Es ist das "Kleine Schwarze" für den Singer/Songwriter.
Das VoiceLive 3 Extreme (VL3X) ist m.E. die beste und kostengünstigste Effekt-Kombination für Stimme+Gitarre+Looper.
Preis/Leistung ist unschlagbar - daher volle 5 Sterne trotz Mängel bei Bedienung und Verarbeitung. Ich fokussiere nachfolgenden auf diese beiden Aspekte, weil ich hier wohl tiefer als manch anderer eingestiegen bin, halte aber an meinem positiven Gesamturteil fest: den VL3 will ich als Gitarrist und Sänger nicht mehr missen.
* Verarbeitung
Einen Punktabzug gibt es bei der Verarbeitung allerdings nur stellvertretend für die beiden notwendigen Rücksendungen, da ich nach dem Kauf zweimal (!) wegen technischen Fehlern ein Austauschgerät benötigte. <Werbeblock ein>Der Umtausch bei Thomann verlief aber bestens und hat mich zwar Zeit und Nerven gekostet, aber dafür sank in der Zeit der Preis um ca. 1/3 und Thomann hat mir die Differenz zurückerstattet</Werbeblock aus>.
Ansonsten ist mein aktuelles VL3X gut verarbeitet und robust.
* Bedienung
Ein zentraler Kritikpunkt ist die Unvollständigkeit der Bedienungsanleitung und das wird im Netz zu Recht vielfach thematisiert. Beim Spielen kommt einem da so eine Idee und dann fragt man sich welchen Knopf man wohl drücken oder drehen muss, und ob und wie das gehen soll?
** Bedienungsanleitung/Tutorials/Herstellersupport
Ja, das Teil ist zugegebenermaßen komplex. Dennoch finde ich unfassbar dass der Neueinsteiger, nach dem ausführlichen Studium des Handbuchs und unzähligen YouTube Video-Tutorials, noch immer nicht weiß, wie und wo er Anfangen soll. "Craig?s Corner? etc. sind eher witzige Werbebotschaften, die Einsteigerprobleme nur bedingt adressieren. Und ich halte es für eine idiotische und kundenfeindliche Idee, dass man sich mit grundlegenden Fragen ins Herstellerforum (bei Musiktribe) einwählen soll um, dann über den Austauch mit ?Experten? vielleicht die passende Antwort zu finden. Man stelle sich das plastisch mal am Beispiel Autokauf vor? es gäbe dann zwar keinen Führerschein, dafür aber die Aufforderung ?check in to our Online User Forum!?.
** Software: VoiceSupport 2 + VoiceLive 3 Editor
Niemand sagt einem, dass man unbedingt, neben der in der offiziellen Bedienungsanleitung zumindest erwähnten Verwaltungssoftware "VoiceSupport 2" (-, die so rudimentär ist, dass ich mir die Version 1 gar nicht vorstellen mag, -), auch die 3rd-Party Software "VoiceLive 3 Editor" benötigt, die der Brite Ian Cowdery unabhängig entwickelt hat. Warum braucht man die? - um die in bis zu 500 Kanälen (aka Preset) gespeicherten Voreinstellungen eleganter zu verwalten. Bspw. ist es sonst (fast) unmöglich für eine Gesangseinstellung im einen Preset, nur die Gitarren-Einstellung eines anderen Presets zu übernehmen. VoiceSupport 2 überschreibt immer den kompletten Preset, während VoiceLive Editor behutsamer vorgeht. Kleiner Tipp am Rande: beide Softwaren funktionieren wunderbar parallel und auch unter Linux in einer Virtual Box ohne gravierenden Performance-Verlust.
** Wie schön wäre es, wenn...
Was für die Bedienerfreundlichkeit wirklich fehlt, ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für einzelne Anwendungsfälle (neudeutsch ein ?Use case Tutorial?) - also in meinem Fall wäre die Geschichte, wie kommt ein Singer/Songwriter vom ersten HW/SW-Set-up bis zum ersten fertigen Mixdown, zu erläutern. Und da helfen die Video-Beispiele aus dem Internet nur sehr wenig - bzw. hat man nach dem vierzigsten Video weitgehend vergessen, nach welcher Problemlösung man eigentlich gesucht hatte. Das heißt, ohne einen Freund, der sich auskennt, braucht man einige Monate, um die Zusammenhänge und Gerätelogik soweit zu begreifen, dass man sein jeweiliges Ziel erreicht, bzw. weiß, wo man ansetzen kann.
* Was mir in der VL3X-Bedienung sonst noch fehlt
** es fehlt eine anständige Looper-Integration
Technisch ist der integrierte Looper eine völlig separate Systemeinheit (zusammen mit der Verwaltung der Backing-Tracks). Das merkt man bspw. daran, dass es eine unterschiedliche Vorgehensweise zum Speichern von Änderungen im Looper oder bei den Presets gibt. Und der Looper kann kaum "von Außen" über Software beeinflusst werden.
