Der Harley Benton MM-85A macht für seinen Preis wirklich was her. Im Vergleich der schon sehr empfehlenswerten HB Bässe im Preisbereich 120-150 Euro, legt dieses Modell nochmal eine Schüppe drauf.
Man findet zwar ähnliche kleine Nachlässigkeiten wie bei den günstigeren Modellen, aber man merkt, dass hier ein paar Euro in die Verarbeitung und die Endkontrolle ab Werk investiert wurden.
Der MM-85A ist ein sehr massiver Bass. Ein fetter Hals, ein massiver Korpus, der ordentlich am Schultergurt zieht. Alles aber nicht nachteilig, er wirkt halt, als könnte man damit Brennholz hacken ...
Der Sound der zugegebenermaßen optisch sehr wuchtigen Humbucker ist heftig. Die aktive Elektronik haut ein derbes Pfund in den Combo. Gegenüber meinen sonstig bisher gespielten Aktivbässen, musste ich hier das Gain deutlich runterdrehen. Auch die aktiven Klangregler für Bässe, Mitten und Höhen, pressen eine heftige Verstärkung der entsprechenden Frequenzen in den Ton. Obacht bei kleinen Übungscombos ...
Die Split-Coil-Klangregelung der beiden Tonabnehmer geschieht über einen fünfstufigen Schalter. Das funktioniert auch recht gut, der Sound ändert sich wie erwartet von drückend-pfundig über drahtig-schlank zu mittenarm-flirrend, je nachdem, wie man die einzelnen Coils über den leichtgängigen Schalter ansteuert, und die Regler entsprechend anpasst.
Ein paar Eindrücke im Einzelnen:
Verarbeitung:
Keine Lacknasen, keine Kratzer. Insgesamt auf den ersten Blick sehr hochwertig. Bei genauem Hinschauen merkt man, dass ein Potiknopf etwas schief sitzt, einzelne Schrauben am Schlagbrett und am Elektronikfach durchdrehen. Die Schutzfolien auf den Chromteilen bekommt man nur runter, wenn man die Schrauben raus dreht und die Potiknöpfe abzieht - das ist nervig. Die Elektronik ist gut verlötet. Das Schlagbrett ist am Rand recht unsauber-spanig abgeschliffen, das ist schade.
Spielbarkeit:
Der Bass ist exzellent eingestellt. Sehr tiefe Saitenlage, kein Schnarren, kein Scheppern. Ab Karton ist mein Exemplar top spielbar - toll. Der Hals ist seidig glatt, auch hier keine Beanstandungen. Die Tonabnehmer sind gut in der Höhe eingestellt, kein Döhnen oder ungleichmäßiger Tonmatsch.
Ausstattung:
Bequem einstellbare Mechaniken, gute Saiten, Dreiband-EQ, Split-Coils, aktive Marken-Tonabnehmer, eine leckere Decke aus Riegel-Ahorn - für momentan 199,00 Euro ein Sahnestück von Bass. Da gibt es nichts zu meckern.
Nutzbarkeit/Sound:
Der Harley Benton MM-85A soll eine Musicman Kopie sein, keine Frage. Und ja, irgendwie kann man ihm auch ein bisschen das drahtige Feeling eines Stingray entlocken. Aber ganz klar - es sieht mehr nach Musicman aus, als dass er es soundtechnisch bringt. Das ist aber kein Nachteil, denn das Original erreichen auch massenhaft andere, aber teurere, Bässe nicht. Wenn man jedoch etwas an der Elektronik ausprobiert, kommt durchaus ein bisschen Musicman-Spaß auf, obwohl man nur ein Zehntel des Preises des Vorbilds hinlegen muss. Der massive Aufbau des Basses sorgt zudem für eine vollmundig klingende B-Saite, die nicht nur schlabberig vor sich hin wummert.
Fazit:
Der Harley Benton MM-85A macht für seinen geringen Preis richtig Laune. Die kleinen Nachlässigkeiten bei der Verarbeitung findet man auch bei mehrfach teureren Bässen, wo es dann aber richtig ärgert. Der Sound ist sehr variabel, die aktive Elektronik drückt ein Pfund in den Combo, dass es fast die Membran nach vorne raus haut. Der Bass sieht aus wie aus der Edelschmiede anstatt wie üblich in der Klasse mit millimeterdickem Lack zugekleistertes Billigholz oder gar nur eine Designfolie zu zeigen.
Insgesamt Daumen hoch von mir, die 50 Euro Mehrpreis gegenüber der etwas günstigeren Klasse lohnen sich wirklich.