Allgemeines:
Ich habe die Gitarre vorbestellt, weil ich schon immer eine Gitarre mit doublecut und nur einem Tonabnehmer haben wollte. Zum Vergleich habe ich eine SC-Custom P90. Ich werde die DC-Junior also gedanklich daran messen und nicht an einer Custom Shop Gibson. Nach längerer Wartezeit kam das Paket an und war ordentlich verpackt. Die Gitarre selbst war unbeschädigt.
Gewicht:
Beim Herausnehmen fiel mir direkt auf, wie leicht die Gitarre war. Also ab auf die Küchenwaage: 2882 Gramm. Wow! Meine SC-Custom P90 hat 3462 Gramm, meine HB-35 Plus hat 3650 Gramm, alle 2019 bestellt. In letzter Zeit sind sehr leichte HB-Gitarren also keine Seltenheit mehr. Ob da gechambert wird?? Keine Ahnung, aber die 4,5 Kilo-Prügel scheinen seltener geworden zu sein.
Ausstattung:
Die Tuner sind ok, sie machen ihre Arbeit, fühlen sich aber recht zierlich an. Das liegt wahrschienlich am Vorbild, die Grovers an der SC-Custom P90 liegen aber deutlich besser in der Hand. Die Brücke kombiniert die klassische Wraparound-Technik mit Einstellbarkeit der Intonation. Das klingt zunächst sehr gut. Allerdings hat das zur Folge, dass es keinen Platz mehr gibt, um den Handballen aufzulegen. Wer also Palm-muten oder die Hand auch nur als Fixpunkt auflegen will, bohrt sich die spitzen Seitenreiten in die Hand. Das ist für mich ein Konstruktionsfehler. Man kann damit spielen, aber wer "normale" Brücken (egal ob wraparound oder stoptail) gewohnt ist, wird sich daran anfangs sehr stören. Mich wundert, dass das bisher in keiner Bewertung vorkam.
Sound:
P90 Tonabnehmer, als Rockbrett sehr geeignet, klingt in der Praxis (und im Vergleich) jedoch dünner als man meinen könnte. Insgesamt aber für Classic Rock-Gain sehr gut geeignet und mit Volume und Tone auch variierbar. Treble-Bleed und geringer Einstellbereich sind bei den verbauten Potis zwei Probleme, wie bei fast jeder Gitarre in diesem Preissegment.
Will man schönen Crunch erzeugen, der nicht klirrt, sondern sämig dick klingt, wird es sehr schwer. Ich habe die besten Ergebnisse mit vollem Volume und Tone auf halb an einem Marshall DSL 5 erzielt. Im Crunch für mich wenig beeindruckend. Clean hat die Gitarre nichts, was nicht jede andere E-Gitarre auch kann.
Verarbeitung:
Die Lackierung hat die mittlerweile bekannte grauenvolle Senffarbe, die auch nach einer Gewöhnungszeit nicht schöner wird. Wenn TV Yellow nicht klappt, macht doch bitte einfach weiß oder schwarz. Der Lack ist so aufgetragen, dass die grobe Maserung des Holzes dunkel durchscheint. Mein Exemplar ist aus drei Teilen symmetrisch zusammengesetzt. Der Lack selbst weist diverse Staubkorneinschlüsse und Lacknasen auf. Für manche evtl. ein Grund zu meckern, ich nehme es in dieser Preisklasse hin.
Was ich absolut nicht hinnehme, ist das Griffbrett. Seitlich ist die normale braune Farbe zu sehen, aber oben drauf ist das Griffbert schwarz angemalt (!). Das sieht schrecklich aus und wird wahrscheinlich auch nicht halten. Bin gespannt, wie das Griffbrett in einem Jahr aussieht. Bereits beim Saitenwechsel konnte ich die kleine Teile der Farbe mit der weichen Kuppe meines Fingers abrubbeln. Inakzeptabel! Vielleicht war das eine Reaktion auf die Rückmeldung, dass die Griffbretter zu hell seien. Aber man kann doch nicht einfach an der Stelle irgendwie drübermalen, wo Kunden die Gitarre jahrelang anfassen und spielen.
Ergebnis:
Ich behalte mein Exemplar, weil es schön leicht ist und ich Thomann und Harley-Benton generell mag. Rein rational muss die Gitarre zurückgehen. Austattung, Sound und Verarbeitung und damit letztlich auch der Preis sind, vor allem gemessen an der SC-Custom, nicht zufriedenstellend. Letztere Gitarre hat das aufwändigere Finish, zwei Pickups inkl Potis und Grover-Tuner für ein paar Euro mehr.
Insgesamt also leider keine Empfehlung, auch wenn ich HB-Fan bin!