"You get what you pay for", so oder ähnlich könnte der Leitspruch des Streichfett heißen, für unter 250 Euro bekommt man einen digitalen String-Synthesizer mit zusätzlichem Percussion-Instrument. Wahlweise kombiniert oder im Split-Modus spielbar und irgendwie ein Bisschen retro. Die Verarbeitung meines Exemplars ist gut, die Regler wackeln nicht zu sehr und Alles in Allem kann ich nicht meckern. Außer die Farbe, das damals auf der Musikmesse angespielte, wurstfarbene Exemplar hätte es jetzt noch sein müssen. Dieses stand auf dem Zarenbourg und mich begeisterte seinerzeit, wie schnell man zu Ergebnissen kommt. In Verbindung mit meinem Wersi OX7 wollte ich es einfach mal wagen und das Modul um Streicher-Sounds klassisch ergänzen.
Die Bedienung ist super intuitiv, eben ein Live-Instrument, zudem lassen sich alle Regler fernsteuern, was auf Wunsch Automationen ermöglicht. Manche Effekt-Kippschalter sorgen für eine Mehrfachbelegung des zugehörigen Drehknopfs, darauf musste ich erstmal kommen, geht aber in Ordnung. Vielleicht wäre ein Power-Schalter sinnvoll, so wäre das Gerät an einem Hub stets aktiv, wenn dieser keinen separaten Schalter besitzt.
Polarisierend ist hingegen der Sound. Physical Modeling heißt das Stichwort und niemand mit technischem Sachverstand wird ernsthaft eine Replik einer analog konstruierten String Machine erwarten. Klar, Klappern gehört natürlich zum Handwerk und Waldorf erwähnt große Namen, wie Solina und Hohner, zugleich verspricht man den damaligen Sound. Konstruktionsbedingt kann dies dem Streichfett nicht gelingen, er ist eben ein 128stimmiger Digitalsynthesizer. Das merkt man vor Allem bei den Effekten, die analoge Rauheit fehlt ihm. Das heißt aber nicht, dass Waldorf die klassische Interpretation nicht gelungen sei. Bei den Effekten hätte man vielleicht etwas ungenauer rechnen können, um den analogen Charme beizubehalten, aber vielleicht war das auch nicht die Intention hinter dem Streichfett. Für sich genommen ist das Ergebnis meiner Ansicht nach gelungen und ich hatte ob mancher Kritiken hier etwas gezögert, wurde dann aber positiv überrascht. Klang ist eben Geschmackssache, die jeweilige Erwartungshaltung ebenso. Es mag durchaus interessantere Plug-Ins geben, aber derzeit kein Hardware-Pendant, das auch für den Live-Einsatz taugen kann. Ein Piano mit Streichern zu hinterlegen oder der Lead-Stimme etwas zu mehr Klang verhelfen, das kann der Streichfett beides.
Ein Punkt stört mich allerdings, wobei ich die Quelle noch nicht ganz ausmachen konnte. Der Streichfett produziert mitunter Störungen im Audiofluss, wenn er an einem USB-Hub mit anderen Geräten läuft. Einen solchen von Lindy wollte ich für die Stromversorgung nutzen und koppelte an diesen zugleich das MidiPlus X6 Mini, was zu hörbaren Störungen, wenn auch nur bei hoher Lautstärke führte. Lösungen dafür gibt es allerdings, per MIDI verbinden und das mitgelieferte USB-Netzteil oder gleich eine Powerbank verwenden, eventuell hilft auch ein USB-Isolator.
Fazit: Eine sehr gute Wahl, aktuell auch konkurrenzlos. Wer den Streichfett übrigens als Keyboard sucht, wird beim Waldorf STVC fündig und bekommt einen ausgewachselnen Vocoder mit dazu. Dies war mir allerdings nicht wichtig, weshalb ich mich für die Box entschieden habe.