Ich habe recht lange gebraucht, um Gefallen an der Telecaster- Bauform zu finden. Als vor 12 Jahren der Rhythmus-Gitarrist meiner damaligen Band sagte, er gehe voll auf das Tele-Design ab und er würde sich eine kaufen wollen, hatte ich recht wenig Verständnis für ihn. Irgendwie war mir das alles zu klobig und so gar nicht ästhetisch in meinen Augen. Im Vergleich zur Strat oder LP, die ich beide sehr mag und elegant finde, war das für mich ein NoGo.
Nunja, mit zunehmender Lebensdauer ändern sich manche Sichtweisen und auch wenn ich mir momentan nicht vorstellen kann, eine "originale" Tele für so 600 - 1200 "Bucks" zu kaufen, so ist hat sich doch das kategorischen "Sowas kommt mir nicht ins Haus" gewandelt. Da Harley Benton einen Preis aufruft, für den man sich auch mal irren kann, ohne Kaufreue zu empfinden (zur Not kann man?s ja zurückschicken oder als Deko "missbrauchen" ^^ ), habe ich nach einigen YouTube-Reviews gucken "zugeschlagen".
Out of the Box dachte ich: "What the f.... this is really nice, How can the do that?"
Das erste Empfinden ist durchweg positiv. Mein Exemplar hat eine gefühlt angenehmes Gewicht (habe nicht gewogen) und hängt ausgewogen am Gurt. Sie hat bei mir einen Body aus 3 Teilen, die von der Maserung (wohl eher zufällig) recht gut zueinander passen. Das Klarlack-Finish ist tadellos ausgeführt, keine Einschlüsse oder sonstige Unsauberkeiten. Der Hals hat keine überstehenden Bund-Enden und ist, obwohl er einer der dickeren ist, sehr "comfortable" (es ist kein lackierter Hals, er fühlt sich ein bisschen "stumpf" an); I?m really impressed! Ich will sofort losspielen. Und das Verrückte ist, man kann das auch direkt nach dem Stimmen, was anstandslos funktioniert!
Erstmal trocken angespielt:
"Alte Axt, das Teil schwingt ja ewig aus!" Sustain ohne Ende, kein Saitenscheppern, einziger Kritikpunkt: die Bünde könnten bischen besser poliert sein, aber komischerweise tut das dem Spielspaß keinen Abbruch.
Eingestöpselt in einem Vermona MV 3 (der DDR-Pendant zum AC-15) mit Marshall Bluesbreaker II davor und ner 8" Box mit Jensen C8R-Speaker: (Volume-Poti war nicht 100% fest gezogen, also hat an den Anschlägen mitgedreht; hab ich dann nachgeholt)
Clean:
Neck: Ausgewogener Sound, bissel "bedeckt", aber mit Twang - nice, gefällt mir fürs Picking
Neck + Bridge: glockiger Sound; mag ich für cleane Rhytmuspassagen mit geschlagenen Akkorden, auch schön für Finger-Picking
Bridge: Ähhm.. bissel sehr dominante Höhen, ersmal Tone-Regler zurück gedreht, vom ersten EIndruck her- alleine eher unbrauchbar.
Crunch:
Neck: bissel Dumpf für Akkorde, aber ein richtig schöner Solosound
Neck + Bridge: das glockige kommt durch, mag ich für auch hier für (Akkord-) Picking
Bridge: Jaaaaah, da ist mein Rhythmus-Sound. bissig, durchsetzungsfähig, vllt ein kleines bissel zu kratzig obenrum, aber er zaubert ein Grinsen ins Gesicht.
Ich habe mir dann noch mal paar Stunden Zeit genommen für den "Zweiteindruck", der im Großen und Ganzen den ersten bestätigt. Der Neck-PU kommt mir jetzt zwar bissel dumpf vor v. A. im direckten Vergleich zum Bridge-PU, aber in Solopassagen mit bissl Zerre macht er mir doch Spaß. Nichtsdestotrotz denke ich daüber nach, die 70 Euro für TexMex PU?s zu investieren, - "notwendig" ist es nicht, denn es gibt keine "Not", die "gewendet" werde müsste diesbezüglich!
Ich bin trotz der PU-Upgrade - Überlegung sowas wie "begeistert" von diesem Instrument. Es ist erstaunlich, was man für die 130 Euro kriegt und das ist deutlich mehr als ein Einsteiger-Instrument. Sicherlich kein HighEnd, aber grundsolide. Ich habe wirklich Gefallen an der Tele gefunden und sie erschient mir recht vielseitig. Wer also, so wie ich, mal wissen will, wie sich "Telecaster" anfühlt:
Greift zu, könnte die "Einstiegsdroge" werden ;)