Nachtrag nach über 2 Jahren:
Diese kleine Gitarre ist mittlerweile mein meistgespieltes Instrument. Liegt vielleicht daran, dass ich sie aufgrund ihrer Größe überall hin mitnehme, aber sie spielt sich auch einfach so gut und klingt schön.
In den ersten Wochen musste ich noch mehrmals den Halsstab nachregeln, da hat das Holz doch noch vergleichsweise stark gearbeitet. Ist bei einem so billigen Instrument aber absehbar und zu verschmerzen. Seither ist der Hals aber stabil, es dauerte nur seine Zeit!
Jetzt zu einem Punkt, der leider nicht so schön ist: Ich habe es bei der sehr leichten Werks-Saitenstärke belassen, trotzdem hat sich die Brücke mit der Zeit nach vorne geneigt, wie man es bei vielen alten Gitarren beobachten kann. Die Bespielbarkeit war davon noch nicht beeinträchtigt. Möglich, dass es bei einer leichten kosmetischen Veränderung geblieben wäre. Ich habe es nicht weiter kommen lassen und bin trotzdem auf Nummer Sicher gegangen, habe mir in der Bucht einen JLD Bridge Doctor geschossen, um die Brücke wieder gerade auszurichten, was problemlos und sehr einfach funktioniert hat. Dies als Tipp, falls das bei jemandem von euch auch passiert.
Bei dieser kleinen Reparatur/Verbesserung sind mir außerdem zwei sehr interessante Details aufgefallen, die zum Thema Verlässlichkeit positiv beitragen: 1. die Brücke ist nicht nur verklebt, sie ist außerdem mit zwei Maschinenschrauben fixiert. Man sieht auf der Oberseite der Brücke ja die verräterischen Stopfen, die sauber eingearbeitet wurden. Ein Blick in die Gitarre mit einem Spiegel, zur Installation des Bridge Doctor zeigte dann die Schrauben. Finde sich super. Keine Chance, dass sich die Brücke jemals löst. 2. Beim "umschauen" in der Gitarre sieht man auch, dass am Halsblock eine Art "patch" eingelassen ist. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich gehe stark davon aus, dass sich darunter der Beweis für einen zusätzlich verschraubten Hals versteckt. Verschraubte Brücke und Hals, das gefällt puristen sicherlich gar nicht, allerdings ist es bei einem solchen Instrument in meinen Augen eher positiv und absolut pragmatisch, denn im Gegensatz zu Klebstoff kann sich hier nichts lösen. Diese Gitarre wird so schnell nicht auseinanderfallen, auch unter widrigen Bedingungen als FeldWaldWiesen Wandergitarre. By the way, heute ist diese Konstruktion bei Akustikgitarren eher ungewöhnlich, auch weil die Klebstoffe und Fertigungstechniken wesentlich besser geworden sind. In der Anfangszeit der Massenproduktion von Akustikgitarren gab es aber einige Hersteller, die aus pragmatischen Gründen nur verschraubte Hälse verbauten und diese Instrumente waren nicht per se schlecht. Dass sich E-Gitarrenpionier Leo Fender gegen eingeleimte Hälse entschieden hat, kam nicht von irgendwo.
Deshalb meine Empfehlung nach dem Langzeittest: Als erste Gitarre für Anfänger sollte man sich bewusst sein, dass man eventuell ab und zu Setup-Arbeiten machen muss, zudem am Anfang etwas Feinschliff, daher gut überlegen, ob man das in Kauf nehmem möchte oder nicht. Falls ja, echt brauchbares Instrument. Aber, und das ist der Anwendungszweck bei mir: Das ist für mich als erfahrenen und handwerklich versierten Gitarristen immernoch die beste Gitarre für überall hin mitnehmen, Lagerfeuerabende, und ich erwische mich doch allzu oft, dass ich zum Üben auf dem Sofa zur handlichen Harley Benton greife, statt zu meiner teuren und hochwertigen Dreadnought.
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Bei dieser Gitarre passt alles, was eine brauchbare Gitarre ausmacht. Sie klingt gut und laut, trotz kleiner Bauform recht voll und auf keinen Fall flach und pappig wie viele Reisegitarren, die Saiten schnarren nicht. Sie spielt sich, nach Einstellung des Halses, sehr gut. Sattel, Brücke und Bünde sind hier sehr annehmbar "eingestellt". Die Bünde sind für eine Akustikgitarre relativ fett, was ich als E-Gitarrist sehr begrüße. Die Gitarre lässt sich ohne Probleme stimmen (Sehr ordentliche Mechaniken, kein Hängenbleiben der Saiten am Sattel) und hält die Stimmung auch sehr gut. Was diese wichtigsten Punkte angeht, war ich völlig verblüfft. Für 90 Euro! Ich habe vor Ort gut 10 Gitarren mit kleinerer Bauform bis 250 Euro ausprobiert, und die GS-Travel hat sowohl in Sachen Klang als auch Bespielbarkeit und Stimmbarkeit/Stimmstabilität andere Kandidaten reihenweise nass gemacht. Der Hammer, was die Thomann Eigenmarke mittlerweile kann. Noch dazu ist diese Gitarre wirklich sehr hübsch. Die Hölzer (oder besser, die hauchdünne oberste Schicht) sind super schön und die Lackierung ist überraschend gut, Ein paar winzige Fehler muss man fast mit der Lupe suchen. Auch das auflackierte fake-Binding hat klare Kanten, saubere Arbeit. Der fehlende Tonabnehmer stört mich nicht, da ich die Gitarre hauptsächlich unterwegs benutzen werde. Wer einen braucht, kann zur minimal teureren, elektrifizierten Variante greifen. Ein eingebautes Stimmgerät hat allerdings auch diese nicht. Natürlich muss man bei einer 90 Euro Gitarre mit DER Qualität irgendwo Verarbeitungsmängel sehen: Das Griffbrett scheint ein Wenig wie roh gesägt, sehr rau und auch den Bünden fehlt jeglicher Feinschliff. Wer kaum Bendings spielt, dem wird das womöglich gar nicht auffallen. Dabei sei nochmal gesagt, dass die Gitarre in keiner Lage schnarrt oder tot klingt, die Qualität und Einarbeitung der Bünde an sich passt also absolut. Auch die Zargen in der Gitarre sahen etwas fransig aus. Kosmetische Arbeit mit Schleifpapier musste aus Preisgründen ausfallen. Diese Punkte lassen sich allerdings mit etwas Zeit und handwerklichem Geschick ziemlich einfach verbessern. Eine ausgiebige Behandlung mit sehr feinem Schleifpapier und Schleifgummi und eine Dosis Lemon Oil, und schon habe ich eine Gitarre in der Hand, die ein seidiges Griffbrett, glänzende, widerstandsfreie Bünde und zumindest an den sichtbaren Zargen nahe dem Schallloch keine Sägespuren hat. Geil.
tl:dr: Absoluter Preis-Leistungs Knaller, nicht nur für Anfänger oder für unterwegs ein gutes Instrument. Anfänger und Unerfahrene können die Gitarre zur Einstellung des Halses und für etwas Feinschliff einem erfahrenen Gitarristen, oder für ein paar Euro an eine Werkstatt geben, um aus einem guten ein verdammt gutes Instrument zu machen.