Da ich gemeinsam mit meinen beiden Söhnen seit einer Weile einen Gitarrenkurs besuche, wo wir auf Western- bzw. Konzertgitarren musizieren, hielt ich es für eine gute Idee, uns als gemeinsames Weihnachtsgeschenk einen Gitarrenbausatz zu beschaffen. Da ich bereits eine Telecaster besitze (Fender Modern Player Tele Plus, ein tolles und vielseitiges Instrument) sollte es dieses mal etwas anderes sein. Und ich dachte mir „wenn schon billig, dann richtig billig“, also fiel die Wahl auf die Strat-Version des Harley Benton Bausatzes (zurzeit 64 Euro günstig).
Also: bestellt, unter den Weihnachtsbaum gelegt, ausgepackt. Alles vollständig vorhanden (bis auf ein winziges Schräubchen, das aber ersetzbar bzw. verzichtbar ist). Die Abdeckung der Klinkenbuchse sowie die Tremoloabdeckung für die Rückseite sehen wirklich billig aus; die sonstigen Teile sind optisch o.k.
Nach kurzen Recherchen bei Thomann-Rezensenten und YouTube-Filmern haben wir uns entschieden, auf den Korpus zunächst eine Lasur (Holzlasur C. Kreul Hobbyline, Farbe „Rost“, ca. 5 Euro; angenehmer rot-orange Ton) mit dem Pinsel mehrfach aufzutragen und anschließend einen seidenmatten Klarlack aus der Sprühdose (Marabu Seidenmattlack, ca. 6 Euro; drei Sprühvorgänge) aufzutragen. Das Ergebnis finden wir klasse.
Dann die nächsten Schritte. Viel Arbeit war ja wirklich nicht mehr übrig; schließlich waren die Pickups bereits im Schlagbrett verschraubt und die Kabel weitestgehend zurechtgeklemmt. Ein paar minimale Ungenauigkeiten gab es bei den Bohrlöchern. Am Schlagbrett mussten wir ein wenig feilen damit es nicht bis unter den Steg reichte. Doch irgendwie hat schließlich alles zusammengepasst.
Obwohl ich mir gleich einen Satz bessere Saiten mitbestellt hatte, habe ich dann dennoch die beiliegenden Saiten aufgezogen, da ich ja hören wollte, was aus den eigentlichen Bestandteilen des Bausatzes herauszuholen ist.
Hals, Kopfplatte und Griffbrett haben wir unverändert gelassen, da sie ohnehin schon behandelt waren. Die große und kantige Kopfplatte – die wahrscheinlich absichtlich so groß ist damit man sie nach Belieben zurechtsägen kann – werden wir vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt noch bearbeiten. Schön wäre es, wenn Thomann zu diesem Zweck Aufkleber oder Schablonen (bspw. mit dem Schriftzug „Harley Benton“ oder „Thomann“ oder sonstwas Kreatives) beilegen würde.
Einige Bundstäbchen (ca. 12.-20. Bund) sind nach unten etwas unsauber und scharfkantig; Verletzungsgefahr besteht aber nicht. Also haben wir daran bislang auch nicht geändert.
Als dann alles zusammengesetzt, haben wir das Teil an meinen Vox VT20 angeschlossen und uns erst einmal darüber gefreut, dass alles funktioniert hat (hätte ja sein können, dass bei dieser Preislage oder nach unserem unprofessionellen Geschraube ein Pickup oder Poti oder der 5-Wege-Schalter nicht einsatzfähig gewesen wären).
Den Klang würde ich als spitz oder scharf beschreiben, aber mit den richtigen Einstellungen an den Klangreglern sowie am Verstärker durchaus als gut (immer in Relation zum Preis gesehen). Auch ist die Gitarre sofort einsatzbereit. Ein paar Feinarbeiten (Stichwort Halskrümmung und Bundreinheit) wären sicher noch hilfreich, doch dazu werde ich lieber jemanden ranlassen, der sich damit auskennt.
Fehlt noch ein kleiner zusätzlicher Verstärker, damit wir zuhause nun wenigstens zu zweit elektrisch rocken können.
Noch ein paar Anmerkungen: Die in deutscher und englischer Sprache beiliegende Aufbauanleitung ist gut verständlich und mit hilfreichen Abbildungen versehen. Allerdings muss man bei der Reihenfolge vorsichtig sein bzw. von der Anleitung abweichen. So wird bspw. die Verschraubung des Halses zu früh beschrieben (und auf späteren Abbildungen sieht man auch, dass der Hals noch gar nicht verschraubt ist).
Die reine Arbeitszeit mit dem Harley Benton-Bausatz beträgt sicher nicht mehr als 2 Stunden, wenn man aber berücksichtigt, dass man noch Lack besorgen muss, einen belüfteten Raum zum Lackieren mit Zeitung oder ähnlichem auslegen muss und nach jedem Auftragen von Lasur, Lack oder ähnlichem eine Pause zum Trocknen einlegen muss, dann kann man durchaus 2-3 Tage zur Fertigstellung veranschlagen.
In Anbetracht der Tatsache, dass ich bislang nicht über das Aufbauen von IKEA(-ähnlichen) Möbelstücken bzw. (was meine Kinder angeht), das Herumschrauben an ferngesteuerten Autos hinaus handwerklich tätig war, sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Wenn es also das Ziel war, mit meinen Kindern gemeinsam etwas zu unternehmen, sprich einen Bausatz zusammenzufügen und dabei einen kleinen Einblick zu bekommen aus welchen Teilen eine E-Gitarre besteht und wie diese zusammengehören, so hat sich die Ausgabe definitiv gelohnt. Wenn man jedoch eine Gitarre haben möchte, die sehr gut verarbeitet ist und toll klingt, ist ein Billig-Bausatz vielleicht nicht die richtige Wahl.