...was für unter 600€ möglich ist!
Auf dieses Teil warte ich seit 20 Jahren!
Das Konzept an sich ist schon genial und so noch nicht dagewesen: kleines (gefühlt analoges) Livepult, 12-Spur-Recorder (sehr gute Qualität!) und DAW-Interface. Gerade die Kombination der ersten beiden Features hat mich wirklich überzeugt, und ich glaube, beim Liverecording in kleineren Projekten (was die Anzahl der Mikrofone betrifft) spielt das Gerät auch wirklich seine ganze Stärke aus.
Wer die einschlägigen Profi-Pulte gewöhnt ist, wird beim Auspacken erstmal kurz schlucken müssen: der erste Eindruck ist zwar nicht wirklich billig, aber die Potis wackeln bisschen, Spielzeug-Anzeigen (sofern überhaupt vorhanden), komische, schwergängige XLR-Klinke-Kombianschlüsse ohne Verriegelung, Menünavigation NA JA (der Taster macht jedesmal laut "klick", und so ein kleines Schwarzweiß-Display habe ich auch lange nicht gesehen - Namen editieren per Drehrad!!) und die Fader haben mich spontan an die alten Behringer-Analogpulte aus den 90ern erinnert.
Aber das ist wohl dem fantastischen Preis geschuldet, und ist ja eigentlich auch eine gute Strategie: konzentrieren auf das Wesentliche, und das richtig gut! Dass das Teil lange halten wird, bezweifle ich nämlich trotz des ersten Eindrucks nicht.
Das Konzept ist kanalweise, deshalb gibt es auch kein Routing, was schon etwas ulkig und umständlich ist. Mit einem Trick kann man aber doch "routen": man kann aufgenommene Kanäle nachträglich auf andere Spuren verschieben, so dass man beim Overdubben also nicht umstöpseln muss. Hier stößt das Konzept aber an seine Grenzen, z.B. sind die Kanäle 7/8 und 9/10 in stereo angelegt. Verschiebt man einen Mono-Kanal auf eine dieser Spuren, gibt es keine Möglichkeit, den Kanal auch in mono zu behandeln, er erklingt also hart auf links oder rechts gepatcht - ein Mono-Knopf im Kanal wäre da super. Nimmt man umgekehrt eine Mono-Quelle (Mikrofon, Instrument) direkt auf einen solchen Kanal auf, werden zwei identische Monospuren erzeugt. Naja.
Zum Mischen ist das Teil eh nicht so besonders: die Skala ist nicht sehr genau, keine Motorfader, EQs und Compressor sind rudimentär. Tracks könnnen nicht editiert (nicht mal gekürzt) werden. Alles in allem sollte man die Kernkompetenzen des Geräts also bei der Live-Beschallung mit gleichzeitigem Multitrack-Recording sehen, und zur Mischung dann die Plattform wechseln.
Als 12-Kanal-Interface (praktisch 10 Kanäle plus Livemischung, die man wohl eher selten weiterverwendet) per USB 2.0 funktioniert das Model 12 ebenfalls sehr gut, eine großartige Zugabe und Abrundung! Aber auch hier sehe ich den Einsatz eher im Recording, die DAW-Fernsteuerung fand ich umständlich: man muss komplett den Modus wechseln und hat dann eigenartige Neubelegungen der Potis, und mangels Motorfadern macht die Funktion irgendwie ohnehin keinen richtigen Sinn.
Aber trotz all der Kritikpunkte ein großes Lob an Tascam, dieses Gerät ist für Recording-Anwendungen bisher nicht dagewesen und Gold wert! Man spart sich viel Aufwand und Drumherum, nimmt On the Spot großartig klingendes Multitrack auf, importiert die Einzelspuren von der SD-Karte und verarbeitet sie in seiner gewohnten Studioumgebung weiter. Oder man macht mit minimalstem Aufwand spielend und luxuriös Overdub-Sessions, in denen auch die Mischfunktionen des Pults inkl. Hall, EQs, Compressor und 2 Headphone-Outs eine sehr gute Figur machen. Mit dem Model 12 werden daher - insbesondere in dieser Preisklasse - wirklich viele neue Möglichkeiten des Liverecordings denkbar und machbar, und dafür DANKE TASCAM!