Es hätte so schön sein können: Drei Stück davon kaufen und für unter 250 Euro eine 12-Kanal-Regie entzerren: Delays setzen, etwas EQ und gut.
Leider kann ich dieses Produkt nicht empfehlen und ich musste es zurückschicken.
Die positiven Aspekte findet man bereits in anderen Bewertungen und denen kann ich nur zustimmen. Der DSP funktioniert und ich will nicht sagen, dass es nicht Anwendungsfälle gibt, wo er genau das macht, was man braucht. Die Größe ist super und man kann auf einer Rackwanne () drei Stück nebeneinander montieren, wenn man die seitlichen Laschen überlappen lässt (natürlich muss man die richtigen Löcher in die Rackwanne bohren). Übrigens waren bei meiner Lieferung in den Schachteln USB-Kabel und ein Netzteil dabei, trotzdem hat Thomann separat noch USB-Kabel und Netzteile mitgeschickt.
Aber:
(Die beschriebenen Messungen wurden mit Room EQ Wizard an einem RME Babyface gemacht; die Absolutpegel wurden mit einem Oszilloskop kalibriert und entsprachen ziemlich exakt den Pegeldaten aus dem Datenblatt des Babyface.)
1. Klang
- Im Datenblatt sind 105 dB SNR angegeben. Diese Zahl kann ich bei Vollaussteuerung ungefähr bestätigen (Mittelwert 105 dB bis ca. 4 kHz, danach Verschlechterung bis 95 dB@20kHz). Allerdings ist das Eigenrauschen des Geräts leider keineswegs neutral, sondern hat Peaks bei 2 kHz, 4 kHz, 6 kHz etc. Der Pegel dieser Peaks liegt bis zu 13 dB über dem gleichmäßigen Rauschteppich. Das macht sich (bei NICHT angeschlossenem USB-Kabel) als leises, aber dennoch störendes Sirren bemerkbar. Das Sirren wird deutlich lauter, wenn die USB-Verbindung zum PC besteht.
2. Verzerrung
- Der sinnvoll einsetzbare Pegel-Arbeitsbereich ist stark eingeschränkt. Bei Untersteuerung fällt das Sirren stärker ins Gewicht, bei Übersteuerung natürlich die Verzerrung. Was ich etwas übel nehme: Die im Datenblatt angegebenen +12 dBu bei 0 dBFS (ohnehin knapp bemessen) sind schlicht falsch. Meine Vermutung: Bei der Erstellung des Datenblatts wurde möglicherweise mit unsymmetrischen Verbindungen gemessen. Unsymmetrisch komme ich auch auf etwa +12 dBu zulässigen Eingangspegel. Bei symmetrischem Anschluss führen die automatisch vorhandenen 6 dB Gewinn dazu, dass schon bei ca. +6 dBu (!) die Aussteuerungsgrenze erreicht ist.
- Wenn im Gerät alles auf "Bypass" steht (mehr dazu unten), ist das Signal am Ausgang ca. 2 dB lauter als am Eingang.
Tabelle, wann Verzerrung am Ausgang auftritt:
Input symm. [dBu].....Gewählter Output-Gain innerhalb DSP.....Output symm. [dBu].....Verzerrung
+6....-1...+7...ok
+6.....0...+8...ok
+6...+1...+9...Verzerrung @ <150 Hz
+6...+2..+10...Verzerrung breitbandig
Tabelle, wann Verzerrung am Eingang auftritt:
Input symm. [dBu].....Gewählter Gain innerhalb DSP output symm. [dBu].....Verzerrung
+6...-10...-2...ok
+7...-10...-1...Verzerrung @ <200 Hz
+8...-10....0...Verzerrung breitbandig
3. Metering
- Die Metering-Anzeigen in der Steuerungssoftware wurden in einer anderen Bewertung ja schon beschrieben und die Pegelwerte auch gemessen. Für die Praxis ist wichtig, dass das Metering keinerlei Schutz gegen Übersteuerung bietet. Die Overload-LEDs in der Software arbeiten nicht. Man muss also notgedrungen den schmalen Arbeitsbereich selbst noch schmaler machen oder in Kauf nehmen, dann und wann ein Over zu haben...
4. Bedienbarkeit
In meinem Anwendungsfall wollte ich drei gleichartige Geräte zur Steuerung einer 12-Kanal-Abhöre verwenden. Es gibt in der Software keine Möglichkeit, ein bestimmtes von mehreren zeitgleich angeschlossenen Geräten auszuwählen. Das "erste", was die Software sieht, wird genommen. Als Notlösung kann man die einzelnen USB-Ports in Windows deaktivieren / aktivieren, damit die Software nur ein einziges Gerät entdecken kann. Schade nur, dass die Geräte nicht (wie im USB-Standard eigentlich vorgesehen...) auch eine Seriennummer übertragen. Die drei Geräte sehen im Gerätemanager vollkommen gleich aus und man kann nur raten oder sich aufschreiben, welches Gerät an welchem Port hängt und wie der Port im Gerätemanager bezeichnet ist. Hilfreich ist, dass man den DSP-Presets Namen geben kann, sodass man daran erkennt, welches Gerät gerade online ist. Aber praktisch ist anders.
5. Kein globaler Bypass
In meinem Anwendungsfall sind Kompression und Limiter verboten. Ich muss beurteilen können, was tatsächlich auf der Aufnahme zu hören ist, nicht, was meine Entzerrung dynamisch evtl. verändert.
Es gibt leider keine Möglichkeit, Funktionen wie den Kompressor oder den Limiter komplett zu deaktivieren. Das macht mir Sorge, denn wer garantiert mir, dass der Kompressor nicht heimlich doch arbeitet, nur weil ich den Threshold auf 0 dB stehen habe? Gleichzeitig zeigt mir das Gerät den internen Pegel nicht an (s.o.), sodass ich gar nicht weiß, ob das Gerät vielleicht "denkt", komprimieren zu sollen.
Alles in allem: Zurückgeschickt. Das Lehrgeld besteht bei Thomann ja zum Glück nur in der Zeit, die man damit verbracht hat. Nun muss halt ein Symetrix Prism ran.