Um das Wichtigste gleich vorneweg zu nehmen: diese Kiste ist für's Soundshaping gedacht -und genau unter dem Gesichtspunkt sollte man sie betrachten! DAS allerdings kann sie auch wirklich gut.
Aufbau, Verarbeitung usw. alles hinsichtlich des Preises absolut einwandfrei, die Entscheidung des Herstellers das Signal statt über die Schalter direkt vor Ort durch eine ganze Batterie an kleinen Signalrelais zu scheuchen -sehr vertrauenerweckend. Hier hatte definitiv jemand nachgedacht. Auch die originale Röhrenbestückung ist -zumindest in meinem Exemplar- absolut in Ordnung: eine mit TAD gelabelte 7025 von JJ im Frontend (...ja, die Spanngitterausführung...), gefolgt von jeweils einer ECC83 und ECC82, beide von Psvane. Man hätte deutlich „günstigeres“ da 'reinstecken können.
Die Bedienung ist straightforward und im wesentlichen selbsterklärend, auch wenn die eine oder andere Schalterbeschriftung durchaus etwas kryptisch ist („Tone“), worüber die Anleitung aber selbstverständlich Auskunft erteilt. Die Ausstattung ist umfangreich und gut durchdacht, so daß die Kiste wirklich recht universell eingesetzt werden kann. Der einzige kleine Nachteil in meinen Augen ist lediglich daß die Aussteuerungsanzeige fix hinter dem Ausgangspad hängt, so daß man keinen Überblick über den „Uuuumph“ im Frontend hat, wenn man hinten abregelt.
Klanglich entspricht sie exakt dem wofür sie auch verkauft wird und was man erwarten sollte: einer „ordentlichen“ Studiovorstufe von vor fast 70 Jahren -mit allen Vor- und Nachteilen. Kunststück: sie ist technisch gesehen genau das und nichts anderes, „the real thing“...
Gain hat man im Zweifelsfall mehr als ausreichend unter'm Hintern, natürlich rauscht die Schachtel, doch eben auch nicht mehr als man anhand des „technischen Alters“ erwarten sollte. In der Hinsicht fällt sie z.B. gegen einen V76 deutlich ab, doch der Vergleich ist unfair, denn der kostet durchaus ein paar Groschen mehr... Damit das Rauschen nicht zum Problem wird, sollte man möglichst keine Signalquellen mit extrem niedrigen Ausgangspegeln wie z.B. manche dynamischen oder Bändchenmikrofone verwenden. Natürlich funktioniert auch das, der „Tone“ Schalter hilft hier mitunter deutlich, da -wenn aktiviert- die Eingangsimpedanz auf 150Ω sinkt, doch mit etwas Rauschen sollte man dann halt schon rechnen. Höherpegelige Quellen wie z.B. Kondensatormikrofone sind hier natürlich klar im Vorteil, mit solchen hält sich der Rauschteppich dann auch auf absolut ordentlichen Werten, gleiches gilt für den Line-Eingang.
Vom Klang her „färbt“ sie natürlich deutlich, doch genau dafür ist sie schließlich da. Der Bassbereich wird deutlich weicher, die oberen Höhen erheblich „seidiger“, insbesondere sehr feine Nuancen und Details werden dadurch natürlich mehr oder weniger verwischt, doch gleichzeitig rundet sie damit allzu scharfe Ecken und Kanten im Klangbild deutlich zum „angenehmen“ hin ab, sie will buchstäblich „schön“ klingen -das tut sie auch und bleibt dabei sehr „musikalisch“. Nicht mißverstehen: die kann schon richtig „knacken“ und „knallen“, die ist kein Weichei, doch kann sie das eben weder ganz oben noch ganz unten.
Übersteuern tut sie sehr weich, der Klirr steigt eher mehr als weniger proportional zum Pegel, gleiches gilt für die Sättigung. Hinten weit oder ganz aufgedreht und vorne runter -sie läuft clean. Vorne hoch, hinten 'runter -sie clippt. Soviel oder wenig man halt gerne haben möchte. Clippen lassen kann man das Ding bis zum Exzess wenn man will, sie verhält sich auch dabei insgesamt ausgesprochen gutmütig. Der „Tape Saturation“ Schalter übertreibt das Ganze in meinen Augen dann doch etwas, doch irgendwer wird bei irgendwas mit Sicherheit auch darüber wahrscheinlich froh sein.
Alles in allem: sehr ordentlich gemacht. Natürlich ist das definitiv „etwas besonderes“ und taugt nicht für alles gleichermaßen, doch man hat sich deutlich Mühe gegeben einen möglichst weiten Anwendungsbereich zu erfassen. Würde ich mir das Ding für das Geld nochmals kaufen? Definitiv ja.