv-Schaltung und 5 Saiten, um ein bisschen Abwechslung zu haben. Da ich nicht wusste, ob mir ein Fünfsaiter wirklich zusagt und ich auch nicht soviel investieren wollte, kam mir der 550 Progressive in den Sinn. Die Bewertungen waren überwiegend sehr gut und die Testberichte bei bonedo, G&B und Youtube brachen bei mir das Eis.
Leider kam der Bass erst nach 1,5 Wochen, wofür Thomann aber nichts konnte. Die DHL hatte geschlafen. Dementsprechend gespannt war ich, als ich den Bass aus der Packung gezogen hatte.
Für das Geld gibts natürlich keinen Edelbass. Die Lackierung ist okaaayy, aber nicht perfekt. Die Mechaniken sind schon einfacher als am 1.000 Euro Fender, aber in Ordnung. Die Brücke und vor allem Griffbrett und Bünde waren aber tiptopp und die Potis aus Metall wirkten auch ganz hochwertig. Der Höhen-Poti kratzte etwas. Der Bass kam darüberhinaus ziemlich gut eingestellt daher, dass ich gleich loslegen konnte.
Sound:
Für meinen Geschmack ist der Bass in der neutralen Stellung ein Tick zu flach. 20% Bass-Boost tun ihm gut. Der Bass-Boost macht ordentlich Dampf. Die Höhen habe ich meist auf neutral oder 100% Boost (bei Rocksongs mit Plektrum). Die Höhenregelung ist sehr fein ausgelegt. Mit der Anschlagstechnik kann man zwischen tiefbassigen Sounds mit dem Halstonabnehmer bis zu knurrigen Rock-Sounds mit dem Stegtonabnehmer und Plektrum eine schöne Bandbreite abrufen. Genau das habe ich gesucht. Die Werks-Saiten waren okay, aber als die Entscheidung getroffen war, dass ich den Bass behalte, haben die neuen Rotosound den Sound gleich nochmal deutlich befeuert. Allerdings setzt er sich bei voller Bandbesetzung (3 E-Gitarren) lang nicht so gut in den Mix wie mein Fender 70s Prezi. Mit zwei Gitarren und Drums oder Duo mit einer E-Gitarre ist er aber angenehm vielseitig.
Bespielbarkeit:
Ich war 2 Wochen hin und hergerissen, ob ich wirklich einen 5-Saiter brauche, habe mich aber dann doch recht schnell angefreundet. Der Bass kommt mit einem recht schmalen Stringspacing und einem flachen, gut bespielbaren Hals. Klar, die Dämpfungstechnik muss ich natürlich noch besser lernen, aber dafür kann der Bass nichts. Kurz: Mir gefällt die Abstimmung und ich komme gut klar. Der Bass hängt übrigens super am Gurt und der Korpus kommt im Vergleich zum Preci richtig zierlich daher. Gewicht sind so um die 3,7 Kilo - also recht leicht für einen Fünfsaiter.
Einstellungen, die ich selbst gemacht habe (nach dem Saitenwechsel):
- Der Hals war einen Tick zu flach, sodass ich ihm ein bisschen mehr Knick verpasst habe, was aber mit 1/2 Umdrehung des Trussrod erledigt war.
- Die tiefe B-Saite musste ich einen Tick höher einstellen. Die Saitenlage kam sehr flach daher. Aber trotzdem besser als anders herum.
- Das Höhenpoti war ein bisschen kratzig. Ein Spritzer Kontaktspray löste das Problem aber nachhaltig.
- Ich habe noch alle Schrauben nachgezogen (Fingerübung) und das Griffbrett eingeölt (Lemonoil).
Fazit: Der Bass ist nicht nur für das schmale Geld wirklich ein gutes Instrument. Klar, die Lackierung ist nicht superfein, die Elektronik ist sicher auch nicht der absolute Technik-Hit, aber man kann die Sounds gut verändern und vom Spielen bekommt ein Bass mit der Zeit ohnehin Kratzer. Ich steh da drauf, deshalb stört es mich nicht. Die Kollegen in der Band waren erstaunt, als ich ihnen den Preis genannt habe. Für den Preis also absolut empfehlenswert.