Der Autor, der leider nicht mehr unter uns weilt, war ein bekannter Celloprofessor, und das Buch ist wohl primär an Studenten, d.h. fortgeschrittene Cellisten gerichtet. Es soll ihnen helfen, Bewegungsabläufe zu optimieren mit dem Ziel, flüssiger, genauer, wohlklingender und mit weniger Angestrengung zu spielen und damit Freiraum für individuelle Interpretationweisen zu schaffen.
Trotzdem liefert es auch mir als erwachsenem Einsteiger sehr viel essentielle Information, die ich in anderer Literatur nicht finde. Der Autor hat sich die Mühe gemacht, für praktisch sämtliche Bewegungsabläufe (Bogenführung, Griffe, Lagenwechsel usw.) die Teilbewegungen der einzelnen Gliedmaßen zu analysieren und unter Berücksichtigung physikalischer und physiologischer Aspekte detailliert zu beschreiben. Dadurch wird schnell klar, worauf es bei jeder dieser Bewegungen tatsächlich ankommt.
Der Autor vermeidet wenig aussagekräftige Begriffe wie bspw. "locker", "kraftvoll" bzw. füllt sie situationsbezogen mit Inhalt. So erläutert er genau, welche Muskelpartien an einer Bewegung aktiv und welche nur passiv beteiligt sind, in welcher Bewegungsphase die einzelnen Gelenke in welcher Weise durch Muskelkraft, Schwerkraft, Federkraft der Sehnen oder den Restschwung einer bereits stattfindenen Bewegung gesteuert werden. In vielen Bereichen (bspw. beim Vibrato oder beim Lagenwechsel im Legato) stellt er auch mehrere mögliche Alternativen zur Umsetzung vor und zählt dabei die jeweiligen Vor- und Nachteile auf.
Da das Buch ausschließlich die Bewegungstechnik behandelt, ist es nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu üblichen Celloschulen, Etüdenheften u. ä. zu sehen. Es ersetzt natürlich erst recht keinen guten Cellolehrer. Wenn man allerdings ? aus welchen Gründen auch immer ? auf einen solchen verzichten will oder muss, ist dieses Buch meiner Meinung nach Pflicht.
Wegen der sparsamen Bebilderung, praktisch nicht vorhandenen Notenbeispielen und des etwas wissenschaftlich klingenden Schreibstils wird sicher der eine oder andere das Buch als zu trocken empfinden. Für mich ist es trotzdem (oder vielleicht sogar gerade deswegen) eine große Hilfe auf dem steinigen Weg zum Amateurcellisten.