Durch eine Forumsdiskussion über das sE8 wurde ich auf den Hersteller sE Electronics aufmerksam. Auf dessen Website stieß ich dann auch auf das V7 X.
Zuerst dachte ich, vielleicht noch so ein Shure-ähnliches Mikro aus China. Aber ein Blick in die Daten sagte mir dass das V7 X eher in Richtung Sennheiser MD 421 oder beyerdynamic M 88 TG klingen sollte. Das machte mich neugierig und skeptisch zugleich. Also einfach mal bestellt.
Die Bässe und das breite Präsenzplateau sind da wie erwartet. Dann wollte ich mal sehen wie gut es sich linearisiern lässt. Also mit einem High-Shelving-Filter -3 dB bei 2kHz eingestellt. So klingt es voll, sehr natürlich, ausgeglichen und völlig frei von Schärfe. Fast noch beeindruckender sind die ausgesprochen sauberen Höhen. Hier drängt sich nichts auf aber alles ist da. Im Vergleich mit Sennheiser MD 441 einerseits und Schoeps CMC 641 andererseits ordne ich das V7 X dazwischen ein.
Das Off-Axis-Verhalten ist für Close Miking und Live-Beschallung ausgelegt. Von dem was ich im Vergleich zu dem MD 441 hörte, erwarte ich eine ähnlich gute Rückkopplungsfestigkeit.
Das V7 X hat auch ein paar Macken. Es riecht etwas wie nach Öl oder Werkzeug. Es hat keine Brummkompensationsspule (kann man in der Preisklasse auch nicht erwarten). Der interne Poppschutz ist rudimentär und kann z.B. mit dem MD 441 nicht mithalten. Für Gesang oder Querflöte würde ich es also eher nicht nehmen. Auch die Federung der Kapsel ist nicht annähernd so gut wie beim MD 441 (Beim Auswecheln des Schaumstoffs bemerkte ich, dass der Schaumstoff etwas Geräusche macht; die Federung selbst ist OK).
Vergleiche mit dem "Industriestandard" SM57 kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe es extra aus dem Schrank geholt und da war er wieder, der etwas grelle Sound ohne echte Höhen. Kein Vergleich.
Aufgrund der guten ersten Eindrücke habe ich 5 Wochen später noch eins bestellt. Die Seriennummern (ja, jedes hat eine) sind gut 500 auseinenader. Das neue Mikro riecht etwas weniger. Matching-Test (gleicher Pegel, nebenenander, Phase gedreht): Nahezu frequenzunabhängige Auslöschung über 20 dB. Das heißt die sind näher als 1 dB beienander. Die Fertigung scheint stabil zu sein.
Liveeinsatz an der Snare: Bisher nutzte ich hier oft das MKH 50, weil das Besenspiel einfach endgeil rüberkommt. Das MKH ist auch sehr hart im Nehmen und es hat einige Hits klaglos ausgehalten. Trotzdem, auf Dauer ist es für die Position zu schade. Also mal das EQ-Preset vom MKH 50 auf das V7 X umgearbeitet und auf Anhieb war der Sound der Snare so wie ich es haben wollte.
Es wäre sicher auch ein sehr gutes Tom-Mikro. Etwas doof ist dann die Größe - es ist ja nicht unhandlicher als ein SM57 aber so kompakt wie ein e604 wäre schon schön -- moment mal --- sE hat sich das wohl auch gedacht und bringt gerade wo ich das hier schreibe die V SERIES heraus und das V BEAT hat genau den gleichen Kopf wie das V 7 X, ist also klanglich äquivalent. Also mal das e604 herausgeholt und verglichen. Das V 7 X blendet seitlich und rückwärtig etwas besser aus als das e604. Respekt. Die Halterung V CLAMP sieht auch sehr vielversprechend aus.
Liveeinsatz für Saxophon und Klarinette: Mit dem abgesenkten Präsenzplateau gestartet, etwas untere Mitten dazu - fertig ist der natürliche Sound, weich und doch klar. Die gute Rückkopplungsfestigkeit hat sich hier auch bestätigt.
Ich bin mit dem V 7 X ziemlich zufrieden. Der Grundsound haute mich zunächst nicht um aber es reagiert toll auf EQ und ich bin schnell zu sehr guten Ergebnissen gekommen. Die kompakte Variante V BEAT mit V CLAMP wird sicher noch dazukommen.
(huch, das war jetzt aber viel Text...)