Seit einiger Zeit ist das Herzstück meines Homestudios das Studio 192 von Presonus, womit ich auch überaus glücklich bin. Da dieses Interface jetzt in mein großes Studio umziehen soll, sah ich mich in den letzten Wochen nach einem würdigen Ersatz um. Für den Nachfolger waren folgende Kriterien vorgesehen:
- Desktop-Design
- vernünftig ablesbare Meteringanzeige
- zwei Eingänge (völlig ausreichend für meine Arbeit im Homestudio)
- separate +48V Schalter für die beiden Kanäle
- hochwertige Vorverstärker und Wandler
- Direct-Monitoring
Nach dem, was an Informationen im Netz zu finden war, schien das SSL2+ die von mir gestellten Anforderungen zu erfüllen also bestellte ich es mir. Jetzt ist es endlich da und nach einem ersten Test hatte ich gemischte Gefühle. Da wo es wirklich drauf ankommt, macht das Interface einen wirklich guten Job. Nach meinem Empfinden, sind es nur einige weniger relevante Dinge, die das Gesamtbild etwas trüben.
Zuerst die Negativpunkte:
Die Verarbeitung ist zwar sauber, dennoch hatte mein Exemplar an einem der Füße etwas Spiel, sodass bei der Bedienung das Interface auf dem Tisch ein wenig wackelte (mich persönlich stört so etwas). Nachdem ich mit den Handflächen an allen vier Ecken vorsichtig Druck ausgeübte, hatte das Interface wieder einen festen Stand. Jetzt könnte man natürlich zurecht die Robustheit des Gerätes bemängeln, in diesem Fall war dieser Umstand jedoch hilfreich. Bleiben wir bei der Standfestigkeit. Aufgrund vieler Kunststoffkomponente ist das SSL2+ relativ leicht. Da die Füße mehr Kunststoff als Gummi sind, rutscht das Interface ohne größeren Kraftaufwand auf dem Tisch, wenn man versehentlich dagegen kommt. Ein weiterer Kritikpunkt ist der große Lautstärkeregler, der leider nicht so einen hochwertigen Eindruck macht wie die restlichen Potis, welche bombenfest verschraubt sind. Der große Regler ist leider etwas wackelig und man spürt beim Anfassen geradezu wie hohl das Bauteil ist. Noch wackeliger ist aber der USB-C-Anschluss, da kann schon mal die Langlebigkeit der Schnittstelle angezweifelt werden. Ein Netzschalter sollte meiner Meinung nach bei keinem Interface fehlen, da er es beim SSL2+ doch tut, muss ich das leider auch bemängeln.
Kommen wir zu den positiven Punkten:
Das Design ist praxisorientiert, die Bedienoberfläche ist sehr übersichtlich und logisch aufgebaut. Gut finde ich, dass die +48V Phantompower einzeln für die jeweiligen Inputs aktiviert werden kann. Alle Potis und Anschlüsse (mit Ausnahme des USB-C-Anschlusses und des Lautstärkereglers) sind stabil verbaut, die kleinen Potentiometer sind griffig und haben einen angenehmen Widerstand.
Der Klang des SSL2+ ist klar und nach meinem Empfinden ausgewogen. Bei aktivierter 4K Funktion gibt es einen Boost im mittleren und oberen Frequenzbereich, dadurch wird das Signal nochmal um etwa 2 dB angehoben und weiter in den Vordergrund gerückt (die rot leuchtenden Knöpfe sind also nicht nur zum Marketingzweck da). Insgesamt arbeiteten die Vorverstärker rauscharm und der Sound des SSL2+ kann als hochwertig bezeichnet werden. Mit der 4K Funktion ist also die Option gegeben, dem Sound ohne externes Equipment etwas Farbe zu geben.
Als positive Eigenschaft möchte ich noch den linearen Anstieg der Eingangslautstärke erwähnen. Es mag vielleicht eine Kleinigkeit sein, ermöglicht aber ein genaueres Pegeln der Eingangssignale. Beim Audien iD22, welches ich kurzzeitig besaß, war die Signallautstärke bis 3/4 der Potistellung fast konstant niedrig, ab dem letzten Viertel steil lauter und nach wenigen Millimeter extrem am rauschen. In diesen letzten Millimetern machte das genaue Pegeln keinen Spaß. Die Meteringanzeige des SSL2+ liefert mit fünf LED's genug Information, um die Signale vor Übersteuerung zu bewahren.
Auf meinem Windows 10 Rechner und unter Studio One 4 kann ich erfreulich niedrige Latenzen vermelden. Bei 24 Bit, 44,1 kHz und 64 Samples liegt die Latenz bei 2.95 ms, bei 128 Samples sind es 5.40 ms. Der Treiber ist unscheinbar, läuft aber stabil. Das Direct-Monitoring ist leicht zu handhaben und ist genauso simpel wie effektiv. So machen Aufnahmen Spaß!
Was gibt es noch zu sagen?
Oft gibt es Interfaces, die Probleme haben externe Audioquellen wie zum Beispiel Player oder YouTube bei laufender DAW abzuspielen. Der Treiber von meinem Studio 192 kann unterschiedliche Audioquellen vorbildlich selber managen, beim SSL2+ tauchte das oben genannte Problem auf. Dies lässt sich aber leicht beheben. Das Betriebssystem muss nur unter Audioeinstellungen auf die selbe Bit- und Samplerate eingestellt werden wie im Treiber des Interfaces bzw. in der DAW.
Um die E-Gitarre erklingen zu lassen, müssen LINE und HI-Z aktiviert sein. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht immer.
Ein Mute-Schalter für die Monitore wäre wünschenswert gewesen, kann man aber verschmerzen.
Das Fazit:
Nach einer kurzen Eingewöhnung geht die Arbeit mit dem SSL2+ schnell von der Hand und der Klang der Vorverstärker und der Wandler gefällt mir immer mehr. Das Desktop-Konzept finde ich gelungen, Alle Potis und Knöpfe haben genug Platz, man hat sämtliche Bedienelemente und Anzeigen sofort im Blick. Optisch gibt es an dem Gerät nichts auszusetzen, die Verarbeitung ist gut aber mit leichten Abstrichen. Für das Homestudio optimal, für den Road-Einsatz fehlt dem Interface leider die Robustheit. Insgesamt ist es ein gutes Interface, welches ich weiterempfehlen kann.
Nachtrag:
Nachdem ich an das Interface ein etwas hochwertigeres USB-Kabel eines Fremdanbieters angeschlossen habe, wackelt hier nichts mehr. Die Kritik bezüglich des USB-Anschlusses betrifft somit nur das mitgelieferte Kabel.