Ich bin Pianist und Keyboarder und experimentiere gerne mit Gitarreneffekten. Auf meiner Wunschliste standen u. a. ein Phaser (habe da auf den EHX Small Stone geschielt) und ein Vibrato. Vibrato scheint allerdings in der Effektwelt relativ unterschiedlich aufgefasst zu werden. Manchmal ist es ein "schnell modulierter Chorus", der Univibe-artige, resonant-flangige Vibe-Effekt oder mitunter sogar fälschlicherweise, wenn Tremolo gemeint ist. Ich wollte keinen von diesen, sondern einfach eine schlichte, "schallplattenartige" Tonhöhen-Modulation, die ich auch in relativ niedriger Frequenz fahren kann.
Als dann Anfang 2019 auf der NAMM Lillian vorgestellt wurde, habe ich mir vorgenommen, sie einfach mal auf Verdacht zu bestelllen. Ich wurde nicht enttäuscht:
Der Klang des Phasers ist fantastisch. Man kriegt einen sehr dezente Modulation hin, aber auch präsentere auffällige Sounds. Eine extrem krasse, außerirdisch verrückte Modulation habe ich Lillian alleine noch nicht hinbekommen, vielleicht muss ich da einfach noch ein bisschen mehr schrauben. 4 Regler und ein Kippschalter scheinen etwas umständlich zu sein, man versteht aber sofort was Sache ist, kein Regler ist überflüssig.
Das Vibrato ist sehr schön und kann (mit Feedback auf 0) diese schallplattenartigen, leiernden Klänge, die ich gesucht habe 1A produzieren. Dreht man Feedback dann hoch kommt man zu dem Hendrix-typischen Univibe-Klang (der mich zwar gar nicht reizt, aber er wäre dann da, falls gebraucht).
Was Lillian noch ein bisschen vielseitiger machen würde, wäre die Möglichkeit, die LFO-Wellenform zu verändern, das Vibrato würde mit einer Sinuswelle vielleicht sogar noch feiner klingen. Die LFO-Wellenform klingt nämlich eher nach irgendwas zwischen Dreieck und Pulse. Ist für mich allerdings nicht so erheblich, weil ich ansonsten super happy mit dem Effekt bin.
Bei mir sitzt das Pedal übrigens bisher immer hinter der Zerre, so finde ich den Effekt ein bisschen zahmer und leichter zu dosieren - am besten beides einfach ausprobieren und gucken, was besser gefällt.
Lillian hat zwei dezente weiße LEDs, die schön hell, aber nicht blendend sind. Der Schalter geht angenehm leicht, und knackst beim Treten nur minimal. Rauschen habe ich keins wahrgenommen (wobei ich bei den Keyboards auch mit relativ hohem Pegel arbeite - mit dem kommt Lillian probemlos klar). Es sei außerdem erwähnt, das das Pedal den Frequenzgang abgesehen vom Phasing-Effekt nicht beeinflusst oder beschneidet. Bei meiner Orgel kommt so zum Beispiel auch der Pedalbass unbescholten durch. Das Gehäuse ist tadellos verarbeitet, alle Regler sitzen schön fest und stabil.
Fazit: Schöner vielseitiger Phaser - von Small-Stone über Schallplatte über Uni-Vibe bis zu starken flangigen Modulationen ist alles drin. Vielleicht dürften die Extremeinstellungen noch etwas extremer sein. Technisch und von der Verarbeitung her einwandfrei.
Bin 90% zufrieden - die 100% gäbs dann, wenn man die LFO beeinflussen könnte und wenn Batteriebetrieb möglich wäre. Werde Lillian weiterempfehlen!
Kleiner Nachtrag nach ein paar Wochen Benutzung: Der Phaser rauscht doch ein bisschen. Ich würde mal behaupten: Analoge Elektronik, die klasse klingt, darf auch ein bisschen rauschen. Es ist keinesfalls erheblich laut, aber die Empfehlung, Lillian in den Einschleifweg des Amps anzubringen bekräftige ich hiermit nochmal (so geht das Rauschen nicht durch den Preamp und wird unnötig verstärkt oder verzerrt). Abgesehen davon bin ich nach wie vor zufrieden und freue mich täglich an diesem feinen Effekt!