Nach vergleichsweise ernüchternden Erfahrungen mit einem an der Phantomspeisung des Sony PXW-X70 penetrant rauschenden Rode NTG2 griff ich zähneknirschend zum teureren Sennheiser. In den nackten technischen Daten bestehen zwischen NTG2 und MKE 600 vergleichsweise wenig handfeste Unterschiede - leicht höherer Grenzschalldruckpegel (im Akkubetrieb gibt es Einbußen bei beiden Produkten), etwas niedrigeres Eigenrauschen und merklich höhere Empfindlichkeit (21mV/Pa gegenüber 15mV/Pa) beim Sennheiser. Das Rohde ist mit 280mm und 160g etwa 25mm länger und gut 30g schwerer als sein Konkurrent.
Beim MKE 600 jeoch:
- Betrieb mit 1.5V AA-Primärzellen UND(!) auch 1.2V Akkus möglich.
- Gut geschützter, separater Ein-/Aus(schiebe)schalter.
- Akku darf im Gerät bleiben, ohne daß er sich (wie beim Rode) über 150h entlädt.
- Bombenfeste Kontakte, da rappelt und klirrt im Betrieb nichts. Das Rohde mit seinen Kontaktfedern erzeugt gelegentlich wahrnehmbare Störgeräusche in der Aufnahme.
- Phantomspeisebetrieb funktioniert auch bei OFF, Zweifarb-LED zeigt den Betriebszustand.
- Unverlierbare, aufgeschraubte Batteriefachabdeckung mit präzisem Gewinde.
- Superpräziser XLR-Anschluß.
- Das Gehäuse ist aus Ganzmetall in schwarz-mattem Finish.
Zu den inneren Werten: Das Sennheiser überzeugt im Praxisbetrieb voll. Am XLR-Griff der Sony PXW-X70 werden spektakuläre Empfindlichkeiten bei gleichzeitig verschwindendem Eigenrauschen erreicht. Da bleibt das durchaus nicht üble, eingebaute Stereomikro weit zurück. Auch im Handbetrieb für Interviews unter erschwerten Umgebungsbedingungen und am Galgen ist das MKE 600 wegen guter Dämpfung von Handlinggeräuschen bestens geeignet. Bei Low-Cut auf "Off" überzeugt ein sehr linearer Frequenzgang mit unverfälschtem, natürlichen Klang. Zum Akkubetrieb und in asymmetrischer Beschaltung ebenfalls keine Beanstandungen. Den Schaumwindschutz würde ich draußen quasi zur Pflicht machen, oberhalb eines lauen Lüftchens fängt sich das Sennheiser trotzdem deutliche Windgeräusche ein. Hier muß ein Windfell oder Wind(schutz)korb her.
Fazit: Ich wollte erst nicht in dieser Preisklasse einsteigen, wurde aber eines Besseren belehrt und nutze mein "Lieblingsmikro" nun auch häufig am Zoom H4n Pro und fürs Homerecording (Voiceover), das AKG C1000s verstaubt. Sennheiser hat durchaus Recht mit dem Understatement: "Professionelles Richtmikrofon für Videojournalisten". Nicht nur die werden sich über ein rundum gelungenes Produkt "Made in Germany" freuen.