Intro:
Super, dass es endlich mal wieder eine Rickenbacker Kopie auf dem Markt gibt. Vielen Dank liebe Thomänner! Ich glaube es gab von Harley Benton vor Jahren schon mal ein ähnliches Model...
Die Chinabackers sind ja echt sch... und die guten Nachbauten von Ibanez, Orville, Fresher und Co. sind entweder super rare oder mit Versand aus Japan USA schon fast genauso teuer wie ein Echter. Da kommt mit Harley Benton, trotz der Abzüge (s.u.) gewohnte Qualität ins Haus!
Optik:
Hier punktet der RB. Trotz des kürzeren Cutaways, welches meinem Kumpel und mir allerdings sehr gut gefällt, und des Harley Benton typischen Kopfes, sieht das Instrument voll geil nach Ric aus! Dazu trägt auch der optisch toll verleimte Hals bei. Nachdem der Kopf mit Gotoh Mechaniken (s.u.) nachgerüstet war, stört auch dessen Optik nicht mehr.
Sound:
Ebenfalls auf der Habenseite Ich habe allerdings auch einen guten Amp (Markbass Ninja). An diesem klingt er klar, beinahe akustikbassartig und dennoch kräftig und voll. Der Toaster Humbucker besticht dabei durch eine sehr eigenständige 60s Note. Kann alles per Standardschalter kombiniert werden. Die Klangregelung ließ allerdings zu wünschen übrig: Das untere Tone-Poti brachte gar keine Veränderung, das obere nur wenig. Alle Potis durch Allparts 500er ausgetauscht: Einziger Effekt: Jetzt macht das untere Tone Poti das gleich Wenig wie das obere. Immerhin! Mot aba niets: Da es sich um passive subtraktive Klangregelung handelt, ist das letztendlich egal: Imme sche voll aufdrehe! :-)
Einstellungen:
Hier folgen einige Mankos. Wo ich eben bei den Potis war: Vorsicht mit den montierten Knöppen! Es handelt sich offensichtlich um die Harley Benton JB Style Knobs, Art Nr. 15297,welche optisch auch den älteren Ric Modellen entsprechen. Diese sitzen bombenfest. In den Bewertungen zu diesen Knöppen kann man auch eben über jenes Problem lesen. Einige haben sich beim Abmachen damit sogar schon ganze Potis zerfetzt. Mit dem "Teelöffeltrick" konnte ich allerdings im Rahmen der Wechselarbeiten die Dinger gefahrlos 2x entfernen. Jetzt habe ich original Ric 4003er Knöppe drauf.
Zunächst einmal ist die Grundeinstellung, in der der Bass ab Werk kommt, ok. Ich bevorzuge allerdings das Trussrod immer noch ein wenig anzuziehen. Dafür ließ die Werkseinstellung genug Luft und es funktionierte, dank Standardschraube und mitgeliefertem Key, auch gut. Der Bass hat nicht dieses Doppeltrussrod mit außenliegender Schraube und Sondermaß, so wie bei Rickenbacker. Letzendlich landete ich mit Nachjustieren wieder bei einem ähnlichen Spielgefühl, wie in der Ursprungseinstellung. Das ist die zweite Harley Benton in Folge, bei der die Werkseinstellung ok ist. Die Produktkontrolle scheint dort jetzt zu funktionieren. Vielen Dank!
Der Weg dahin war allerdings schwierig. Rickenbacker Bässe haben wohl kompliziert zu sein! Bis ich die Funktionsweise der Brücke durchblickt habe, sind mir beim Saitenwechsel diverse Male Einzelteile völlig uberraschend runtergefallen und weggekullert ("Ach das war DOCH beweglich..."). Für die Entdeckung des Feststellmechanismusses der Böckchen brauchte es schon unserer beider Paare Augen. Das hat aber letztendlich auch geklappt. Der Bass klackert zwar noch ein bischen, aber das wird sich schon einspielen.
