[Intro]
Hatte mir im Dezember letzten Jahres eine Strandberg Boden Fusion gegönnt, da ich schon davor großer Fan von Strandberg war und dieses Modell mir schon immer gefallen hatte. Standartmäßig sind in dieser ein HSS+ in der Bridge ein VL60P in der Mitte und ein SSV im Neck verbaut. Die Tonabnehmer, welche meine ersten Suhr-PUs waren, klangen grandios. Sie waren definiert, klar und waren nirgendwo zu sumpfig in den Bässen, alles war hervorragend artikuliert. Allerdings bin ich kein all zu großer Fan von Pickups mit hohem Output, da heut zu Tage Amps und Pedale mehr als genug Gain haben und ein PU mit weniger Pfiff deutlich mehr Charakter der Gitarre und des Spielers zulässt. Außerdem waren mir die Mitten des HSS+ zu fokussiert und die Höhen etwas bedeckt. Nach einigen Recherchen bin ich auf die Thornbucker aufmerksam geworden.
[Optik]
Gebürstetes Metall war schon immer ein Hingucker für mich, statt dem ganzen Glanz. Standartmäßig werden die Kappen von Humbuckern verchromt und spiegeln was das Zeug hält. Nicht der Thornbucker. Der Thornbucker besticht mit einem Raw-Nickel Finish, welches einer gebürsteten Optik sehr nahekommt und damit wunderbar mit dem matten finish der Gitarre harmonisiert. Ich finde es sollte mehr Tonabnehmerhersteller geben, die diese Option anbieten, da die Ästhetik einfach nur der Hammer ist und einfach urig wirkt.
[Sound]
Über die Jahre durfte ich nun schon einige Tonabnehmer testen und mein Eigen nennen. So hatte ich schon Seymour Duncan Blackwinter, SD Pearly Gates (PG), SD Alpha Omega (in meiner Strandberg 7-Saiter verbaut), Gibson Classic 57, EMG 85/60, EMG Het-set, sowie die in der Strandberg Verbauten Suhr-PUs. Ich werde also nicht drumherum kommen einige Vergleiche anzusetzen. Der Thornbucker ist in erster Linie eine PAF-Variation und liefert mit seinen 8,5k Ohm in seiner Plus-Variante einen moderaten Output. Es ist mehr als die >8k Ohm des PG, aber deutlich weniger als die ~14k Ohm des HSS+ und bietet somit einen guten Kompromiss aus vintage Output mit einem kleinen Pfund mehr. Auch der verbaute AlNiCo 4 Magnet tut sein weiteres, so besitzt der Thornbucker einen leicht moderneren Charakter mit definierten Höhen und einem straffen Bassbereich. Die AlNiCo 2 Kollegen PG und 57 hatten in meinen Tests immer wieder mit Problemen zu Kämpfen. 57 hatte einen zu dichten Bassbereich und dem PG mangelte es meistens an Saitentrennung (Definition der Höhen) für größere Akkorde. Die Dynamik und Ansprache des Thornbuckers sind grandios. Egal ob Stakkato für Metariffs, intime Cleansounds oder perkussive Fingerstyles der Tonabnehmer ist nie im Weg und lässt nahezu alles mit sich machen. Gerade für jemanden, der viele unterschiedliche Stilrichtungen spielt, ist dieser PU erstaunlich nützlich. Auch im Split, in Kombination mit dem VL60P in der Mitte, lassen sich sehr Stratocaster-ähnliche Sounds aus der Gitarre locken. Getestet habe ich das ganze an einem Victory V30 mit einer Vintage30 Simulation von Two Notes. Gerade im Cleankanal haben die Tonabnehmer einen angenehmen glasigen Klang, ohne dabei steril oder schrill zu klingen. Im Crunch bieten sie einen rissigen Sound, der wunderbar mit der Dynamik arbeitet. Allerdings würde ich sie nicht als ‚Cremig‘ bezeichnen, da sie dafür einen zu hohen Höhenanteil haben und es ihnen ein wenig an Mitten fehlt. 300k Potis können hier vielleicht Abhilfe schaffen, mir gefällt der Sound aber so wie er ist. Im Lead haben die Tonabnehmer genügend höhen um sich im Mix durchzusetzen, dabei haben sie trotzdem einen warmen Charakter, der gerade für Fusion-Leads perfekt ist. Das Attack ist sehr direkt und man hat das Gefühl einen sehr fokussierten Tonabnehmer zu haben, ohne aber in der Fülle des Sounds Einbußen zu machen. Die Tiefmitten sind etwas zurückhaltend, was bei größeren Akkorden den klang weniger stopfend macht. Der Bass ist straff, aber dennoch präsent und liefert ein angenehmes Fundament, auf dem sich mit Leichtigkeit druckvolle Powerchords spielen lassen. Die Reglung mit dem Volumpoti der Gitarre funktioniert einwandfrei (Treble-Bleed). Es macht einfach spaß mit diesen Tonabnehmern zu spielen, da man sich bei nahezu jeder Spielweise wie zuhause fühlt.
[Lieferung/Verarbeitung]
Die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben, ich habe weder Probleme noch Mängel an irgendeiner Stelle finden können. Der Fairness halber sei aber gesagt, dass ich bis jetzt noch nie Probleme oder Mängel mit nachgekauften Tonabnehmern hatte. Die Tonabnehmer kommen in einer ordentlich großen Plastikschachtel und sind darin gut gepolstert gelagert. Es werden Schrauben und Federn mitgeliefert. Wer die von Dimarzio und Seymour Duncan bekannten mitgelieferten Diagramme sucht ist hier leider fehl am Platz. Das ist gerade soweit ärgerlich, da das Colorcoding der Kabel von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich ist. Glücklicher weise waren die vorher eingebauten Tonabnehmer ebenfalls Suhr-Tonabnehmer, wodurch sich das Problem lösen lassen konnte. Interessant ist, dass Suhr das gleiche Colorcoding verwendet wie Seymour Duncan. Wer also Hilfe beim Löten braucht kann einfach die Anleitung von Seymour Duncan 1:1 verwenden.
[Fazit]
Der Thornbucker besticht mit seiner urig rohen Optik ohne dabei zu aufdringlich zu sein. Seine Klangcharakteristik erinnert an den typischen PAF-Sound mit einem leicht modernen Touch, was ihn deutlich vielseitiger macht als seine Kollegen. Somit lassen sich viele Stilrichtungen realisieren, egal ob Jazz, Klassikrock, 80s-Metal, Melodic Death Metal oder modern Progressiv, der Tonabnehmer ist nie im Weg und macht Spaß. Auch im Split oder in Kombination mit Singlecoils macht der Thornbucker eine gute Figur. Alles in allem ist der Thornbucker ein gelungener Humbucker, der seinen Preis alle Male wert ist. Wer auf der suche nach einem vielseitigen PAF-Sound ist, der sollte hier zugreifen.
Cheers Churchrill