Zunächst einmal wie schon im Titel angedeutet ein großes Lob für das Gesamtkonzept!
Wie man es schon von den älteren Digitalmixern von Presonus kennt, ist das ganze System insgesamt gut durchdacht, und wenn man sich ein bisschen eingearbeitet hat, kann man mit dem System gut arbeiten.
Klingt sehr gut und transparent - ich habe zu Testzwecken eine Livekonzert-Mehrspuraufnahme gemacht mit ca. 20 Eingangsquellen.
Die Konstruktion ist super solide, nix wackelt, alles so wie es für ein Profigerät sein soll...das System arbeitet (bei mir auf einem Macbook Pro Max M1) super stabil.....selbst wenn die Control-Software manchmal abstürzt läuft das Recording "unter der Haube" stur weiter durch! Bravo!
ABER: So einige Schwächen und mir unverständliche Dinge habe ich dann doch feststellen müssen:
a) Warum in aller Welt kann man im Jahr 2023 nur bis 48kHz aufnehmen? Klar gibt es eventuell einen Flaschenhals mit USB 2.0 (wobei man ja auch 3.0 verbauen könnte ;-)), aber das ist schon nicht so wirklich zeitgemäß, wie ich finde....alternativ könnte man ja ggfs. zumindest eine Art "MUX-Modus" anbieten, also bei höherer Samplerate weniger Kanäle I/O oder sowas...
b) Die Software UC lässt schon ein bisschen zu wünschen übrig ......also schnell arbeiten ist damit echt schwierig....Die ganze Aufmachung und Aufteilung der Menüs ist zumindest teilweise wenig intuitiv. Und vor allem nerven zwei Dinge extrem:
1. Die Darstellung der Eingangskanäle ist sehr breit gewählt und lässt sich nicht skalieren, und man scrollt deshalb dauernd wie wild durch die Gegend und hat keine rechte Übersicht.
2. Änliches Manko: Es gibt keine Übersichtsseite über alle Kanäle für die Pre-Amps! Also alle Pre-Amp-Regler mit Eingangspegeln in einer Gesamtansicht....ein schnelles und effizientes Arbeiten im Live-Recording-Betrieb ist damit fast unmöglich, weil man um schnell mal "alle (Recording-)Fader hochzuziehen für jeden einzelnen Kanal diesen anklicken (und vorher finden) muss, um dann dort den kleinen runden Pre-Amp Knopf hochzudrehen. Dann das Gleiche mit dem nächsten Kanal....währenddessen sieht man aber nicht, ob mittlerweile woanders "rote Lampen" angehen.....es gibt zwar eine Gesamtübersicht über alle "Meters", dann sieht man aber eben auch nur genau diese und sonst gar nix mehr....alles in allem ungünstig gelöst....;-(
c) Noch so ein Beispiel für umständliche Bedienung:
Wenn man für die 32 Eingangskanäle die Signalquelle festlegen will und dabei unterschiedliche Quellenarten nutzen möchte (also z.B. einen Mix aus analogen Eingängen, USB (=Signal kommt vom Computer, wenn man das System direkt als Mehrkanal-Audiointerface nutzen möchte wie in meinem Fall), muss man erst die "Art" als Kategoriereiter auswählen, also z.B. "Analog" und dann auf die jeweiligen Kanäle klicken....viel schneller wäre ein kleines Drop-Down-Menu, wenn man auf den Kanal klickt....so dauert das echt viel zu lange....
d) Das Routing ist genauso toll und intuitiv wie das von RME ;o))))
Leider gibt es auch hier keinerlei Möglichkeit, gleichzeitig die Meters im Auge zu haben, während man ein Signal "sucht"......das ist extrem nervtötend....vor allem, wenn man noch nicht so fit an dem Gerät ist...
e) Ein wie ich persönlich finde ziemlich sinnloses Feature ist der "Mute All"-Button an der Frontseite....zumindest so wie er softwareseitig konfiguriert ist! Der mutet einfach nur alle Kanäle im Software-Mixer der UC.....das hat aber keine Auswirkung auf die Kanäle in der DAW! Die kriegen munter weiter Signal....wenn man also den Button eher so als schnell zugänglichen "Notfall-Knopf" für umfangreiche Feedbacks oder oder heftige Überpegel versteht, macht das so keinen Sinn....wenn man schon einen extra "DAW-Modus" einbaut, sollte das auch anders gelöst sein.
f) Was ziemlich blöd ist, wenn man das System für eine Art "Stand-Alone-Remote-Recording-System" mit langem Netzwerkkabel nutzen will ist, dass es ja keine (günstige) Möglichkeit gibt, sowohl Steuerung der Preamps als auch Audio über ein Netzwerkkabel zu übertragen - oder zumindest durch zwei....hier wird es recht frickelig...ich habe das Ganze so gelöst, dass ich über das Mac-Coreaudiosystem ein "Multigerät" eingerichtet habe mit einem zweiten kleinen Interface, das dann am Abhörplatz sowohl die Monitor-Outputs als auch einen Mikroeingang für Talkback geliefert hat. Dafür musste ich aber dann wiederum mit einer USB-KVM-Verlängerung über Ethernetkabel arbeiten....eine direkte Ethernetverbindung unterstützt keine Steuerdaten. Um diese über eine weitere Ethernet-Verbindung nutzen zu könne, braucht man dann auf jeden Fall schon einen Router (will ich im Livebetrieb auch nicht unbedingt als weitere Fehlerquelle haben) und/oder weitere Gerätschaften für AVB bzw. einen kompletten weiteren Live Series Mixer....uncool...
So. Nach all dem Gemecker am Ende auch nochmal ein bisschen positives....wie schon erwähnt ist der 32R ein gut klingendes, sehr solide verarbeitetes System mit richtig viel Ein- und Ausgängen, die sehr flexibel konfiguriert und genutzt werden können. Auf der Softwareseite gibt es ne Menge Schatten, aber wenn man keinen Zeitdruck hat, spielt das eher eine untergeordnete Rolle....Ich hatte bei meinem Test stets das Gefühl mich 100%-ig auf das System verlassen zu können - und das ist ja auch schon ne Menge wert! ;o)