Das ist die erste 12-Saiter E-Gitarre die ich je spiele - das 10mal teurere Vorbild kenne ich entsprechend nur vom Hörensagen und Videos. Also:
Features und Verarbeitung: Die Intonation ist auf allen Doppelchören sehr gut, ich hatte auch im 10. Bund keine Probleme. Das ist keine Selbstverständlichkeit, da die "tiefen" Chöre D - E jeweils aus einer umsponnenen, tieferen Saite und einer glatten, um eine Oktave höheren Saite bestehen, die sich allerdings jeweils einen Saitenraiter teilen - so wie das beim Vorbild auch Die Intonation ist also hier ein Kompromiss, aber es stört in keiner Weise, sie ist ab Werk auch richtig eingestellt. Lediglich die tiefe "E" - Leersaite klingt irgendwie komisch, vielleicht müssen einfach beide Saiten entsprechend verstimmt werden, so wie das zB bei einem Klavier auch ist. Ebenfalls dem Vorbild entlehnt ist die Anordnung der Saiten in den tiefen Doppelchören, dabei schlägt man beim Abwärtsschlag stets die tiefe Saite zuerst - anders wie die meisten 12-Strings eben.
Die Gitarre ist ab Werk mit 10er Saiten bestückt, die Saitenlage ist dabei erfreulich niedrig, die Bespielbarkeit ist sehr gut, auch Bends sind gut möglich. Sie sieht ganz gut aus, lediglich das Schlagbrett wirkt bei näherer Betrachtung etwas billig.
Der Hals ist angenehm breit, Akkorde lassen sich ohne Probleme greifen. Ich habe oft gehört, dass der Ricknbacker - 12saiter- Hals von Vielen als zu schmal empfunden wird.
Die Stimmung wird ganz gut gehalten, die Mechaniken arbeiten gut. Ich empfehle zwar unbedingt das Stimmen mit Stimmgerät, aber ich empfand die Prozedur trotz 12 Handgriffen nicht als allzu langwierig.
Die Humbucker (ARTEC) sehen nicht nur klasse aus, sondern eliminieren Netzbrummnen auch sehr effizient.
Die Potis (je 1x Vol und Tone) arbeiten geräuschlos und tun was sie sollen. Ein Wahlhebel lässt zwischen den beiden Pickups wählen oder beide parallel schalten.
Das Gitarrenkabel kann ohne großen Widerstand in die Buchse eingesteckt werden, wobei sie dann gut fest steckt. Schon kann es los gehen.
Sound: Clean kommt ein chorusähnlicher Effekt aus dem Verstärker. Besonders interessant ist die Parallelschaltung beider Pickups. Hier sind sehr "Akustik" - klingende Sounds möglich.
Der VOX AC 30 muss her: Ja, das ist der Sound, George Harrison lässt grüßen. Zu viel Zerre kann hier aber auch wirklich zu viel sein, die von den Doppelchören herrührende Modulation macht sich dann unangenehm bemerkbar. Ich denke, die Pickups sind genau richtig für die Gitarre, da sie die Vorstufe des Amps dadurch nicht so einfach übersteuern.
Das Instrument kling einfach klasse! Die korrekte Intonation und die Stimmstabilität tragen entscheidend dazu bei. Lediglich zwei Fragen bleiben für mich offen: Ist es normal, dass das tiefe E etwas "verstimmt" klingt. Auch frage ich mich, welchen Einfluss wohl der hohle Korpus auf den Sound hat. Letzteres insbesondere da (wieder in Anlehnung an das Vorbild!) die Saitenreiter - Konstruktion lediglich über 4 Schrauben Kontakt mit der Decke haben.
Insgesamt zweifelsohne eine Kaufempfehlung für jeden der glegentlich eine 12-Saiter braucht. Dass eine Rickenbacker tatsächlich 10 mal besser klingen soll, sei mal dahin gestellt...