Harley Benton R-458MN WH Progressive Series
Zur Zeit höre ich fast nur noch Meshuggah und – zum „Entspannen“ – die Tosin Abasi Gruppe Animals as Leaders. Da entstand natürlich in mir der Wunsch, auch mal was von diesen Künstlern nachzuspielen. Alle vier Gitarristen dieser Bands spielen bekanntlich auf ihren Achtsaitern. Da im Moment im Geldbeutel völlige Ebbe herrscht, habe ich in nicht allzu großer Hoffnung mal abgecheckt, was es an erschwinglichen 8-Saitern so auf dem Markt gibt.
Der Händler meines Vertrauens aus Burgebrach führt zur Zeit mittlerweile immerhin 41 Modelle auf. Die billigste Klampfe ist für 119,– Euros gelistet, die teuerste ist für 4999,– Euronen erhältlich.
Die Gitarristen von Meshuggah spielen ihre Ibanez Custom Signature Modelle, die Thomann vorrätig hat oder bestellen kann. Tosin Abasi hat sein eigenes Modell einer 8-String nun doch nicht von Ibanez bauen lassen, sondern fertigt jetzt seine eigene Linie, die „Abasi Larada“.
Alle drei Gitarren sind im Moment unerschwinglich für mich. Also was tun? Ich spiele bisher zwei Harley Benton Gitarren und einen Jazz Bass von der „Hausmarke“ und bin nicht immer zufrieden gewesen. Während Tele und Bass für ihren Preis sehr viel für wenig Kohle geboten haben, war die Bariton Multiscale, die nicht mehr im Programm geführt wird, auch nach einigen Investitionen nicht dazu zu überreden, die Stimmung zu halten und die Pickups waren gelinde gesagt Schrott. Ich habe also die hier besprochene Gitarre mit gemischten Gefühlen bestellt. Gut, zur Not kann man sie zurück senden, bei Thomann kein Problem, da sind keine Zicken zu erwarten!
Gestern kam das Teil hier an und ich hatte Zeit, mit ihr Einiges aufzunehmen, was ich in den vier Tagen des „schrecklich langen“ Wartens schon vorbereitet hatte. (Die Harleys werden jetzt aufgrund schlechter Erfahrungen mit der Qualitätskontrolle im Herstellerland ein weiteres Mal in Burgebrach kontrolliert). Dazu gleich mehr.
Die Tele hatte einen kleinen Lackriss an ungünstiger Stelle vorne, der Hals des Basses eine unschöne schwarze Stelle am Ahornhals und die Bariton war ein Fehlkauf. Ich habe nach dem Auspacken also erstmal diese Axt hier nach kleinen Fehlern untersucht und anfangs „trocken“ abgerockt.
Die Progressive liegt super in der Hand, der Hals ist butterweich und das unlackierte Ahorn weist keine erkennbaren Fehler auf. Schon mal eine positive Überraschung! Der weißlackierte Korpus strahlt in der Frühlingssonne und ist mit den schwarzen Pickups ein absoluter Hingucker!
Unverstärkt kann man bemerken, dass die Gitarre, die sich überraschend leicht anfühlt, bei starkem Anschlag in Schwingung wie eine monströse Stimmgabel gerät. Etwas übertrieben, aber die Idee ist klar, oder? Kein schlechtes Zeichen.
Ein Tschakka-Tschakka-Akkord, also der Djent-Akkord schlecht hin, kommt schon mal viel versprechend. Na dann, auf zum Amp.
Das erste Stimmen hat gedauert, aber das ist ja auch bei teuren Produkten nicht anders. Ernüchternd sind die Laute, die den Pickups entströmen dann schon etwas. Ja gibt es denn jetzt Single-Coils im Humbucker Format? Der vordere Halspickup ist völlig unerträglich matt und nervt mit seinen Nebengeräuschen. Zwischenposition dito. Der Tonabnehmer am Steg scheint eine Spur besser.
Auf zum PC und Cubase. Ich habe gleich mal was aufgenommen, der Raumeindruck live ist das eine, ich wollte den Klang der weißen Progressive im Mix auf mich wirken lassen. Entwarnung, der HB an der Brücke rauscht nach wie vor, aber im Mix klingt er okay.
Nach einigen Wochen mit der Gitarre und drei Aufnahmen von jeweils einem Song von Meshuggah, Animals as Leaders und mir selbst kann ich sagen, dass die Gitarre mit den richtigen Patches für mein AX8 sehr gut klingt. Die sind natürlich von Profis auf die 8-Saiter optimiert und schon wichtig, egal ob man einen Kemper, Fractal oder sonst was hat und ich bin nicht gerade ein Genie, was das pre- und post-EQ-ing angeht.
Die Pickups nerven nach wie vor und einer der Kollegen hier meinte, dass die HBs „falsch“ verlötet sind. Das habe ich noch nicht checken lassen. Ich wollte den Brückentonabnehmer austauschen lassen und habe einen von DiMarzio (DiMarzio D Activator 8 Bridge DP820) schon hier liegen gehabt. Kleiner Schock, der war nicht ohne größeren Aufwand einzubauen, der Activator war satte 10mm kleiner.
Trotz der besprochenen Nachteile und Schwierigkeiten muss ich diesem Produkt aus dem Hause Thomann unbedingt die volle Punktzahl geben. Die Gitarre sieht sehr gut aus und der Hals fühlt sich fantastisch an. Letztendlich klingt die Progressive im Mix sogar ziemlich amtlich.
Ich besitze die Gitarre nun 5 Monate und kann Euch nur sagen, dass der Umstieg auf 8 Saiten deutlich schwerer war als erwartet. Das ist schon eine andere Welt und diese Umstellungsschwierigkeiten hatte ich bei einer 7-Saiter überhaupt nicht oder in viel geringerem Maße. Für den Preis bekommt man eine tolle Gitarre und kann in Ruhe testen, ob man den Umstieg in die Welt der Tiefsaiter dauerhaft in Angriff nehmen will. Daumen hoch, liebe Burgebracher! Wieder mal.