Ich war etwas länger auf der Suche nach einer richtig guten Headless-Gitarre. Mein Wunsch nach Multiscale, Tremolo und 7 Saiten in Kombination hat die Optionen stark eingeschränkt. Zum Glück gibt es Strandberg!
Gewicht:
Die Gitarre ist sehr leicht (ca. 2,5kg). Im stehen sehr angenehm. Das Gleichgewicht ist durch die Headless-Konstruktion deutlich besser als bei den meisten normalen Gitarren. Die kleine Kontur unter den Potis ermöglicht es, die Gitarre im magischen 45° Winkel zu spielen. Hierbei muss man aber mit dem rechten Arm etwas auf dem Korpus pressen, damit die Gitarre im richtigen Winkel bleibt. Dafür wurde aber die Kante entsprechend geschliffen, sodass es keine Kante ins Fleisch sticht. Das gilt im stehen als auch im Sitzen. Spielt man die Gitarre parallel zum Boden ist sie aber perfekt ausbalanciert.
Setup:
Die Gitarre war fast perfekt gestimmt, als Ich sie auspackte. Intonation war auch richtig eingestellt. Saitenlage war für meinen Geschmack aber viel zu hoch. Erstens möchte damit hauptsächlich Metal, nicht Jazz spielen. zweitens ist der Hals so gut, dass die Saiten sehr spät anfangen zu schnarren. Leider musste Ich darauf die Seiten sofort runterstellen und auch neu stimmen und Intonation einstellen.
Hals: Der Endurneck wird von vielen in den Himmel gelobt, jedoch finde Ich, er ist eher "nice to have". Er ist zumindest für mich weder besser noch schlechter als ein gewöhnlicher Hals. Ich bin jahrelang ohne ihn klargekommen. Was mir aber aufgefallen ist, war, dass der Daumen manchmal an den Kanten ankert. Das kann manchen Leuten vielleicht bei der Orientierung helfen. Ich empfehle einfach mal ausprobieren und schauen, ob es einem etwas bringt.
Die Lackierung des Halses ist irgendwie zwischen Hochglanz und matt.
Je nach Griffkraft kann der Daumen fest sein aber auch gut rutschen. Es bilden sich nie klebrige Schweiß- oder Fettflecken, die das Spielgefühl beeinflussen - sehr faszinierend. Ich glaube, jeder wird diese Lackierung mögen.
Dies ist meine erste Gitarre mit hochwertigen Stainless-Steel-Frets und ich war sehr beeindruckt von der Oberfläche der Bünde. Sie sind sehr glatt und glänzen schön. Die Kanten könnten jedoch etwas schöner aussehen. Man sieht kleine Lücken zwischen den Kanten und dem Griffbrett. Ich hoffe, das wird in den nächsten Jahren kein Problem. Zumindest jetzt fühlen sich die Kanten noch nicht unangenehm an. Das Leveling der Bünde ist sehr gut. Ich würde sagen es ist nah an dem Besten, was es so gibt. Damit lassen sich die Saiten sehr tief stellen, ohne zu schnarren.
Halskrümmung lässt sich sehr gut einstellen. Konvexe, konkave und keine Krümmung ist möglich. Der Hals macht keine S-Kurven oder sonstigen Blödsinn - sehr zuverlässig.
Beim Zero-Fret hat sich die zweite Saite etwas in den Bund eingeschliffen. Beim Benden knackt die Seite etwas, weil sie sich aus ihrer Vertiefung herausbewegt. Noch hat das keine Auswirkungen auf den Sound oder die Stimmung, aber eventuell muss man in ferner Zukunft den Bund polieren lassen.
Korpus:
Ich hatte mir die Lackierung etwas dunkler und glänzender vorgestellt. Anscheinend ist sie sehr dünn aufgetragen und teilweise kommt das gelbliche vom Holz sogar durch.
Der Korpus fühlt sich insgesamt klein an. Er hat eine große Kontur für den Bauch oder die Brust, dadurch kippt die Gitarre etwas nach hinten. Am Hals sind große Cutaways. Der kleine Finger kommt gut nach ganz oben aber der Daumen nicht, weil der Hals verschraubt ist. Der Daumen kommt bei den Kanten des Halses höchstens bis zum 16. Bund, bei der Mitte nur zum 15.
Die obere Schraube für den Gurt ist auf der Rückseite, sodass der Gurt sich nicht verdreht. Der Volume-Poti ist viel zu nah an der Brücke und meine offenen Finger kommen ständig dagegen. Als nächstes wäre der Schalter. Ich mag lieber die kleineren Hebel, weil die nicht so viel Platz einnehmen. Der Schalter ist sehr nah am Volume-Poti, man muss da also auch aufpassen, dass man nicht darankommt. Ich hätte deswegen den Schalter viel lieber auf der Spitze des Cutaways. Dann könnte man nämlich den Volume-Poti weiter runtersetzen und das Problem des Platzmangels für die rechte Hand wäre gelöst.
Der Output sitzt tief im Korpus, es lassen sich keine gewinkelten Kabel reinstecken. Auch die beliebten Plug-and-play- Drahtlossysteme passen manchmal nicht gut. Hier braucht man eventuell ein gerades Verlängerungskabel.
Brücke:
Diese ist bei Headless-Gitarren quasi das Herzstück. Ohne ordentliche Brücke läuft garnix. Diese Brücke hält die Stimmung extrem gut, auch bei vielem Herumspielen mit dem Tremolo. Saitenwechsel ist sehr einfach und schnell: Alte Saiten rausziehen, Stimmschrauben ganz nach vorne ziehen, neue Saiten rein, fertig. Mit dem Multifunktionswerkzeug lassen sich alle Schrauben der Brücke drehen. Die Stimmschrauben lassen sich schon so gut erreichen und präzise drehen, aber mit dem Werkzeug geht es noch besser. Es ist sehr zu empfehlen.
Die Saitenlage lässt sich leider nur in Stufen einstellen, denn die Schrauben, auf die die Saiten aufliegen lassen sich nur in 180°-Schritten drehen. Palm-Mutes fühlen sich gut an.
Besonders gut an der Brücke gefällt mir die Befestigung des Hebels, weil sich mit einer kleinen Schraube die Beweglichkeit einstellen lässt. Von ganz locker bis ganz fest geht alles.
Sound:
Der Gitarre klingt im allgemeinen eher neutral. Nicht besonders hell, dunkel oder auf eine andere Weise speziell. Dank der vielen Möglichkeiten in der Schaltung lassen sich viele Sounds erzeugen. Ich denke die Gitarre ist für jede Musikrichtung geeignet. Was etwas stört ist der Lautstärkeunterschied zwischen der Humbucker- und Single-Coil-Einstellung. Jedes mal muss man dann mit der Lautstärke schauen.
Zusammengefasst ist das Instrument trotz Kleinigkeiten dank der Ergonomie, der guten Brücke und der Stimmstabilität sehr zufriedenstellend. Ich empfehle sie weiter !