Ich nutze seit ca. einem Jahr einen Beyerdynamic DT1990pro, um meine im heimischen Umfeld gemachte elektronische Musik beim Produzieren und Mischen abzuhören. Aber irgendwie bin ich mit den 1990ern nicht so richtig warm geworden, hatte aber mangels Vergleich keinen Anhaltspunkt warum. Aus der Unzufriedenheit heraus habe ich mir dann den NDH30 bestellt, da ich aufgrund Nutzung meiner eingemessenen Neumann-Abhöre (310-750-310) ein extrem guten Eindruck von der Firma habe. Die Kopfhörer machen einen recht wertigen Eindruck, der allerdings meiner Meinung nach die Fertigungsqualität des 1990er nicht übertrifft. Ich betreibe den Kopfhörer an einem SPL Phonitor 2 mit aktivierter Matrix. Letzterer trägt übrigens gegenüber dem Ausgang des RME UCX nochmal deutlich zur Steigerung des Klangerlebnisses bei! Beim Wechsel zwischen dem Beyerdynamic und dem Neumann war ich wirklich erschrocken, auf was für ein nervöses Etwas ich mit Nutzung des 1990ers die ganze Zeit gehört hatte! Der Klang der beiden Kopfhörer könnte unterschiedlicher kaum sein, und für mein Hörempfinden und die von mir gehörte elektronische Musik zeigt der Neumann ein klanglich facettenreiches Bild, wo vorher flache Ebene war. Der 1990er hat sicherlich seine Berechtigung, und nicht umsonst gilt er bei vielen Nutzern als "der" Studiokopfhörer, aber für mich ist er im langen Prozess des Aufbaus und der Soundspielereien - speziell in den oberen Lagen - viel zu detailreich, so dass meine Ohren schnell zu machen. Aber das nur nebenbei...
Der Bass des NDH30 ist deutlich detailreicher und ausgeglichener, ohne zu wummern, unkoordiniert vor sich hin zu schwingen oder irgendwie zu verfärben. Selbst Tiefbass kann man damit gut abmischen und erkennt sofort das leise krächzen einer Amp-Simulation, die falsch eingestellt ist. Das habe ich auf den Beyerdynamic schlicht gar nicht erst gehört, da die bereits erwähnte "Nervosität" in den Höhen meine Ohren bereits nach kürzester Zeit völlig überfordert hatten und der Bass auch nicht gut genug aufgelöst ist. Und wenn die Ohren erst mal "zu" sind......
Die Tiefen Mitten sind extrem reaktionsfreudig und die Höhen für mein Gefühl angenehm zurückhaltend, ohne dabei dumpf zu klingen. Beim direkten Wechsel zwischen dem 1990 und dem 30er denkt man zwar erst mal, puh, die sind aber dumpf, aber wenn das Gehör dann nach einer gewissen Zeit wieder funktioniert.... ;-)
Mein erster spontaner Test nach dem Auspacken war das Anhören eines Youtube-Videos ("Faithless Tribute Mix - Maxi Jazz..RIP"), und die darin befindlichen Sequenzen knallten mir so wuchtig, trocken und trotzdem warm entgegen, dass ich spontan zu quieken anfing. Eine ganz großes Vergnügen, so, mit dem Neumann, Musik zu erleben!
Was mir im Weiteren noch positiv aufgefallen ist, ist die durch die wegfallende Schärfe der Höhen bessere Fokussierung auf den Mittenbereich. Natürlich ersetzen die NDH30 keine NS10, aber für einen Kopfhörer nicht schlecht!
Einen kleinen Kritikpunkt muss ich aber dennoch loswerden, denn der kleine 4-polige Klinkenanschluss, der am rechten Hörer eingesteckt wird, erinnert eher an meinen Walkman aus Kindertagen als an einen professionellen Kopfhörer. Zwar ist eine Sicherung in Form eines Bajonettverschlusses angebracht, aber eben alles nur aus Kunststoff.
Da ist der Beyerdynamic mit seinem Mini-XLR deutlich besser aufgestellt!
Aber Alles in Allem ist der 30er von Neumann für mich ein wahrer game-changer, der mir, hätte ich ihn früher gehabt, viel Frust erspart hätte!
In meinen Augen (zumindest für elektronische Musik) ein "must have"!
Nachtrag: Ich habe Gelegenheit gehabt, einen Audeze LCD-X im direkten A-/B-Vergleich hören zu können, und ich kann sagen, dass sich selbst da der Neumann sehr gut schlägt!
Der Raum ist beim Audeze greifbarer und klarer, so dass man bei dunklen Synth-Arpeggios mit einem entsprechenden Raum fast das Bild vor Augen hat, die Impulse würden direkt vom Todesstern durch den Orbit auf einen zu gefeuert werden. Das ist schon wirklich imposant, mit welcher Weite, Tiefe und Klarheit der LCD-X in Verbindung mit dem Phonitor 2 da abbildet. Alles klingt obenrum schöner, runder und "teurer".
Gestört hat mich dann allerdings beim Audeze der Druck auf den Ohren, der durch den Bass erzeugt wird. Ich hatte mal in einem Test gelesen, der Audeze sei eher halboffen als offen, dem Druckempfinden nach würde ich das so bestätigen.
Allgemein ist er obenrum etwas offener als der Neumann. Aber das würde ich jetzt tatsächlich gar nicht als Nachteil des Neumanns werten, man muss die Ohren nur erst mal wieder an den Klang gewöhnen, dann kann man ihn stundenlang auf dem Kopf haben, ohne dass sich die Ohren verabschieden würden und das Klangempfinden bleibt bestehen.
Und dann die räumliche Auflösung des NDH30 in den Tiefen....! Da lässt der Neumann den Audeze mal sowas von links liegen, das ist schon eine schallende Ohrfeige, die der Audeze da kassiert!
Da wo der Audeze in den oberen Bässen flach bleibt, lässt der Neumann die vom Delay betroffenen Anteile munter durch den Raum tanzen, so dass man unweigerlich denkt, zwei unterschiedliche Mixe zu hören!
Nun muss ich natürlich noch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Neumann einfach besser mit dem SPL Phonitor 2 harmoniert, aber dann ist das eben so. Gleiche Chancen für beide Ohrhörer ;-)
Nachtrag 2:
Kurz (da kein Plazu mehr) zum Vergleich mit dem AKG812...
Der NDH separiert z.B. orchestrale Klangschichtungen, wo der 812 eine Klangwolke liefert.
Der Klang vom NDH ist im Zentrum deutlich näher und direkter, während der 812 etwas distanziert scheint.
Die Höhen wirken beim 812 leicht "grieselig".
2:0 Neumann :-)
Und ein Vergleich zum HEDDphone:
NHD30 separiert auch hier besser komplexe Klanggeschehen, färbt aber im Vergleich! Änderung in der Phase?
HEDDphone hat eine engere Bühne, ist noch direkter und gefühlt frei von Färbungen!
Transienten der Wahnsinn!
Endgegner!
Ich könnte noch so viel schreiben... :-)