Ich brauchte eine Zweitgitarre, da ich ab und zu in einer Asi-Kneipe spiele, für die mir meine Gibson L5 zu wertvoll ist. Dass ein Vergleich zwischen zwei Gitarren, von denen eine das Dreißigfache der anderen kostet, unfair wäre, ist klar. Dafür schneidet die Big Tone aber gut ab. Die Gitarre wird besser, wenn man etwas Mühe in sie investiert.
Beim Auspacken ist man erfreut, dass sie optisch wirklich etwas hergibt. Der Lack ist einwandfrei. Schon beim Stimmen fiel mir auf, dass die G-Saite weniger Zug als die anderen hatte und auch leiser klang. Laut Info sind es 12er D'Addario, normalerweise spiele ich 13er oder 14er. Daher habe ich die Saiten gegen 13er Thomastik getauscht, mit denen die Gitarre an Homogenität direkt gewonnen hatte. Zu einigen einzelnen Punkten:
- Das Tremolo ist nicht praxistauglich. Zunächst fiel mir auf, dass der Hebel nicht richtig entgratet war und eine Stelle aufwies, an der ein Splint o.Ä. herausstand. Die Saiten werden von der Saitenhalterung über eine Rolle geführt und dann nochmal über kleine Rollen am Steg. Die erste Rolle lässt sich auch Drehen, wenn die Saiten locker sind; ist jedoch der komplette Druck von allen Saiten auf der Rolle, dreht sie sich nicht mit, d.h., dass die Saiten über die Rolle rutschen. Dass das nicht stimmstabil ist, ist nicht weiter verwunderlich. Nach zwei- dreimal Tremolo benutzen, muss man wieder stimmen. Da ich das Tremolo ohnehin nicht benutzen wollte, habe ich den Hebel abgeschraubt und die Schraube zur Verdeckung des Lochs wieder eingesetzt. So kann ich damit leben.
- Die Saitenhalterung ist exterm fummelig, bzw. ein derart beknacktes System habe ich noch nie gesehen. Ich weiß nicht, ob dieses System bei Tremologitarren üblich ist: An der Rolle des Tremolos sind kleine Stifte angebracht, um die die Enden der Saiten rumgefummelt werden. Da diese Stifte nach unten, bzw. zur Decke zeigen, sind sie schlecht zu erreichen; die Saiten rutschen auch schnell wieder ab. Nach ein paar Saiten hat man den Trick raus, trotzdem werde ich vielleicht Löcher in die Rolle bohren, so dass man die Saiten würdevoll wechseln kann.
- Der Sinn der Schaltung hat sich mir nicht ganz erschlossen: Die Gitarre verfügt über einen Schalter, mit denen zwischen den Pickups gewechselt werden kann. Zusätzlich hat die Gitarre drei (!) Volumepotis und einen Klangpoti. Die drei sind so aufgebaut, dass der vordere Poti die Lautstärke von beiden Potis gemeinsam regelt, die hinteren die einzelnen Lautstärken. Warum man dann noch den Schalter braucht, wissen vielleicht die Götter, ich nicht. Oder man lässt den Volumepoti für beide komplett weg, wie es bei der L5 der Fall ist.
- Hier wurde mehrmals das Gewicht moniert. Sowohl mein Exemplar als auch die L5 wiegen beide ca. 3,8 Kilo, gemessen mit einer Kofferwaage; es sollte ungefähr stimmen. Die Big Tone ist nicht unüblich schwer.
- Verarbeitung: Preisbedingt hinnehmbar. Ich habe z.B. die Potiknöpfe etwas höher geschraubt, da zwei unten auf der Decke der Gitarre oder auf dem Poti selbst auflagen. Ferner waren in meinem Exemplar noch Sägespäne, die ich rausgeschüttelt habe.
- Bespielbarkeit: Für mich ist das wichtigste Kriterium, ob die Gitarre beim ersten Anspielen flutscht oder ob es irgendwo hakt. Hier hat sie 100% gewonnen! Mich hat beim Spielen nichts gestört, sondern ich konnte mich gemütlich einspielen und mich mit ihr ohne viel Mühe vertraut machen. Die Gitarre ist angenehm.
- Sound: O.k. und aufgrund der zwei Pickups und der Kombinationsmöglichkeit beider müsste eigentlich für jeden ein zufriedenstellender Sound rauskommen. Ich spiele nicht laut; bei meinen Lautstärken gibt's kein Feedback-Problem.
Fazit: Auch wenn ich eine L5 gewöhnt bin, leide ich nicht, wenn ich die Big Tone spiele. Mit ein paar Modifikationen, vor allem an Tremolo und Saiten, ist sie völlig o.k. Das einzige, das richtig K* ist, ist das Tremolo; das Problem lässt sich für diejenigen leicht lösen, die es ohnehin nicht benutzen.
NACHTRAG: Der Saitenhalter hat mich derart genervt. MAN KANN IHN DURCH DAS Göldo HW78G Tailpiece AUSTAUSCHEN, OHNE DASS DIE LÖCHER VERÄNDERT WERDEN MÜSSEN. Das passt perfekt.