Wollte mal einen so genannten Beatles Bass ausprobieren, um zu sehen, ob es sich lohnt, später einen echten/teuren Höfner zu kaufen. Ich muss dazu sagen, dass ich von Hause aus seit Jahrzehnten Gitarrist bin und seit ungefähr einem Jahr den wohltuend tiefen und beruhigenden Tönen des E-Basses verfallen bin. Habe einen Fender Jazz Bass, einen P-Bass von Squier und einen fretless von Vintage. Jetzt also mal eine kurze Mensur und warum keinen Violinen-Bass?
Also der HB kam, wie man es von Thomann gewohnt ist, schnell an. Nach dem Unboxing hielt ich das Teil in der Hand und fiel fast vom Stuhl. So etwas grauenhaft schlecht Gefinishtes wie dieses Instrument hatte ich in meinen über 50 Gitarrenjahren noch nicht in der Hand. Lackabplatzer am Übergang vom Hals aufs Griffbrett, Kerben am Griffbrettrand, die aussehen, als ob die Maschine beim Abrichten auf einmal ins Hoppeln geraten ist. Dann das, was man normalerweise unter Mechanik / Tuner versteht. Bei zweien ist es faktisch unmöglich den genauen Ton zu finden, vor allem wenn die Saite zu hoch gestimmt ist. Dreht man die wackeligen Flügel zurück, dreht die Mechanik ein gutes Stück hohl. Also Saite runter stimmen und von unten neu anfangen - grauenhaft! Zu diesem Zeitpunkt hatte ich diesen Bass gedanklich schon wieder eingepackt und auf dem Rückweg gebracht - you get what you paid for. Na ja, dachte ich, wenn ich schon dabei bin, nehme ich den HB-Bass weiter unter die Lupe. Ich ging also vor nach der guten alten TRAIN-Formel (Tune, Relief, Action, Intonation, Nudeln). Nach dem schwierigsten Teil, dem Stimmen, (Stichwort Tuner!), stellte ich fest, dass die Halskrümmung ziemlich gut eingestellt war und nur ein leichtes Nachspannen des Halsstabes notwendig wurde. Die Saitenlage war ein bisschen hoch, was sich durch ein maßvolles Herunterdrehen der Bridge recht gut regulieren ließ. Lediglich die Kerben im Sattel waren nicht tief genug . Das ist an sich nicht tragisch, weil es einen höheren Kraftaufwand praktisch nur im ersten Bund bedeutet. Ich habe trotzdem zur Feile gegriffen, die Kerben nachgearbeitet und ein deutliches Plus an Bespielbarkeit erzielen können. Die Intonation (Bundreinheit) stimmte vor allem auf der A- und G-Saite nicht. Das lässt sich durch Verschieben der gesamten Brücke schon ganz gut kompensieren. In meinem Fall aber nur für die G-Saite. Die A-Saite habe ich dadurch bundrein bekommen, indem ich den Reiter (das sind einfach nur abgeschnittene Bundstäbchen) aus seiner Kerbe rausgehebelt und in die Kerbe auf Höhe der D-Saite eingepasst habe. War ziemlich fummelig. Ja und nun ging es ans Nudeln. Und hier kam ich tatsächlich ins Staunen. Trotz der miesen Standard-Roundwounds war hier doch schon tonale Substanz zu erkennen. Aber liebe Thomänner und -frauen, auf so ein Gerät gehören Flatwounds und sonst gar nichts. Ich habe die Deep Talkin' Bass von LaBella bestellt und siehe da nun ging die Sonne richtig auf. Es ist zwar etwas komisch, für ein Instrument 200 Euro zu bezahlen, um dann für ein Viertel des Gesamtpreises noch Saiten oben drauf kaufen zu müssen. Womit der Preis auf 250 Euro gestiegen war. Bei den Mechaniken hoffte ich auf Abnahme meiner Schmerzen über die Zeit, was aber definitiv nicht gelang. Im Gegenteil. Um weitere Wutattacken mit Bluthochdruck zu vermeiden, habe ich die Original-Mechaniken gegen Warwick Tuner ausgetauscht, womit der Gesamtpreis des Basses auf rund 2 80 Euro gestiegen ist. Aber es hat sich gelohnt. Der Bass lässt sich jetzt supergenau stimmen, was sich in einem deutlich besseren Klangbild niederschlägt. Definitiv lobend muss ich das Abrichten der Bundstäbchen erwähnen, sowohl was die Kanten angeht als auch die Höhe. Ich habe tatsächlich kein Bundstäbchen gefunden, das zu hoch gewesen wäre und damit zum Saitenschnarren geführt hätte. Was sich zu guter letzt auch noch lohnt, ist, die Bünde mit Stahlwolle zu polieren und das Griffbrett, ebenfalls mit Stahlwolle, abzuziehen und einzuölen. Wem die Rückseite des Halses zu high glossy / klebrig ist, kann auch hier mit feinem Schleifpapier und feiner Stahlwolle einen sehr handschmeichlerischen Zustand erreichen.
Fazit: Wer weiß, wie man eine Gitarre in Bezug auf Stimmen, Halskrümmung, Saitenlage und Intonation etc. bespielbar machen kann und bereit ist, für Saiten und Mechaniken nochmal 80 Euro zu investieren, erhält mit dem Harley Benton Beatbass ein richtig geiles Instrument, das sich - zumindest in meinem Fall - nicht im Mindesten vor meinen anderen Bässen zu verstecken braucht. Wer dagegen das Setup nicht selbst erledigen und sich auch nicht die 50 bis 80 Euro (ohne Teile) für den Gitarrenbauer (sofern ein solcher überhaupt in der Nähe ist) leisten kann, wird aus meiner Sicht mit diesem Bass nicht glücklich. Und das ist sehr schade!