Ich wollte mir ein bisschen Frust wegshoppen. Mach ich sonst nie, aber bei dem Preis? Kriegste ja keine halbe Abendgarderobe für (wenn ich noch so Abende hätte) – 209 Euro, und das inklusive Gigbag! Nichtmal dessen Reizverschluss klemmt. Man sollte der DB raten, ihre nächsten ICE bei Harley Benton zu ordern. Am besten auch die Gleisanlagen. Dann flutschte der Bahnverkehr! (Und bestimmt gäb's dann auch eine Sonderzugverbindung bis zum Treppendorfer Hauptbahnhof an der Hans-Thomann-Str. 1, womit ich auch mal zum Zug, äh, in den Laden käme!) Man wird noch träumen dürfen? Diese Gitarre lädt dazu ein.
Es dauerte ein bisschen, bis sie kam. Zierte sie sich, die bunte Schöne? Ich fragte nach. Nein, sie sei nur noch "in der Qualitätskontrolle". Sieh an! Was ich dann doch bald aus dem Negligé (der letzten Leichtpackhülle) schälen durfte, war nicht nur hübsch, sondern kann sich hören lassen. Makellos lackiert, glatt bundiert, Saitenlage ready to rock. Angestöpselt an Röhren (Fender Twin, HB Tube 15), Modeler (Helix) und Übekistchen (Fly 3 vom schwarzen Stern).
Kniffeliges ausprobiert, durchgebluest, angerockt, reingezerrt – und die geliebten Klarklang-Riffs getestet – meine Königsambition. (Bei der ich sage: Der Helix bringt das nur so la-la). Die HB-35Plus kann, stellte sich heraus, verdammt noch mal alles. (Vielleicht nicht ganz die Djent Downdings Krawumsie. Ist aber eh nicht meine Stratosphäre.) Funky Licks – check! Und sogar schrammeln – wie eine akustische Western! Das schafft keine meiner E-Äxte. Liegt wohl am Hollow Body. Der ist leichter als geargwöhnt. (Tele und Paula hängen schwerer am Gurt.) Hals-Korpus-Übergang für Spiel in höchsten Lagen: erstaunlich passabel. Sogar der obere Gurtknopf ist gut angebracht: mittig dem Spieler zugewandt (statt längs an der Hornzarge). So ist weniger Zug drauf. Der Gurt hält besser.
Nur die Kopfplatte hätte mir besser gefallen, wenn sie nach oben hin schmaler verliefe. Das hätte eine knicklose Saitenführung an die Wirbel ermöglicht (und zusätzlich Holz gespart für 2 Cent. Kalkulier das nochmal durch, Harley)!
Der Oberhammer aber ist die Soundvielfalt. Bleibt mir echt die Spucke weg, was da für Nuancen rauszuholen sind. Wenn du z.B. nur einen der Humbis splittest und dezent dazumischst. Welcher Poti grad' hochsteht und welcher nicht, erspäht sich aus dem Augenwinkel. Der oben platzierte Switch erweist sich als spielerisch erreichbar. Die Roswell-PUs tun es. Sogar die Tuner wirken okay. Anders als meine Gibson Paula bleibt Harley Bentons bunte Barbie in Stimmung. Und beflügelt meine.
Fazit: Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine Halbresonanzgitarre brauche. Die ist die Richtige. Ich geb sie nicht mehr her.
P.S.: Inbus lag bei, und sogar ein nicht bestelltes Klinkenkäbele. Thanks, big T, für solche Preis-Leistungs-Zaubereien! Und der Serviceabteilung ein Ständchen extra!