Bevor ich zur Kritik komme, das Wichtigste zuerst:
Sobald ich das Gerät einschalte, bin ich sehr schnell sehr glücklich. Das ist, meiner Meinung nach, bei den meisten von uns immer noch das Wichtigste an der Musik.
Ob durch Samplen, fingerdrumming, mit den Synth-Engines und Effekten rumspielen oder tatsächlich richtig nice Loops oder gar Songs zu kreieren: Das Ding kann es und es kann es (zum großen Teil) gut.
Dieses Gerät ist für mich so etwas wie ein sehr teurer Game Boy mit dem Potential, wirklich kreativ zu werden und Musik zu machen, wie man sie sonst nicht macht.
Das liegt wahrscheinlich am fehlenden Undo-Button, der mich tatsächlich so einige Male (bei doofen Fehlern) enorm aufgeregt hat, aber in der Regel dazu gezwungen hat, mich festzulegen und selbst kleine Fehler einzubauen. Fernab von MIDI und unendlichen Möglichkeiten, nachträglichen Änderungen etc. muss man sich hier irgendwann entscheiden und auf das Tape aufnehmen.
Tatsächlich hat mich das OP-1 so oft einfach zu guter Musik gezwungen und selbst wenn ich etwas neu machen musste, hat es immer wieder meine Kreativität angespornt. Ich bin daher wirklich gespalten, ob ich einen undo-button gut fände.
Es gibt zwar nur einen Insert-Effekt, das kann man jedoch durch Resamplen erweitern und dadurch erfindet man automatisch irgendwann Sounds (die kreativen Effekte helfen dabei), wie man es am PC o.ä. wahrscheinlich nie hätte.
Das field verbessert tatsächlich einiges zum Vorgänger: Bessere Audio-Qualität, ein paar schöne neue Effekte (ich hätte nie gedacht, dass mich ein Bitcrusher so begeistern würde), eine coole neue Synth-Engine, mehrere Projekte gleichzeitig, verschiedene Tapes, die entweder sauber klingen oder einen sättigenden Tape-Effekt (und Rauschen) auf die tatsächlich manchmal zu digital klingenden Sounds legt.
Weitere Details und Lob findet man zu Genüge, daher komme ich mal zur Kritik:
- weiterhin gibt es nur vier Spuren pro Tape. Hier hätte ich mir ein Upgrade gewünscht. Mit 8 Tapes kann man nochmal viel komplexere Stücke auf viel angenehmere Art und Weise schreiben.
Stand jetzt muss man vom Band Stücke schneiden, in den Zwischenspeicher heben, irgendwo an anderer Stelle auf dem Band wieder ablegen, um es sicher auch nicht zu verlieren, wieder einfügen, überschreiben, bei Fehlern das alte Band wieder zurückholen und das ganze dann auf lediglich vier Bändern für den gesamten Song anordnen. Mehr Tapes hätten die Maschine noch nützlicher für wirkliches Liederschreiben (und das kann man tatsächlich mit dem field) gemacht. Es wäre dann auch angenehmer, die Tapes direkt in die DAW zu exportieren und abzumischen sowie mastern. Auf der anderen Seite zwingen die vier Tapes einen wiederum dazu, kreativ zu bleiben und Wege zu finden und sich auch festzulegen. Aber ich persönlich hätte 6 oder 8 (z.B. über eine Shift-Funktion) deutlich besser gefunden.
- bisher gibt es wirklich nicht viele neue Effekte und Synths. Da hätte ich mir mehr gewünscht. Es folgen sicher noch viele gute Firmware-Updates, aber dazu gleich mehr.
- Samplen ist definitiv besser geworden (Stereo-Sampling, was die Sample Menge quasi nochmal verdoppelt) , ABER ich hatte auf eine Pitch- oder Warp-Funktion gehofft, um Samples anders zu verändern, als nur durch Verlängern UND herunterpitchen bzw. verkürzen UND heraufpitchen.
Was mir besonders fehlt: Multisampling für Pianos, Strings etc, sodass die dann einfach viel besser klingen, als wenn man nur einen Ton sampled, den man nur wie eben beschrieben pitchen kann. Diese Funktion wurde beim eben erschienenen OP XY eingeführt.
- Ebenfalls beim OP XY eingeführt sind heftige Sequencer. Diese erwarte ich natürlich nicht beim field, aber die Sequencer, die es bisher gibt, lassen wirklich viel zu wünschen übrig und sind mMn der Schwachpunkt schlechthin. Für ein paar zufällige ambiente Sachen super (und das nutze ich gerne), aber ich dachte da kommt mit dem neuen OP-1 auch ein wirklich großer Sprung nach vorne.
- Insgesamt muss man sagen: Firmware-Updates verdienen nur die Note (noch) ausreichend.
Ich habe mir das originale OP-1 recht spät erst gekauft, und zwar, als die letzten Firmware-Updates reinkamen, durch die ich den Preis für mich persönlich dann als gerechtfertigt angesehen habe. Den Umstieg auf das field habe ich deshalb gemacht, weil teenage engineering 10 Jahre Firmware-Updates versprochen hat, von denen ich mir viel erhofft habe. Bisher bin ich eher enttäuscht. Ich liebe den neuen Terminal-Effekt, aber das war es auch fast. Die Velocity Sensitivität hätte garantiert von Anfang an implementiert sein können. Updates quasi vorzuenthalten, um dann mit den Updates punkten zu wollen, halte ich für sehr schlecht, und das Gefühl hatte ich da. Ich habe mir wirklich mehr Sampling bzw. -bearbeitungsmethoden gewünscht, das Stereosampling ist aber zumindest ein kleiner Trost, für die, die damit eher arbeiten können als ich.
Dadurch, dass TE jetzt soviel in den OP XY steckt, sowohl was die Samplingmöglichkeiten als auch die Sequencer angeht, bin ich doch als Käufer des field etwas enttäuscht. Ich hoffe, sie implementieren einiges davon sehr schnell im field, habe aber die Befürchtung, dass die Firma natürlich lieber noch mehr XY verkaufen möchte.
Und trotzdem bin ich mit der Kaufentscheidung zufrieden. Für mich passt es. Ob Hip-Hop oder Elektro, Ambient oder Pop, alles ist damit machbar und macht vor allem Spaß. Es ermöglicht professionellen Sound oder doofes Rumgespiele, ob zuhause im Flieger oder sonst wo. Der Akku ist der Wahnsinn, man kann andere Instrumente damit ansteuern UND samplen, u.vv.m.
Meine Kritik habe ich meist schnell vergessen, sobald ich einfach damit Musik mache und ich finde immer wieder, auch nach Jahren, neue Arten, Sounds oder Songs zu machen. Und deshalb bin ich am Ende auch mit meiner Kaufentscheidung alles in allem glücklich.