Es ist mir absolut schleierhaft, wie Thomann dieses Teil zu dem Preis anbieten kann. Ich habe 79,- Euro bezahlt; für alle, die das Ding in ein paar Jahren bestellen (wenn der Preis also bei 129,-€ liegt): Ätsch :D
Mittwochnacht auf der Couch bestellt und Freitagvormittag bei mir - so schnell habe ich noch nie eine Bestellung von Thomann erhalten.
Ich setze die Gitarre nur im Studio ein und da ich eigentlich ein Les Pauler bin, brauche ich nur ganz ganz selten mal einen Telesound. Das hier war mein vorsichtiger Erstversuch in der Richtung, da meine ST-70RW Stratkopie von Harley Benton schon sehr gut war und meinen seltenen Bedarf an Stratsound perfekt abdeckt. Warum also nicht auch bei ner Tele eine Harley Benton versuchen?
Der Reihe nach:
Ich habe das Fotomodell bekommen, das Ihr auf den Produktfotos seht (und wie üblich ein Originalfoto in einem Umschlag mit einem netten Text dazu, super Sache). Die Gitarre ist makellos, das Setup war sehr gut (vielleicht wurde sie auch für Sounddemos genutzt), aus dem Karton absolut spielbar. Die Saitenlage ist für meinen Geschmack immer noch 'nen Millimeter zu hoch, aber das ist eben Geschmackssache. Mit dem ersten Saitenwechsel werde ich nochmal ein Setup nach meinem Gutdünken machen und dann ist sie perfekt.
Das Gewicht liegt übrigens bei gut ausbalancierten 3,6kg für die gesamte Gitarre.
Der Lack ist der Hammer. Echtes Candy Apple Red auf einer Metallicgrundierung, super sauber lackiert und mit Polyurethan versiegelt. Beim PU-finish war die Fabrik auf jeden Fall sparsamer als zum Beispiel Epiphone, die die Teile wahrscheinlich in dem Zeug baden. Dadurch fühlt sich der Body immer noch nach Holz an und nicht wie ein Hartgummikorpus.
Der Hals ist matt gefinisht, hat eine C-to-D Form (untere Bünde C-, ab 4. Bund dann D-Form) und ist genau richtig für die Hände eines 1,80m Mannes. Nicht slim, nicht Baseballschläger - irgendwo dazwischen. Die Verarbeitung ist auch hier makellos, die Fretmarker sitzen etwas außermittig auf dem Griffbrett, das durch die etwas andere Farbe wie ein Holzbinding aussieht. Nettes Detail: Die Bundschlitze sind an den äußeren Enden mit einem ahornfarbenen Füller versteckt worden. Die Bünde selbst sind, wie bei HB üblich, etwas rau und nicht sehr hochwertig gefeilt worden. Aber es stehen keine Bundenden heraus und scharfe Kanten gibt es auch nicht. Der Bunddraht ist in seiner Stärke eher "vintage", keine Jumbofrets, nicht mal Medium-Jumbos. Beim Setup werde ich also die Bünde einmal vorsichtig abrichten, verrunden und polieren. Das mache ich aber mit jeder Gitarre, egal wie teuer sie war, und daher gibt es keinen Punktabzug dafür. Nötig ist es auch nicht, aber ich möchte jede Gitarre so haben, dass sie sich wie ein handgefertigtes Einzelstück anfühlt; egal wie teuer sie war.
Der Sound ist Tele-ish. Sie klingt nicht wie eine Fender oder Squier, der Stegpickup ist etwas zu schrill dafür und dem Halspickup fehlt dafür der Druck. Aber: sie klingt wie eine Tele-artige Gitarre klingen sollte. Steg schön "twangy", Hals schon weich und warm, Mittelposition ist der gewünschte Mix. Ich werde irgendwann die Pickups gegen besser klingende austauschen, aber das hat Zeit, denn die TE-20 klingt jetzt schon gut. NIcht sehr gut, aber gut. Unter Berücksichtigung des Preises klingt sie allerdings phänomenal: kein übermäßiges Brummen, keine mikrofonischen Nebengeräusche.
Die Hardware ist absolut in Ordnung. Es muss ja der billigste Kram sein, den man für diesen Preis einbauen kann, aber der Billigkram funktioniert. Die Intonation ist aus dem Karton heraus fast perfekt (+- 5-10 Cent je nach Saitenpaar, die obersten beiden Saiten sind spot on). Die Wirbel arbeiten ohne Probleme und halten die Stimmung gut, das notwendige Nachstimmen liegt eher an den neuen Saiten und dem Plastiksattel, der die Saite hier und da mal frisst. An der Ashtray-Bridge gibt es keine scharfen Kanten, das Saitendämpfen geht problem- und schmerzfrei von der Hand.
Fazit: Wer, wie ich, nur mal für den oder anderen Song einen Telesound braucht, ist mit dem Teil hier besser als gut bedient. Jeder Einsteiger kann hier ebenfalls bedenkenlos zuschlagen - für den Spotpreis bekommt man eine gut klingende, sehr gut funktionierende und wirklich gut aussehende E-Gitarre. Ich habe gelesen, dass die blaue Variante bis zu einem Kilo schwerer sein und hier und da in der Verarbeitung nicht so super sein soll. Um so glücklicher bin ich, dass ich mir die rote gegönnt habe. Die Gitarre dürfte meiner Meinung nach auch die üblichen 199-299 Euro für eine Harley Benton kosten und wäre immer noch ein Schnapper.
Für einen "Na mal gucken was für einen Schrott man zu dem Preis bekommt"-Versuch, habe ich den Jackpot geknackt. 6 von 5 Sternen dafür.