Zu meiner Person:
Ich zähle mich mit weniger als zwei Jahre kontinuierlichen Übens zu den Anfängern dieser Kunst. Habe bis jetzt auf einer HB Strat gespielt, aber da mein Stil in Richtung DM und TDM geht, und dort die tiefer gestimmte Siebener jetzt schon zum guten Ton gehört und die Entwicklung für mich klar zu sein scheint, wollte ich mich schon mal an die Achter gewöhnen. Ich möchte irgendwann einmal Lieder von Aversions Crown, Rings of Saturn und Beneath the Massacre spielen können, und das wird objektiv betrachtet noch Jahre dauern. Dass ich als Beginner die tiefe B- und F#-Saite kaum anständig bedienen kann, ist mir schon klar. Alle, die jetzt aufschreien ?Wie kann er nur??, möchte ich fragen, was wohl ein Anfänger bspw. an der Harfe macht. Schneidet der auch erstmal alle Saiten weg, bis nur noch sechs übrig bleiben, damit es leichter wird? Eher nicht. Oder was wäre, wenn eine E-Gitarre seit Menschen gedenken schon immer acht Saiten hätte? Dann hätte sich jeder Anfänger ohne zu heulen da durchwurschteln müssen. Klar was ich meine? Dass es die Sache des vernünftigen Erlernens des Gitarrespielens nicht vereinfacht ist mir klar, aber da ich später nicht den Riesenschritt von sechs auf acht Saiten gehen möchte, wenn sich schon so Vieles auf die Sechser ?eingeschliffen? hat, mache ich es mir lieber jetzt schwer. Kann man machen ? muss man aber nicht.
Verpackung:
Die Gitarre kommt in einem Pappkarton mit ausreichen Luftpolsterfolie ausgekleidet ? vollkommen in Ordnung. Es liegt ein Klinkenkabel, zwei Imbusschlüssel und eine Bescheinigung, dass die Glampfe bei Thomann final eingestellt wurde, bei.
Erste Eindruck:
WOW ? was ein Brett. Schlecht sieht sie in Echt nicht aus; die Proportionen gefallen mir wirklich sehr gut. Coole Schrubbe, auf einen Meter Entfernung ein echt klasse Auftritt.
Verarbeitung:
Der Lack ist an sich ein hochglänzendes Tiefschwarz, allerdings mit Lackfehlern, Einschlüssen, kleinen Kratzern, weißen Punkten, Verfärbungen und Unebenheiten übersät. Ernüchterung macht sich nach der anfänglichen Euphorie breit. Ich will nie wieder eine schwarze Gitarre ? Fettpfoten leuchten und blinken förmlich auf dem Klarlack. Wenn es sie doch wenigstens in weiß gegeben hätte... Ich denke, die geht bei Zeiten zum Lackierer.
Die verwendeten Schrauben sind allesamt in schwarz gehalten, ordentlich angezogen und nicht überdreht. Hier und da hängen noch Fusseln vom Finish; macht nix.
Voreinstellung:
Die Saitenlage und Intonation wurden seitens Thomann sehr gut eingestellt; auch war die Gitarre kaum verstimmt. Nichts scheppert oder schnarrt; unplugged klingt die Fuhre noch echt super ? ihr ahnt es schon.
Mechaniken:
Die Stimmmechaniken und Potis lassen sich angenehm bedienen und bieten einen vertrauenserweckenden Widerstand. Den Dreiwegeschalter hingegen möchte man aus Angst vor bleibenden Schäden nicht zu dolle anschauen.
Der Hals:
Ein flaches D, gut zu greifen, sofort ein angenehmes Gefühl, obwohl es wie gesagt ein Surfbrett ist. Ich komme bequem auf der F#-Saite bis an den 17. Bund; danach ist Strecken angesagt. Mit kürzeren Fingern könnte es allerdings anspruchsvoller werden (ich bin 1,88m). Die Halsrückseite ist nicht mit Klarlack zugekleistert, sondern ein wenig angeraut, was dem Spielgefühl sehr zuträglich ist. Hier bleibt man nicht sofort kleben.
Die Oberseite des Griffbrettes ist einwandfrei entgratet, an der Unterseite stören lediglich der 11. und 12. Bund ein wenig. Hier werde ich nacharbeiten; nicht tragisch.
Haptik:
Sie ist angenehm schwer und stark kopflastig; im Sitzen taucht der Kopf ordentlich ab, im Stehen mit etwas breiterem Gurt ist es in Ordnung. Der Cutaway ist wirklich ausreichend und man kommt butterweich auf den hohen Saiten an den 24. Bund. Insgesamt fühle ich mich mit Hals und Body wirklich sauwohl. Pluspunkt mit Sternchen.
Bespielbarkeit:
Hier kommt die echte Stärke dieser Gitarre. Einer der zwei kaufentscheidenden Punkte für mich an der R458 Fanfret war das Multiscale-Griffbrett. Nach 20 Minuten hat man sich daran gewöhnt, dass das Greifen der ersten sechs Bünde irgendwie ?geschmeidiger? und ergonomischer von Statten geht als bei geraden Bünden, ganz besonders wenn man Barré greift. Klasse! Die Bünde stehen quasi in jeder Lage parallel zu den gerade ausgestreckten Fingern. Ich möchte nie wieder etwas Anderes! Die zwei zusätzlichen Saiten sind natürlich gewöhnungsbedürftig, aber ich komme nach den ersten Paar Stunden erstaunlich gut mit der Umorientierung zurecht.
Klang:
Die Humbucker sind totaler Müll. Es fängt nicht wie befürchtet erst auf der tiefen B- sondern schon auf der A-Saite an zu matschen. Schade. Hier macht sich neben dem Lack am offensichtlichsten der günstige Preis bemerkbar. Da klingen sogar meine aus Noname-Singlecoils selbst gebastelten Humbucker in meiner Strat besser, kraftvoller und differenzierter. Aber dies war ja bei dem Preis irgendwie zu befürchten. Weiterhin hat die Mittelstellung des Switches keinerlei Funktion; es lassen sich mit deutlichem Knacken nur Bridge- oder Neck-PU anwählen.
Fazit:
Wenn ihr Bespielbarkeit vor Optik (Lackierung) stellt, und für kleines Geld mal in die Welt der ER-Gitarren ? was zweifelsohne ein erheblich andere ist ? eintauchen wollt, und evtl. eine gute Grundlage zum Aufbauen sucht, unbedingt zuschlagen! Wer zum Beispiel selber lackieren und einen Humbucker wechseln kann bekommt für nichteinmal 200¤ eine Basis die es in sich hat.
Einziger echter Kritikpunkt sind die Humbucker und der Switch, der Rest ist (für mich) zu verkraften.
--------------------------------------
EDIT nach 1,5 Jahren:
Ich spiele diese Gitarre noch immer sehr gerne - Hauptgrund: der Hals und die Bespielbarkeit! Die Humbucker-Placebos sind Bare Knuckle Aftermaths gewichen, und in Verbindung mit den Daddario NYXL0980 bin ich nun sehr zu frieden. Das Geld für eine Agile/Strandberg/Legator liegt noch immer unterm Kopfkissen, muss aber in naher Zukunft nicht zum Einsatz kommen. :-)