Kurz vorweg, ich spiele seit 35 Jahren Gitarre, vorwiegend aber elektrisch. Während der Pandemie hatte ich Lust mich mal wieder über ein paar Klassik und Flamencostücke zu wagen, da ich aber nur Abends Zeit zum Üben habe war die normale Akustik-Gitarre zu laut und ich bin auf die Nashville gestoßen.
Nachdem die Gitarre einige Monate lang vergriffen war konnte ich sie Ende Februar endlich bestellen, die erste Lieferung wurde von der Österreichischen Post an "unbekannt" zugestellt und so dauerte es nochmals 4 Wochen länger bis ich endlich ein Exemplar in Händen halten konnte.
= Positiv =
Kurz gesagt, das warten hat sich gelohnt. Die Gitarre ist sehr leicht bespielbar, der Hals war ab Werk perfekt eingestellt (0,2mm Halskrümmung am 10. Bund), sehr gute Saitenlage (jeweils am 12. Bund 3mm zur tiefen, 2,7mm zur hohen E-Saite), der Sattel ist sauber abgerichtet und die Saitenhöhe zum ersten Bund ist perfekt. Gerade bei günstigeren Gitarren wird hier oft viel verschenkt. Der Hals ist für eine Akustik vergleichsweise (angenehm) dünn und durch das Cutaway bis zum 21. Bund ohne Verrenkungen bespielbar, allerdings muss man oberhalb vom 12. Bund etwas vorsichtig sein, da die Intonation durch die nicht verstellbare (leicht schräg eingelegte) Brücke nicht ganz perfekt ist, auch wenn sie im Durchschnitt halbwegs stimmt. Der Hals hat eine leichte Wölbung, wenn man wie ich von der E-Gitarre kommt ist das sehr angenehm, die Bundstäbe sind seitlich ausreichend entschärft und relativ "Jumbo - sized" auch das mag ich sehr.
Die Mechaniken sind ok, wenn auch etwas schwergängig. Der eingebaute Tonabnehmer ist für mich völlig ausreichend, ich habe hier aber auch keinen Vergleich. Die aktive Klangregelung greift gut, wenn man die Höhen stark zurück nimmt und die Bässe etwas anhebt klingt das DI Signal wie eine gut abgenommene Akustik. Die Potis sind angenehm schwergängig - leider waren alle lose, was sich aber binnen weniger Sekunden beheben lässt und ich auch schon bei 10-fach teurerern Gitarren ab Werk so erlebt habe.
Die Gitarre ist deutlich schwerer als eine normale Klassik Gitarre, aber durch die Hohlkammern deutlich leichter als eine etwa gleich große Les Paul. Ich spiele die Gitarre auf dem rechten Oberschenkel aufliegend und hier ist ist perfekt balanciert.
Die Rückseite ist hochglanz lackiert, der Hals fühlt sich sehr glatt an, ohne klebrig zu sein. Matter Lack oder Ölung wäre hier natürlich angenehmer gewesen aber bei dem Preis hätte ich das auch nicht erwartet.
Die Deckplatte und der Hals sind mit einem Binding umgeben, es ist sauber gemacht, mir persönlich gefallen weiß Plastikbindings leider gar nicht, aber das ist Geschmacksache. In die Deckplatte sind Zieröffnungen gefräst, die innen mit schwarzem Dye bemalt sind. Bei meinem Modell wurde bei einer der Fräsungen offensichtlich vor dem Dye eine Lackschickt aufgetragen so dass die Farbe nicht gehalten hat, ich denke bei dem Preis kann man das aber verschmerzen.
Durch die Hohlkammerbauweise ist die Gitarre unverstärkt deutlich lauter als z.B. eine E-Gitarre, jedenfalls laut genug um auch unverstärkt gut üben zu können, aber wohl zu laut wenn z.B. jemand im direkt angrenzenden, nur durch eine Tür getrennten Raum schlafen möchte. Die Nachbarn werden aber keinesfalls was mitbekommen, somit erfüllt sie für mich diesbezüglich ihren Zweck.
== Verbesserungswürdig ==
Die Gitarre war out of the box schmutzig, anders kann ich es nicht sagen. Es waren Rückstände von Schleifstaub, Schleifmittel in den Zieröffnungen, Klebereste auf dem Griffbrett und an den Dot-Inlays, nicht sauber entfernte Schleifrückstände rund um den Sattel und einige Verschmutzungen an den Mechaniken vorhanden. Wenn man den Schmutz und die Rückstände erst mal vorsichtig entfernt hat - vor allem vom Griffbrett - und das Griffbrett mit 1-2 Tropfen F-One behandelt hat wirkt das ganze Instrument gleich um einige hundert Euro hochwertiger, vor allem die offenporige Struktur und Farbe des Griffbrettes sind danach wirklich sehr schön. Wenn man den (trotz Pandemiepreissteigerung) immer noch sehr günstigen Preis der Gitarre berücksichtigt, dann ist das aber alles kein Problem. Bei Gitarren unter 1000 Euro gehe ich immer davon aus zunächst selbst Hand anlegen zu müssen oder eine Stunde beim Luthier zu investieren.
Was ich mir wünschen würde wäre eine optisch dunklere Variante der Gitarre, ohne weißem Binding und mit dunklerer Topplatte, hochwertigerem Steg und Mechaniken. (Nachtrag und jetzt gerade erst gesehen, dass Harley Benton seit kurzem genau das anbietet (Harley Benton Hybrid Nylon NT) - sogar mit 3 teiligem geschraubtem Hals. Mal sehen wenn meine Freude am Akustik-Spiel weiter anhält, dann werde ich hier sicher noch auf das teurere Modell wechseln :-)