Seit einer Woche besitze ich dieses Modell und ich habe immer noch Freude daran. Ich werde versuchen, meine Meinung über dieses Modell von Harley Benton objektiv zu schreiben. Ich möchte vorweg sagen, dass ich viele Jahre in einem Nebengewerbe Elektrogitarren entworfen und in Handarbeit gebaut habe. Möchte also behaupten, dass ich mich etwas damit auskenne.
Ich fange mal mit den negativen Punkten, die schnell beschrieben sind. Zuerst fiel mir das rel. hohe Gewicht auf. Sie hängt schon sehr stramm im Gurt und könnte bei einem längeren Gig etwas lästig werden. ;o) Nun gut, dann spielt man eben im sitzen. Die umlaufende Bindinglinie am Korpus ist stellenweise unregelmäßig. Sieht minimal ausgefranst aus. Die Roswell SC`s liefern einen, für mein Ohr, etwas zu dünnen, hellen Klang. Wenn Hals und neck Pus zusammen geschaltet sind wird der Klang plötzlich sehr "twängig" und rund. wirklich schön. Man bekommt einen Eindruck, was in dieser Gitarre wirklich steckt. Ein kleines Manko sind die Sattelkerben. von der D bis zur hohen e-Saite sind sie etwas zu hoch belassen. Wer sich auskennt und sich das zutraut kann das leicht beheben. Es lohnt sich!
Nun die positiven Seiten: Mich macht der Preis immer noch fassungslos. Die Lackierung ist bei meiner Gitarre tadellos. Der warme, honigfarbene Ton ist sehr geschmackvoll und schön und passt einfach zu diesem "Klassiker". Der Hals ist technisch einwandfrei. Bundstäbe stehen nicht über und sind akzeptabel abgerundet. Der Halsstab (Trussrod) tut was er soll und das gut. Die Halskrümmung ist feinfühlig einstellbar, nichts klemmt oder knarzt. Die Hardware ist solide und keine "billiger Blechkram" alles funktioniert zufriedenstellend und zuverlässig. Die Bridge sitzt optimal, so dass man die Mensur der Saiten gut in beide Richtungen einstellen könnte. Ich sage "könnte", weil das bereits gemacht wurde und sehr gut passt. Sollte man mit anderen Saitenstärken arbeiten kann die Gitarre problemlos darauf eingestellt werden. Der Lack an der Halsrückseite ist matt und sehr angenehm beim Spielen. Rein technisch gesehen ist an diesem Modell rein garnichts auszusetzen. Im Gegenteil. Für unter 200,-? bekommt man eine vollwertige "Telecaster" mit guten Hölzern und einer ansprechenden Optik. Wer Ahnung hat und sich mal ein paar Stunden in die Werkstatt verkrümeln will, der kann viele kleine, störende Dinge selbst beheben. Es wird sich lohnen. Mit Sicherheit werde ich, wenn ich Zeit und Lust habe andere Tonabnehmer einbauen, die Frets polieren und einen dickeren Saitensatz bei der Gelegenheit aufziehen. Aber das muß man nicht, die HB-Tele ist aus dem Karton spielbar und macht Freude. Mir sind im Laufe der Jahre teure Markengitarren unter die Hände gekommen, die im Vergleich richtig übel gebaut waren. Unakzeptabel würde ich sagen und das für einen Preis der 5x so hoch war.
Ich möchte diese Gitarre sehr empfehlen. Wer Wert legt auf solide Verarbeitung und gute Zutaten bei kleinem Budget, und der meint, dass ein guter Ton aus den Fingern und nicht aus einem berühmten Logo kommt, der wird mit Harley Benton zufrieden sein. Ich überlege sogar ernsthaft, ob ich Harley Benton nicht zu meiner persönlichen Kultmarke mache. Die Instrumente haben das Zeug Sammlerstücke zu werden. ich besitze seit längerem einen HB- Longscalebass und er ist auch grandios! ;o))
Nachtrag:
Nach 6 Monaten habe ich die Saiten gewechselt und mir bei dieser Gelegenheit die Gitarre nochmal genauer angeschaut.
Folgende Mängel sind aufgefallen:
Eine von den 4 Halsschrauben war schief eingedreht + überdreht. Ich musste diese Stelle aufbohren, mit einem Dübel verschliessen, damit die Schraube wieder sauber eingedreht werden konnte.
Alle Mechaniken mussten nachgezogen werden, da sie sich gelockert hatten.
Die Verarbeitung der Frets war mangelhaft. Das fiel mir auf, als ich die Saitenlage und die Halskrümmung optimieren wollte. Die h, e und D Saite schnarrten ab dem 10/11 Bund, bzw. lagen am nächsten Bund auf. Es blieb nichts anderes übrig als die Saiten runter zu nehmen, den Hals so gut es mit dem Trussrod ging gerade zu stellen und sämtliche Bünde abzurichten. Ich bin froh,dass ich das mal gelernt habe. Nach 2 Stunden schleifen, nachverrunden und Polieren konnten ich die Saiten wieder aufziehen, die Halskrümmung justieren und die Gitarre für 24 Std wegstellen. Nach erneuter Einstellung der Saitenreiter und der Halskrümmung lagen die Saiten dann ca. 0,5 bis 0,7mm tiefer. Das Schnarren war beseitigt und die Bespielbarkeit ist nun angenehm.
Ich werde meine Bewertung nicht nach unten korrigieren, da beim Kauf von solch günstigen Gitarren klar sein muß, dass solche aufwändigen Feinarbeiten bei dem Preis nicht drin sind. Vielmehr wollte ich zeigen, dass man solche Instrumente durchaus aufwerten kann, wenn man die Werkzeuge und die Fertigkeiten hat. Ich habe durch diese Arbeiten nun ein weiteres Instrument, das technisch mit hochwertigen Gitarren mithalten kann. Ich kann auf teure Marken verzichten und habe durch Eigenleistung trotzdem technisch einwandfreie Gitarren, die sich hervorragend spielen lassen und sehr gut klingen. Zumindest in meiner Band hat sich noch keiner beschwert. ;o)