Es ist bspw. absolut nicht (!) möglich, die Zuordnung der (maximal 50) Loop-Slots zu den 500 möglichen Presets zu Überblicken. Das ist dramatisch, wenn man bedenkt, dass die Loop-Zuordung mit einem Preset kopiert wird, so dass man gerne mal den Loop eines anderen Presets überschreibt.
Im "VoiceLive 3 Editor" kann man immerhin manuell eine Loop-Liste mit 50 Kommentareinträgen anlegen und pflegen. Das ist zwar ein guter Anfang, aber die Liste ist nur passiv auf dem Computer verfügbar und kann wegen der technischen Limitierungen des VL3X nicht automatisch aktuell gehalten werden. Das klingt vielleicht trivial, aber eine (- wie auch immer beim Kopieren von Backing-Tracks Zustande gekommene -) Fehlkonfiguration von Presets war Verursacher für VL3X-Systemabstürze, die ich erst identifizieren und beheben konnte, als ich den VL3X mit dem "VoiceLive Editor" genauer untersuchen konnte... aber das ist eine andere Geschichte und ich will niemandem Bange machen ? ganz im Gegenteil.
Wichtig zu merken: es ist nicht möglich die Verbindung zwischen Preset und Loop-Slot aus dem VL3X auszulesen. Dazu muss man in den Looper-Menüs auf dem VL3X herumfrickeln.
** es fehlt eine ordentliche Rhythmussektion
Daneben fehlt eine Rhythmusunterstützung. Das eingebaute Metronom (- ob als Bassdrum, Triangel oder Hi-Hat -) ist definit zu wenig. Und der Hinweis im Handbuch man könne ja ?public domain? verfügbare Drum-Loops als Backing-Track in das VL3X laden, verkennt die damit verbundene Komplexität. Auch vergibt man dadurch zunächst mal einen der drei Aufnahmekanäle (A/B/C pro Slot), etc.. Eleganter wäre es, den Rhythmus einfach beizusteuern, wie es wohl mit dem recht teuren BeatBuddy funktioniert. Ich verweise also auf die primitive aber nette Rhythmussteuerung im RC-3 - das wäre auf meiner Wunschliste für eine Weiterentwicklung im VL4X.
* Was wollt ihr denn überhaupt...(- außer Maoam)?
** Meine persönliche Effekte-Vorgeschichte und Ambition:
Mein Ziel war es unabhängig von einer Band, "mit kleinem Gepäck" (!) einen Auftritt alleine gestalten zu können und dabei zu Singen, Gitarrenbegleitung und auch Gitarrensoli zu spielen.
** Voiceprocessor "TC-Helicon harmony G-XT"
Ich besitze und kannte als Gitarrist (natürlich) reichlich Effektgeräte. Als ich mir den Vorvorläufer "TC-Helicon harmony G-XT" gebraucht kaufte, tat sich für mich mit diesem Vocal Prozessor eine neue Gesangswelt auf. Neben der Mehrstimmigkeit erhält die Stimme "Führung" (z.b. durch den "Double"-Effekt). Die Stimmeffekte erwarten eine gewisse Präzision beim gesanglichen Input und daher ist für mich dieser einfache Vocal Processor auch ein Gesangs-Trainingsgerät, das ich immer noch uneingeschränkt empfehle.
** Boss Loop Station RC-3
Der "Boss Loop Station RC-3" enthält gespeicherte Drum-Patterns und Basis-Songs und man kann diese als Begleitung abrufen, oder recht leicht eigene Riffs als Loop abspeichern. Mit Gitarre, Voice-Processor und dem Looper war ich autark. Ich konnte mir eine Rhythmusteppich legen, oder eine Loop von Gitarren-Riffs einblenden, so dass ich z.b. Solieren konnte. Allerdings ist das Teil, obwohl als Fusstreter ausgelegt, in der Bedienung (im Stehen) schwierig und "klackert" laut beim Umschalten. Nach meiner Erfahrung verliert man beim Umschalten mindestens einen vollen Takt und gerät reichlich in Stress. Seine großen Brüder waren mir dann schon wieder zu komplex und teuer für meine bescheidene Zielsetzung. Mich störte vor allem auch die notwendige Verkabelung und so suchte ich nach einem integrierten Gerät und landete nach etlichen youtube videos beim TC-Helicon VoiceLive 3 Extreme.
* Fazit: Für meine Zielsetzung ist das Teil Gold wert. Das VL3X bietet mit o.g. Einschränkungen eine wunderbare kreative Erweiterung und macht mich ein Stück weit unabhängig von Bandkollegen und Soundanlagen. Für mich ist das Teil nicht mehr wegzudenken.
Ich wünsche Euch Viel Spaß!