Am Do, 29.08.2024 kam dann das Paket per DHL. Beim Auspacken fiel mir ein kleiner gefalteter Flyer aus Karton in die Hand, auf dem zu lesen war (wörtlich zitiert) :
thomann
QUALITY-SERVICE
Qualitätskontrolle
Dieses Instrument wurde von unserem Service Team überprüft.
Service ist uns wichtig.
Dieses Instrument durchlief eine ausgiebige Qualitätskontrolle. Unser Service-Team überprüft für Sie alle Funktionen und Einstellungen.
Auf der Rückseite (SCAN) signierte der Qualitätsprüfer handschriftlich-kryptisch mit geraten vielleicht „27 20“? oder „Vt no?“ Ich muß das nicht lesen können, es reicht, wenn die Verantwortlichen bei Thomann das lesen können. Kann den Scan jederzeit nachreichen
Diesem Flyer zufolge hatte ich also grade eine neue Gitarre MIT SETUP ausgepackt und in der Hand, oder???
Der eingebaute Tuner funktioniert gut, aber ansonsten ziemlich UNGENIESSBAR, das Instrument! Die Fingerkuppen der Griffhand schmerzen unter dem Druck der Standard-Saiten, mit viel zu hoher Saitenlage: Am 12. Bund maß ich 3,5mm zwischen E-Saite und Bundstäbchen. (Mein Meßwerkzeug? Thomann-Artikel Nr. 491199) Der Spannstab war derart angeknallt, so dass der Hals sich bereits nach hinten bog (!) und mein 60cm-Alu-Meßlineal wie eine Kinderschaukel längs über den Bundstäbchen/über dem Griffbrett wippen konnte. Das hat wohl bei der Thomann „Qualitätskontrolle“ jemand versucht, die hohe Saitenaktion zu senken -- aber der Spannstab ist leider nicht die rechte Einstellung für dies Problem. Ausgiebige Qualitätskontrolle? Erstklassige Verarbeitung??? Im Ernst, der Zustand des Instrumentes wäre mit „verbastelt“ lieb umschrieben, und das lag nicht an der Gitarre. (Meine Empfehlung an den Kontrolleur: Thomann-Artikel Nr. 491199 besorgen und nachlesen, was Harley Benton da hinten drauf über die Saiten-Aktion bei einer Akustik-Gitarre schreibt! Und mal bei einem Instrumentenbauer nachfragen, warum ein Griffbrett / Hals mit dem Spannstab grade gerichtet wird und was man anstelle des „Hals per Spannstab verbiegen“ gegen zu hohe Saiten-Aktion machen kann.)
Ich führte in Eigenarbeit folgende Maßnahmen durch
1. Abdeckung über Spannstab-Imbus-Schraube auf der Kopfplatte entfernen, Spannung aus dem Spannstab mit dem Imbusschlüssel heraus nehmen (nach links drehen), bis der Hals wieder grade ist und ein über den Bünden zwischen den Saiten aufliegendes 60cm Meßlineal nicht mehr „kippeln“ kann.
2. Saiten abnehmen (entspannen und Stegstifte aus Steg ziehen, Unteres Saitenende aus Steg nehmen.)
3. Stegeinsatz herausnehmen (geht ganz leicht). Vorsicht, darunter liegt der Piezo-Tonabnehmer, der nicht beschädigt werden sollte!
4. Am unteren Rand des Stegeinsatzes eine Markierlinie anzeichnen (1 bis 1,5mm)
5. Für gutes Licht sorgen, den elektrischen Bandschleifer über Kopf in einen soliden Schraubstock spannen.
6. 1 bis 1,5mm von der Unterseite des Stegeinsatzes grade und plan freihand am laufenden Bandschleifer wegschleifen.
7. Alles wieder zusammen bauen.
8. Vor dem erneuten Stimmen die Schlitze für Saiten im Sattel vorsichtig mit einem Satz Sattelfeilen nacharbeiten; jeweils 0,5mm tiefer legen.
9. Saiten stimmen und erneut Probespielen: AHA-Erlebnis: Noch nicht optimal, aber wir sind auf dem Weg der Besserung! Beim Wechsel auf den nächsten Saitensatz (Extra Light statt des viel zu steifen Standard-Satzes) den gesamten Setup nochmal durchführen.
Am nächsten Tag: Zweiter Setup wie zuvor, jedoch mit Wechsel von den serienmäßigen auf Martin Phosphor Bronze Saiten, 0,10 bis 0,47mm extra light. Das dürfte E-Gitarristen entgegen kommen, die von ihrer Strat und Ernie Ball „Super Slinky“-Seiten Ähnliches gewohnt ist. Die Martin-Saiten klingen gut, aber leiser als der Standard-Satz des Firmen-Setups, sind freundlicher zum Menschen beim Greifen. Merke: Ich brauche keine dickeren Saiten für mehr Lautstärke, für das „Laut“ habe ich Tonabnehmer und den Akustik-Amp.
Die Unterseite des Stegeinsatzes kann nicht mehr weiter abgeschliffen werden, aber auf der Oberseite kann man für jede Saite mit dem Sattelfeilensatz jeweils einen 0,5mm tiefen Schlitz einfeilen, so ähnlich wie beim Sattel. Vorher Seitenposition auf Stegeinsatz anzeichnen, dann den Einsatz erneut ausbauen, in den Schraubstock einspannen und 6 Schlitze im Kaliber der jeweiligen Saiten feilen, 0,5mm tief.
Das Setup funktionierte hervorragend, und nun kann die King CE-NT begeistern und zeigen, was sie kann. Seitenlage nun: 2,25mm für Baß-E-Saite und 1,75mm für Diskant-e’-Saite. Bundrein, angenehm in der Griffhand, und gut klingend. Beim Tieferlegen habe ich es wohl ein wenig übertrieben; die h und die e’-Saite schnarren leise mit den ersten zwei Bünden. Sollte kein Problem sein, man kann den Spannstab noch lockern und dem Hals etwa 1mm Biegung nach vorn verordnen, dann müßte das Schnarren weg sein. Acht Stunden Arbeit, und ich weiß, wofür: So stelle ich mir eine Westerngitarre vor, die „leicht geht“, toll klingt und Spaß beim Spiel macht. Der Rest „Klang“ kommt dann, wenn die Gitarre eingespielt wurde, von alleine.
Ich habe Verständnis für den Anfänger, der vor so einem DIY-Eingriff bei einem nagelneuen Instrument Angst hat: Wer die Meßwerkzeuge und Maschinen nicht hat oder nicht damit umgehen kann, der sollte die Gitarre – out of the Box – einem Zupfinstrumentenbauer in die Hand geben. Die Folge-Investition lohnt sich, mein Wort drauf.
Fazit: Die Saiten-Aktion um satte 2mm tiefer gelegt und dabei den Hals wieder grade gerichtet -- nach meinem eigenen Setup und einem Saitentausch habe ich eine gute und bühnentaugliche All-Around-Gitarre bekommen für Folk, Country, Blues, Jazz; viel Instrument und Klang für’s Geld.
Das war, lieb ausgedrückt, verbastelt bis kurz vor Hinrichtung eines neuen Instruments. Liebe Thomänner, der zitierte „Checker“ hat es leider nicht drauf. Ich empfehle, eine Lehre bei einem Gitarrenbauer zu verordnen, zumindest aber Literatur online zum Lesen im Internet
dem Artikel zeigte der Gitarrenbauer-Profi Thomas Harm schon vor zehn Jahren, wie man das mit einfachen Mitteln macht und in welcher Reihenfolge ein korrektes Setup erfolgt.