Alle meine WG's haben 43er Griffbretter - leider werde ich mich von allen trennen, denn die Finger sind in den letzten Jahren dicker geworden. Die HB CLD-1048 hat in der Fachpresse gut abgeschnitten, weshalb ich sie einfach geordert habe – ein Versuch zu einem annehmbaren Preis.
Also: Auspacken, Akklimatisieren. Stimmen, Anspielen. Die niedrige Saitenlage fällt direkt ins Auge und der Klang !!! - Wow!!! – der ist überwältigend, nicht übermäßig laut, über alle Saiten hinweg sehr ausgewogen. Die Gitarre kann mit solchen zwischen 600 und 1000 € locker mithalten, wären da nicht, ja wären da nicht die vielen kleinen Verarbeitungsmängel:
Die Bünde sind in Zusammenwirken mit den Saiten extrem rau und stumpf.
Verschiedene Vibrationen dringen bei bestimmten Frequenzen aus dem Korpus ans Ohr. Als Ursache habe ich zunächst die fliegende Verkabelung im Korpus ausgemacht.
Also: Saiten runter, selbstklebenden Kabelbinderhalter einbauen und mit 2 kleinen zarten Kabelbinderchen die Kabel im Innenraum verzurren.
War da nicht noch ein Geräusch aus dem Bereich des Batteriefachs? – Ja, also Batteriefach ausbauen, die kleine Platine mit den 2 Gegendruckfedern für die Batterie hat 2 mm Spiel im Plastikgehäuse und schlackert wie ein Kuhschwanz beim Anspielen. Also:
Auffüttern mit 2 Moosgummistreifen und wieder einbauen.
Bei der Gelegenheit alle Bünde nachpolieren, Saiten wieder aufziehen, Stimmen, Anspielen.
Klang ist jetzt sauber, die Vibrationen sind beseitigt, der Sound ist super.
Jetzt zur Verarbeitung der Holz – Baugruppen:
Korpus: An 2 Stellen jeweils auf der Decke und am Binding wurden kleine Schmutzspuren einfach überlackiert, sonst ist der Korpus einwandfrei verarbeitet. Die Seidenmatt – Lackschicht ist tadellos aufgetragen, die Leisten innerhalb des Korpus sind sogar sauber entgratet.
Griffbrett: Stoßstellen sauber an den Korpus angepasst, kein Leim sichtbar, weil vermutlich angeschraubt. Auf ein Binding wurde verzichtet, was beim späteren Neubundieren zum Nachteil gereichen kann.
Die verbliebenen Öffnungen der Schlitze, in denen die Bünde sitzen wurden beidseitig mit einer dunkelbraunen Spachtelmasse zugespachtelt, diese Fertigungsmethode findet man überwiegend bei Discounter – Modellen. Spachtelstellen sind jedoch sauber überschliffen und überlackiert.
Bei genauem Hinsehen ist jede Spachtelstelle sichtbar, aber nicht störend und an 3 bis 4 Stellen hat der Lack etwa in Stecknadelkopfgröße keine Haftung zum Untergrund.
Zum Preamp: Stimmgerät funktioniert einwandfrei, die Drehknöpfe sind jedoch sehr popelig. Mit den beiden Schaltknöpfen “Pich“ und „Note“ soll laut Rücksprache mit Thomann ein offenes Tuning möglich sein.
Wie das gehen soll, hat man mir jedoch nicht erklärt. An diesem Punkt vermisst man eine Bedienungsanleitung.
Saiten: Klingen sehr gut, sind aber sehr rau und werden – wenn heruntergespielt - durch Nanowebsaiten ersetzt.
Fazit:
Wenn man sich handwerklich zu helfen weiß, ist dieses Produkt unschlagbar. Es gibt in dieser Preislage und weit darüber hinaus keine Gitarren, die die gleichen Anforderungen an den Sound erfüllen und kleine qualitative Abstriche bei der Verarbeitung sind bei diesem Preis nicht verwunderlich.
8 Wochen nach dem Kauf:
Kann die HB krankheitsbedingt erst jetzt wieder bedienen.
Nach dem Bestücken mit einem neuen Satz ELIXIER NANOWEB - Saiten dringen wieder Fibrationen aus dem Korpus an mein Ohr und der Ton der G - Saite stirbt sofort beim Anspielen am 4. Bund. Die anfängliche Euphorie ist jetzt verflogen.
Ursachenforschung:
Saiten runter. Durch eine verleimte Braising - Leiste an der Decke wurde werksseitig ein Loch gebohrt und ein Stück kunststoffummantelter Draht hindurchgezwängt. Beseitige diesen Kabelbinder ersatzlos und verzurre die beiden Kabel mit einem kleinen Kabelbinder aus meinem Bestand.
Dann Steg ausbauen:
Oh Schreck, die Unterkante des Stegs ist extrem schief gefeilt und kann deswegen nicht ganzflächig auf den darunterliegenden Tonabnehmer drücken.
Mit der werksseitigen Voreinstellung von HB kann es also nicht weit her sein.
Die Saitenlage am Sattel ist ebenfalls viel zu hoch - gemessen 0,7 mm.
Feile die Schlitze am Sattel tiefer, so dass noch ca. 0,3 bis 0,4 mm Absand zu dem 1. Bund gemessen werden kann.
Die Unterkante des Stegs feile/schleife ich gerade.
Saiten wieder aufziehen, stimmen, anspielen: Die Vibrationen sind wieder mal beseitigt, die G - Saite klingt jetzt ausgewogen.