...um mal den Liedtitel von Tocotronic gnadenlos zweckzuentfremden. Tatsächlich wird der Cobalt 8m (mit Software Version 1.0) der Herausforderung analoge Klänge auf rein digitalem Wege zu erzeugen weitestgehend gerecht. Und das auch ohne ein konkretes analoges Vintage-Vorbild zu imitieren, was ich Modal hoch anrechne.
Insofern entspricht dieses Instrument zunächst voll meiner Erwartung. Im Zeitalter von günstigen und teilweise umwerfend gut klingenden Software-Synthesizern stellt sich vermutlich jeder Mensch mit endlichem Einkommen und domestiziertem Gear Acquisition Syndrome die Frage, warum ein Hardware-Synthesizer angeschafft werden soll.
Rein analoge Klangformung könnte ein Grund sein, und dieser Markt wird ja bereits ausreichend in allen Preisklassen beliefert, aber warum virtuell analog?
Meine Motivation war: Ich sitze mehr als acht Stunden pro Werktag vor diversen Bildschirmen und möchte das nicht auch noch in meiner Freizeit durchgehend tun. Außerdem schätze ich die haptische Erfahrung beim Schrauben an Klängen, was mit einer Maus in der Hand nicht gelingen kann.
Für den Cobalt8 spricht darüber hinaus die Idee, die altbekannte subtraktive Synthese im Oszillatorbereich um innovative Signalerzeugungsmethoden zu bereichern. Das ist etwas, das bei rein analoger Klangerzeugung nicht funktionieren kann und damit für mich das zentrale Alleinstellungsmerkmal des Cobalt8.
Die Modularversion des Cobalt 8 sieht dabei in meinen Augen sehr gut aus. Das Gehäuse ist grundsolide, die Encoder griffig, fest und ohne unangenehmes Spiel. Die Anordnung der Bedienelemente ist gut durchdacht und auch für größere Hände nutzbar. Das OLED-Display könnte in seinem "Rahmen" größer sein, ist aber durch den hohen Kontrast immer gut ablesbar. Das Taktil der Tasten ist für mich perfekt und die Federkraft des Joystick ebenso.
Das Gehäuse passt genau auf die ungenutzte Fläche meines Studiologic SL88 Grand. Beides zusammen ist ein haptisches Fest.
Das User Interface spricht schnell an. Alle manuellen Aktionen werden ausreichend schnell im Display widergespiegelt.
Die Klangschrauberei geht zunächst intuitiv von der Hand, und auch wenn die Algorithmen der Oszillatoren Neuland bedeuten, erschließt sich Ursache und Wirkung ohne Bedienungsanleitung. Letztere stellt übrigens ein erstes deutliches Manko dar. Das Manual verzichtet auf erklärende Diagramme, Signallaufpläne, so dass das Lesen und Verstehen eher mürbe macht. Was ein Diagramm auf einen Blick erschließen lässt, wird in gefühlten 1000 Worten erklärt - englisch oder deutsch, für mich kein Unterschied.
Die Intuition der Bedienung verliert sich ein Stück weit an der Stelle, wo Modulationen ins Spiel kommen. Hier muss schon angestrengter nachgedacht werden, um zum gewünschten Ziel zu kommen, was daran liegt, das man die Zuordnung der ModSlots im Kopf haben muss und die Funktion der LFO-Encoder stets doppelt belegt ist.
Das Filter wiederum ist wiederum super-intuitiv steuerbar. Klanglich wird es bei niedriger Filtergüte (Q) dem analogen Pendant gerecht. Dreht man die Tiefpassresonanz auf ist das Resultat nicht mehr ganz so überzeugend. Der Klang wird zuweilen etwas zaghaft, kraftlos, hinfällig. Dreht man bis zur Eigenresonanz auf erklingt ein verhaltenen Zwitschern.
Was kein Problem wäre, wenn sich der fehlende Körper wieder in der Effektsektion zurückholen ließe. Hier lässt sich auf eine ganze Reihe von Effekten zurückgreifen. Doch wirklich überzeugend finde ich hier fast nichts. Beim Chorus finde ich zum Beispiel keine Einstellung die etwas taugt, was daran liegt, das ein Mehr an Choruseffekt mit einer Abnahme an Klangdichte einhergeht.
Beim Reverb kann man schon eher eine zufriedenstellende Einstellung finden, wenn man es nicht übertreibt. Delay geht in Ordnung, macht den Sound aber auch etwas dünner. Ping-Pong Delay ist sogar ganz gut.
Was gänzlich fehlt ist ein brauchbare Verzerrung. Hier sollte Modal dringend nachbessern. Denn trotz Fraktal- und Chaos-Algorithmen im Oszillatorbereich und Bitcrusher in der Nachbearbeitung: Es fehlt der nuancierte analoge Dreck im Sound.
Insgesamt betrachtet ist die Effektsektion ein echter Wehrmutstropfen, hier verspielt Modal leider einen Teil des gewaltigen Potentials, den der Cobalt8 definitiv hat.