Schwieriger wird es da schon, möchte man den Bügel abbauen, falls dieser beim Spielen stört. Betätige ich die Schrauben, die danach aussehen, sind es die falschen! Das sind die Höheneistellschrauben für den Pickup. Um das Teil ab zu bekommen muss man die GESAMTE Konstruktion an den Außenschrauben abbauen. Der Bügel hängt natürlich an den Höheneinstellschrauben für die Pickups. Aber um das ordentlich ab zu bekommen muss man ja die Feder kontrolliert entfernen und anschlißend wieder einsetzen. Wenn man die ganze Konstruktion abbauen will muss man alle Saiten entfernen. Hat man dann den Bügel entfernt sollte man sich zwei Unterlegscheiben in der selben Dicke besorgt haben, damit beim Zusammenbau die Schrauben wieder an der selben Stelle sitzen und das richtige Höhenverhältnis erhalten bleibt. Diese Kompliziertheit eintspricht m.W. nach allerdings dem Ric Original. Die folgende allerdings nicht:
Die Mensur selber ist Standard Longscale. Die Gesamtlänge vom Tailpiece bis zur Mechanik ist allerdings derart lang, das das sich verjüngende/umsponnene Ende der Saiten (Ich wollte GHS draufmachen) einen guten Zentimeter im ersten Bund sitzt.
Ich hatte noch einen Satz D'Addarios: Das selbe Problem! Ich habe daraufhin Extra Longscales (Gibts hier von Ernie Ball, D'Addario und Elixier) bestellt. Die werden ja wohl passen. Das Problem habe ich an die Git/Bassabteilung geschickt. Mal sehen, was die dazu sagen. Ich habe sowaes in 44 Jahren Musikertum noch nie gesehen!
Es gibt aber auch Lichtblicke an der Einstellfront: Ich wollte Mechaniken, die einen etwas größeren Flügel haben, um der Ric Optik ein wenig näher zu kommen. Die ganz großen Ric Style Mechaniken wollte ich nicht, weil diese nicht so gut auf den HB Kopf passen und es dann wohl auch kopflastig wird. ich bin fündig geworden: Die Gotoh 2L/2R C Bass Tuners, Art, Nr. 253331, passen ohne nachzubohren, sind im Nu drauf und sowohl optisch als auch funktionell (1:20 Übersetzung) eine absolute Kaufempfehlung! Allerdings muss ich zur Ehrenrettung von Harley Benton sagen, dass in der kurzen Zeit ihres Daseins auch diese Mechaniken sauber gearbeitet haben. Isse sich also Sache von Geschmack:-)
Fazit:
Das ganze Hickhack bei den Einstellungen, ob nun original oder nicht, veranlasst mich dazu, bei Features und Verarbeitung einen Stern abzuziehen, was sich auch auf die Gesamtwertung auswirkt. Den Spaß am Instrument hat es mir allerdings nicht genommen (Im Gegensatz zu einer original Gibson, die ich mal hatte und deswegen zurückgeschickt habe), sondern es war eher lehrreich! Ich freue mich schon auf die erste Probe damit (Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen).
Für 199,- anstatt für 2500,- ein bischen Rickenbacker Feeling zu haben lohnt sich allemal. Letztendlich ist die Qualität für den Preis TOP. Und auch die Muckerpolizei wird beim Gig ab der dritten Reihe kaum noch erkennen, dass es sich um eine Kopie handelt (Denn ich habe in den USA noch ein custommade Trussrodcover bestellt :-))
Nachtrag:
Die Ernie Ball Super Long Scale, Thomann Artikelnr.: 266688, sind drauf und passen perfekt. Klingen erstmal korrekt und wie lange sie halten, wird sich zeigen.
Auch eine Antwort von Thomann bezgl. des Längenproblems habe ich erhalten. Sie sagten, sie hätten keinen Einfluss auf die Produktion. Wer dann, wenn nicht Thomann? Aber ich werde dort nicht weiter nachbohren.
Allerdings habe ich eine Liste mit Saitenlängen von dem fleißigen Mitarbeiter der Gitarrenabteilung erhalten: Vielen Dank dafür und den damit verbundenen Aufwand!
WICHTIG für Euch nun, wenn Ihr bei dem Modell Saiten wechseln möchtet:
Die Ernie Balls haben eine Länge von 38,25". Die Länge braucht Ihr mindestens für diesen Bass! Einige Super Long Scales haben eine Länge von 38", was wiederum einige Hersteller auch bei einfach Long Scale haben. Das dürfte nicht passen (Schade Elixier=38"), denn mit 38,25" ergibt sich bei den Ernie Balls auch mal gerade ca.1,5cm "Fleisch" über dem Sattel. Wer Längenangaben benötigt kann mich gerne kontaktieren, fragt die Thomänner oder muss Saiten, die sie/er bei einem anderen Bass aufzieht an den 414 anhalten.